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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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zwei Städten bekannt.«
    »Morgen Abend schon?« Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme sich überschlug.
    »Ich weiß, es ist ein Opfer. Aber ihr beide seid jung. Ihr werdet lernen …« Der König seufzte. »Ihr werdet lernen, euch zu respektieren. Und wo Respekt ist, da kann Liebe wachsen.«
    »Und Newan? Glaubt der das auch?«
    »Der Prinz von Tír na Avalâín wird sich fügen.«
    »Weil er so viel reifer ist als ich?«, fragte sie giftig.
    »Nein«, erwiderte ihr Vater hart. »Weil er erzogen wurde wie ein Thronfolger, nicht wie ein Tagedieb, der nichts im Kopf hat außer seinem eigenen Vergnügen.«
    Sag nichts.
Nessa hatte aufgehört, das Laken zu zerfetzen und blickte sie mit erhobenem Kopf an. Ihr Fell schimmerte grünlich blau.
Sag einfach nichts. Reiß dich zusammen, Schätzchen.
    Aber wie konnte sie schweigen, wo es so in ihr brodelte, dass sie kaum noch fähig war zu denken? Ihr eigener Vater bezeichnete sie als Tagediebin?!
    »Alles, worum ich dich bitte, ist, dich ein einziges Mal wie die zukünftige Königin zu benehmen, die du bist. Ich habe dir nie Steine in den Weg gelegt. Ich habe dir einen Lehrer zur Seite gestellt, der dir hilft, dein Potenzial als Former zu entwickeln. Und das, obwohl der Hof es mehr als befremdlich findet, dass meine Tochter kommt und geht, wie es ihr passt und sich ständig in Gefahr bringt, weil sie bei ihren Experimenten in Dimensionen landet, in denen wer weiß welche Kreaturen leben.«
    Aber
ich
habe Santino gefunden, dachte sie trotzig. Ich habe ihn hergebracht, nicht du. Du hast ihm nur gestattet zu bleiben.
    »Die Zeremonie findet morgen Abend statt.« Eoghan stand auf, die Lippen zu einem hellen Strich gepresst. »Und es liegt ganz bei dir, wie unerfreulich diese Ehe beginnt. Denn vollzogen wird sie, ob du willst oder nicht.«

    »Suspendiert, was heißt das jetzt genau?« Ken malte mit der Schuhspitze Muster in den Sand und vermied es, Higgins ins Gesicht zu sehen.
    Sein Gesicht brannte. Vor Scham über die Demütigung, vor unterdrückter Wut. Aber was brachte es, die an Higgins auszulassen? Der war ja wenigstens noch mitgekommen, um ihn zur Tür zu begleiten.
    »Bis auf Weiteres von der Schule freigestellt«, sagte der Lehrer.
    »Bis auf Weiteres?«
    »Bis die Sache geklärt ist.«
    »Was gibt’s da zu klären? July behauptet, ich hab sie beklaut und hat mir ihre Brieftasche in den Spind gelegt.«
    »Hast du? Oder hast du nicht?« Higgins’ Tonfall zwang ihn, doch noch aufzusehen und ihm in die Augen zu blicken. Es war ein durchdringender, sezierender Blick. »Was war das vorhin im Flur mit ihr?«
    »Ich hab ihr gesagt, dass ich nichts von ihr will und sie sich ein anderes Date suchen soll.« Ken zuckte mit den Schultern. »Und jetzt rächt sie sich.«
    »Aber die Zeugen –«
    »Sind Mädchen aus ihrer Clique. Die würden alles machen, was July sagt.« Er schulterte seinen Rucksack. »Rufen Sie meine Mutter an, oder macht das Mrs Prescott?«
    »Ich.«
    »Okay. Danke.« Was sollte er noch sagen? Was konnte er überhaupt sagen? Sein Wort stand gegen das von July und zwei ihrer Freundinnen. Und selbst Higgins schien nicht hundertprozentig von seiner Unschuld überzeugt. Er fragte sich nur, wie sie an den Schlüssel für seinen Spind gekommen war. Vielleicht hatte sie ihn schon länger, paranoid, wie sie war. »Ich gehe dann nach Hause.«
    »Nächste Woche findet ein Anhörungstermin statt«, sagte Higgins. »Mit dir und July und euren Eltern. Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, dass ihre Eltern Anzeige erstatten. Falls das passiert, kommt es zur Verhandlung vor einem Richter.«
    Die Vorstellung, Mom und Dad mit Julys eleganten Eltern in einem Gerichtssaal zu sehen, machte Ken ganz krank. Gossenabschaum gegen gehobene amerikanische Mittelklasse. Julys Dad gehörte das Chevy-Autohaus an der Michigan Avenue und ihre Mutter engagierte sich in allen möglichen Wohltätigkeitsvereinen. Der Termin war eine Farce. Es war jetzt schon klar, wie er ausgehen würde.
    »Okay«, wiederholte er.
    Sonst gab es auch nichts mehr zu sagen.

4
    Auf dem Heimweg fühlten sich Kens Sinne wie gedämpft an. Ein dichter Schleier verklebte ihm Augen und Ohren und trennte ihn von der Realität. Betäubt rollte er die Sainte Anne Street hinunter. Er starrte die Graffiti-Wand an, ohne mehr als Farbschlieren wahrzunehmen, und bog in den Vernor Highway ein. Mit eckigen, viel zu kraftvollen Bewegungen stemmte er sich in die Pedale, rollte hinab in die Unterführung und dann

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