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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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in der anderen Hand. In vielen Welten, die er auf seinen Reisen durchstreift hatte, schien der technische Fortschritt sich vor allem in der Konstruktion von Waffen zu manifestieren. Seine eigene Ausrüstung legte Zeugnis davon ab. Die Klinge stammte von einem archaischen Ort im Rabenfächer, den nicht einmal die van Erlen-Händler auf ihren Karten verzeichneten. Die Pistole aus einer Welt dichter am Kern, wo mechanische Kunstwerke und Elektrizität die fehlende Magie kompensierten. Und er verbarg noch ein paar andere Überraschungen unter dem Mantel, doch für diese Gegner brauchte er sie nicht.
    Die Halle stank nach Alter und Verfall, Kordit und rostigem Eisen. Er feuerte das Magazin leer, während er die Distanz zu den Männern mit großen Schritten überbrückte. Schreie und Hektik flammten auf. Gangster, Banditen, Straßenabschaum … ganz gleich, in welcher Welt sie lebten, sie sahen immer gleich aus. Harte, verkniffene Gesichter ohne Ehre. Leicht zu vertreiben, wenn ihre Überlegenheit schwand. Er legte es nicht darauf an, sie zu töten, aber bemühte sich auch nicht, sie zu schonen.
    Der Kerl mit der Hakennase, der zuerst versucht hatte, seine Waffe zu ziehen, wälzte sich in seinem eigenen Blut.
    Zwei andere warfen sich in Deckung hinter die riesigen, schwarz und weiß gemusterten Säulen. Von den zwei übrigen floh einer zum Ausgang, der letzte blieb breitbeinig stehen, die Pistole mit beiden Händen umklammert, und erwiderte das Feuer. Eine Kugel streifte Santino am Hals, die nächste ging über ihn hinweg, weil er in die Knie federte. Er kam wieder hoch und schwang die Klinge in weitem Bogen.
    Der Stahl fand Widerstand, die Lippen des Mannes öffneten sich zum Schrei. Er taumelte rückwärts, umklammerte mit einer Hand seinen Arm, die Waffe polterte zu Boden.
    Santino glitt hinter eine Säule auf der anderen Seite.
    »Hey!«, rief er. »Verschwindet, wenn ihr wollt. Ich habe keinen Streit mit euch!«
    Mehr Schüsse hallten. Eine Kugel fetzte dicht neben seinem Kopf Splitter aus dem Stein. Er presste sich enger an die Wand, ließ das Schwert zu Boden gleiten und fischte ein Reservemagazin aus der Manteltasche.
    Sein Groll wuchs mit jeder Sekunde. Wenn er Marielles Spur nicht verlieren wollte, durfte er sich keine Verzögerungen erlauben. Er rammte das Magazin in den Griff der Beretta und schloss halb die Lider, griff in den Äther. Doch der Stoff dieser Dimension entglitt ihm wie Wasser, das durch gespreizte Finger rinnt. In der Materie schwang nicht ein Hauch von Magie. Nichts, was sich formen ließ. Trotzdem war es Marielle gelungen, ein Tor in diese Welt zu öffnen. Erstaunlich. Und sie war erst vor ganz kurzer Zeit hier gewesen. Er konnte den Nachhall ihres Geistes noch spüren.
    Mehr Kugeln schlugen in die Säule.
    Zeit, das Intermezzo zu beenden. Mit Magie wäre es leichter gewesen, aber dann eben auf konventionelle Weise. Er lud die Beretta durch, hob das Schwert auf und stieß sich von der Mauer ab.
    Mit zwei Sprüngen hetzte er zur nächsten Säule und dann zur übernächsten, bis er weit genug entfernt war, damit die beiden Schützen ihn nicht mehr sehen konnten.
    Jetzt kam der halsbrecherische Teil.
    Gebückt rannte er auf die gegenüberliegende Seite der Halle. Mehr Schüsse krachten, doch die Kugeln verfehlten ihn um Längen. Er hechtete in den Schutz eines Mauervorsprungs, streckte den Arm aus und feuerte hinter sich, in Richtung seiner Gegner.
    »Haut ab!«, brüllte er. »Letzte Chance!«
    Sekunden später tappten Stiefelsohlen auf Stein, ein Fluch erklang, die Schritte verhallten. Unwillkürlich musste er lächeln. Er wartete noch ein wenig länger, dann spähte er dorthin, wo die zwei Schützen gesessen hatten. Leer.
    Trotzdem blieb er auf der Hut, lief von Vorsprung zu Vorsprung, bis er auf einer Höhe mit dem ersten Mann stand, der unbedingt seine Waffe hatte ziehen müssen, statt ihn passieren zu lassen. Ein Stück weiter kämpfte der Junge sich stöhnend auf Hände und Knie.
    Santino schob das Schwert zurück in die Scheide auf dem Rücken und näherte sich dem Jungen. Das, was unter dem Blut zu erkennen war, sah nach einem hübschen Gesicht aus. Schade darum. Von der Platzwunde über seiner Wange würde eine Narbe zurückbleiben. Dunkle Wimpern verschatteten Augen von kühlem Blau, die gerade zuzuschwellen begannen. Die Sonnenstrahlen ließen sein Haar wie Bernstein schimmern. Er war jung und kräftig. Von der Tracht Prügel würde er sich schnell wieder erholen.
    »Danke«, krächzte

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