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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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diesen Newan heiratest«, sagte er. »Ich hasse ihn jetzt schon.«
    »Also wegen diesem Gefallen.« Sie stützte sich auf die Ellenbogen. »Würde es dir was ausmachen, dich mit mir zu verloben?«
    Die Purpurkatze hob ruckartig den Kopf, die Augen weit offen, die Ohren angespannt.
    Ken erstarrte.
    Das ist keine gute Idee.
    Ärger stieg in ihr auf. Wieso freute er sich nicht?
    »Was denn?«, fragte sie schärfer als beabsichtigt. »Es wäre die perfekte Lösung für mein Problem. Wenn ich in Tír na Mórí ankomme und wir sind verlobt, dann kann ich ja nicht jemand anderen heiraten, oder? Du würdest mir wirklich einen Riesengefallen tun.«
    Er sagte immer noch nichts. Er hielt nur ihren Blick fest.
    »Jetzt stell dich nicht so an«, fauchte sie. »Es tut nicht weh! Die Zeremonie dauert fünf Minuten, und danach kannst du von mir aus machen, was du willst! Wir können das Band gern wieder lösen, sobald Newan nach Tír na Avalâín abgereist ist.«
    Marielle! Hörst du mir zu?
    »Ich dachte …« Ken brachte den Satz nicht zu Ende. In seine Augen trat ein verletzter Ausdruck. Ihr Ärger schwoll weiter an. Was war das Problem? Störte er sich etwa auch an ihrer geringblütigen Abstammung, jetzt, wo er herausgefunden hatte, dass er ein halber Licht-Fayeí war? Noch dazu einer mit königlichem Blut? Es machte sie wütend. Wirklich wütend.
    Dein Vater wird einen Tobsuchtsanfall bekommen.
    Sie schoss der Katze einen zornigen Blick zu, dann sah sie Ken wieder an. »Also lässt du mich hängen?«
    Seine Stimme klang flach. »Was muss ich machen?«
    Das lief nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Doch sie war zu aufgewühlt und zu nervös, um darüber nachzudenken, was schiefgegangen war. Sie richtete sich auf, sodass sie einander nicht mehr berührten. Ken machte keinen Versuch, eine Hand nach ihr auszustrecken. Er hockte nur da und sah sie an.
    Sie biss sich auf die Lippen, um die Tränen zu unterdrücken, die hinter ihren Lidern aufsteigen wollten. Das war die schrecklichste Nacht ihres Lebens. Ihre Nerven lagen blank. Sie fühlte sich wie ein Tier in der Falle. Ihre besten Freunde verrieten sie und Ken fand es widerwärtig, sich mit ihr zu verloben.
    Siehst du, er hält auch nichts davon. Er ist nur zu höflich, um es zu sagen.
    Das Heulen der Devora zerriss die Morgenluft. Sie zuckte nur leicht zusammen. Wie passend, dass ausgerechnet jetzt das riesige Monster zurückkehrte und die Festung umschlich. Nessa peitschte mit dem Schwanz gegen die Bücher im Regal. Ihre Fellspitzen begannen sich gelb zu verfärben.
    »Also pass auf«, sagte sie, so sachlich wie möglich. »Bei den Fayeí gibt es ein Ritual, wir nennen es den Akt des gegenseitigen Schenkens.« Sie hatte es viele Male gesehen, bei Verlobungsfeiern im Tíraphal. Trotzdem beschlich sie Unsicherheit, ob es funktionieren würde. Und das musste es, damit ihr Plan aufging. Sie brauchte das sichtbare Zeichen der bevorstehenden Vermählung. »Wenn wir altern, dann sterben wir nicht einfach, sondern unsere Körper verändern sich. Wir kristallisieren.«
    »Ihr kristallisiert?« Ken runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«
    »Unsere Körper werden mit dem Alter steif und unbeweglich. Die Glieder verwandeln sich in ein hartes Glas. Das Herz hört auf zu schlagen, wir schlafen ein. In Tír na Mórí gibt es die Glasgärten, dort stehen die Statuen unserer Vorfahren. Sie träumen, und aus ihren Träumen entstehen neue Welten.«
    »Abgefahren.«
    Seine schnoddrige Bemerkung verärgerte sie noch mehr. Wollte er sie absichtlich beleidigen? Sie hatte nicht übel Lust, ihm ins Gesicht zu schleudern, dass sie es sich anders überlegt hatte und so einen Idioten wie ihn nicht mit der Kneifzange anfassen würde, nicht mal zum Schein. Aber sie verbiss sich den Ausbruch. Sie brauchte das Siegel. »Also, der Akt des gegenseitigen Schenkens beruht auf der Idee, dass bei der Verbindung jeder der Ehegatten bereit sein muss, einen Teil von sich für den anderen aufzuopfern, damit sie sich einander nähern können. Denn sie sind jetzt nicht mehr nur für sich selbst verantwortlich, sondern auch für den anderen.«
    »Ja, okay«, sagte er.
    Willst du einen politischen Skandal auslösen? Sie werden dich alle hassen. Die Tuatha Avalâín werden es König Eoghan als bewusste Beleidigung auslegen.
    Marielle legte den Kopf schräg und versuchte in Kens Blick zu lesen, was er dachte. Es war unmöglich. Sein Gesicht hatte sich in eine Maske verwandelt. Schmutzig und sichtlich erschöpft,

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