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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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könnten, dass ihr Vater vielleicht in den Scharmützeln getötet worden war, dass die Verschwörer inzwischen die Macht im Tíraphal an sich gerissen hatten.
    Coinneach kroch als Nächster durchs Tor. Er schleppte einen der beiden Assassinen mit sich, den sie mit Klebeband gefesselt hatten, dass er aussah wie eine Mumie. Als Letzter kam Ken. Mit seinen goldblonden Bartstoppeln und den verschwitzten Locken konnte man ihn für einen Straßenräuber halten. Einen edlen Straßenräuber natürlich. Er wirkte tausendmal mannhafter und verwegener als Prinz Pickelhefe und strahlte eine neue Selbstsicherheit aus, die ihr gefiel. Seine Finger schlossen sich um ihre, und sie machte keine Anstalten, ihre Hand wegzuziehen. Es war ihr nicht einmal peinlich, dass alle anderen es sehen konnten. Okay, beinahe nicht peinlich. Eine leise Röte kroch ihr den Hals hinauf, als Santino ganz unverfroren seinen Blick auf ihre verschlungenen Finger senkte. Nessa schlüpfte durch den Türspalt und verschwand aus ihrem Blickfeld.
    Santinos Lächeln wurde breiter. »Also los«, sagte er. »Bringen wir’s hinter uns.«
    Bevor sie von Kens Haus ins Depot zurückgekehrt waren, hatte Coinneach unbedingt noch das Schwert aus dem Kofferraum seines Wagens holen müssen. Sie hatte sich über die Zeitverschwendung geärgert. Doch nun, als sie aus der Tür in den breiten Korridor traten, begriff sie, was für eine schlaue Idee es gewesen war.
    Zwei Dutzend Licht-Fayeí in den Kriegsharnischen der Tuatha Avalâín vertraten ihnen den Weg. Die Männer hatten ihre Waffen blankgezogen. Auf vielen Klingen glänzte Blut.
    Im Moment, da Coinneach das Schwert hob und es über seinen Kopf hielt, sodass alle die Gravuren auf der Klinge sehen konnten, vollzog sich eine faszinierende Wandlung im Verhalten der Männer. Über das Gesicht ihres Leutnants glitt Unsicherheit, dann Überraschung, Bestürzung, zuletzt ein ehrfürchtiges Staunen. Seine Augen weiteten sich.
    »Herr«, stammelte er. »Ihr seid … Ihr seid …«
    »Coinneach ap Morda, Sohn von Diarmudh, Thronerbe und rechtmäßiger König der Tuatha Avalâín.« Coinneach sprach nicht sehr laut, doch seine Stimme erfüllte den hohen Alabasterkorridor wie ein göttlicher Odem.
    »Aber wie ist das möglich?«, keuchte der Mann. »Ihr seid tot!«
    »Behauptet das meine Mutter?«
    »Die Königin hat die Traumsucher befragt.« Er senkte den Kopf. »Herr, sie konnten Euch nicht aufspüren. Und Maebh schwor, sie habe gefühlt, wie Ihr vom Leben in den Tod geglitten seid.«
    »Das hätte ihr wohl gefallen.«
    Der Leutnant blickte wieder auf. »Wie meint Ihr das, Herr?«
    »Glaubst du, wenn ich die Krone tragen würde, hätte ich befohlen, Tír na Mórí zu überrennen und im Blut unserer Brüder und Schwestern zu baden? Das ist Frevel, was ihr hier tut.«
    »Aber wir helfen ihnen«, stotterte der Mann. »Sie haben uns gerufen. Sie wollen, dass wir uns mit ihnen vereinigen, nur ihr König stellt sich ihnen in den Weg.«
    »Das ist eine Lüge!«, platzte Marielle heraus. »Ein mieser Vorwand, um Eoghan zu stürzen, damit Ceallacháin nach der Macht hinter dem Thron greifen kann. Eure Königin benutzt ihn für ihre eigenen Intrigen, und ihr behängt das alles mit dem Mäntelchen der Freundschaft!«
    Der Leutnant spannte sich an. »Seid Ihr die Prinzessin?«
    »Wieso?« Sie rümpfte die Nase. »Wolltet Ihr mich töten?«
    »Sarrakhan, nein! Wir haben Euch gesucht! Ihr müsst beschützt werden, bis die Kampfhandlungen vorüber sind.«
    »Damit Ihr mich anschließend mit Prinz Pi… ich meine, mit Newan verheiraten könnt?« Sie redete sich in Rage. Dieser arrogante Mistkerl wiederholte Phrasen und hielt sich auch noch für einen Wohltäter, während er mit blutigem Schwert durch ihr Zuhause rannte? »Aber das wird nicht passieren, hört Ihr? Ich habe mein Schenkungsritual nämlich schon vollzogen!« Schwungvoll streckte sie ihm den Arm entgegen, sodass er einen Schritt zurückwich. »Und zwar mit dem echten Thronerben der Tuatha Avalâín.«
    Verblüfft blickte der Leutnant von ihr zu Coinneach und wieder zurück. »Mit ihm?«
    »Unsinn, nein. Mit seinem Sohn.« Sie zog an Kens Hand, der vortrat und den Leutnant anstarrte. Die Augen des Mannes wurden schmal.
    »Mein Bruder Aedan ist nicht der rechtmäßige König der Tuatha Avalâín«, sagte Coinneach. »Ich bin der Erstgeborene, nicht er. Aedan ist nichts weiter als ein Werkzeug für den Ehrgeiz unserer Mutter. Hat er sich jemals als guter Anführer erwiesen?«
    Der

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