Purpurdämmern (German Edition)
Die Felle pulsierten in Gelb und angstvollem Grün. Die Tiere zuckten zurück, sobald sie sich näherte.
Kastrieren sollte man den Bastard, ihm Ohren und Nase abschneiden, ihn in die Rauchenden Flüsse werfen!
Nessa sah aus, als würde sie jeden Moment explodieren und sich in eine Supernova verwandeln.
Sieh nur, was er mit ihnen gemacht hat! Los, los, öffne die Gitter!
Marielle gehorchte ohne ein weiteres Wort. Sie schob die filigranen silbernen Riegel zurück. Ihre Fingerspitzen prickelten, wo sie sie berührte. Irgendeine Art von Magie floss durchs Metall. Vielleicht ein Zauber, um die Kätzchen gefügig zu machen. Denn freiwillig saßen die bestimmt nicht hier drin.
Nessa patrouillierte den schmalen Laufgang auf und ab, während Marielle die Käfigtüren aufsperrte, eine nach der anderen. Vielleicht sprach sie mit ihren kleinen Artgenossen, jedoch auf einer Ebene, die Marielle nicht hören konnte. Die Kätzchen richteten sich schwankend auf, machten zwei Schritte, taumelten zurück in die Kissen. Eins drückte sich ganz hinten in die Käfigecke. Ein anderes tapste ins Freie, schüttelte sich und miaute erbärmlich.
Er muss sie aus Chininille entführt haben! Der Bastard handelt mit Purpurkätzchen!
»Ja, aber was machen wir jetzt?«
Von draußen ertönte unartikuliertes Gebrüll. Rupertin bog um die Ecke, schnaubend wie ein Stier. Santino folgte ihm mit etwas Abstand und pfiff beim Anblick der Kelpies durch die Zähne. Dicht hinter ihm kam Ken.
»Ihr Diebe!«, schrie Rupertin. »Euch werde ich lehren, eure dreckigen Hände auf mein Eigentum zu legen.«
Er bückte sich nach einer Eisenstange und schwang sich die drei Leiterstufen empor. Marielle wich instinktiv zurück, bis sie die Holzwand im Rücken spürte. Um ihre Knöchel quollen die gelb und grün verfärbten Fellknäuel. Sarrakhans windige Wege! Rupertin stürmte auf sie zu, doch kam kaum zwei Schritte weit, bevor ihm Nessa ins Gesicht sprang. Er brüllte auf, ließ die Stange fallen und riss sich mit beiden Händen die Katze ab. Von der Stirn bis hinab zum Kinn zogen sich drei blutige Striemen, die ihn noch hässlicher machten, als er ohnehin schon war. Hinter ihm tauchte Santino im Wageneingang auf und stieß dem Kerl das Schwert gegen den Rücken.
»Ich kann mich kaum zurückhalten«, knurrte er, »dir das Ding sofort durch den Leib zu stoßen.«
Rupertins pockennarbiges Gesicht erstarrte zu einer Fratze aus Tücke und Wut. »Das dürft ihr nicht. Ohne mich kommt ihr hier nicht weg.«
Welche Art von Zauber auch auf den Kätzchen gelegen hatte, er begann von ihnen abzufallen. Wie pelzige Kanonenkugeln wuselten sie durch den beengten Raum, miauten und quietschten und veranstalteten einen Höllenlärm. Der enge Wagen verwandelte sich binnen Sekunden in ein Irrenhaus.
»Raus hier.« Santino packte Rupertin bei der Jacke und zerrte ihn rücklings die Stufen herunter.
Marielle fand eine Decke auf einem der Käfige, breitete sie auf den Bohlen aus und sammelte die Kätzchen ein. Die Kleinen zappelten und kratzten sie mit ihren winzigen Krallen, doch schließlich gelang es ihr, die Decke mit allen Pelzknäueln darin wie einen provisorischen Sack hochzuheben und ins Freie zu tragen. Nessa schmiegte sich um ihre Waden.
Das hast du gut gemacht. Jetzt müssen wir die Kleinen in Sicherheit bringen.
Uff. Marielle blickte gequält zu der Purpurkatze hinab. Die Flucht gestaltete sich so schon kompliziert genug. Wie sollte sie die erst mit einer Herde verstörter Purpurkatzenkinder im Schlepptau bewältigen?
Sie sind doch hilflos. Sie haben nur noch uns beide. Die süßen Kleinen, wenn sie erst herangewachsen sind, werden sie uns ewig dankbar sein.
»Ähm, ja«, brachte sie hervor. Der Held ihrer Kindheit entpuppte sich als ehrloser Krimineller, und wie aus dem Nichts war ihr die Verantwortung für zwölf kostbare Purpurkätzchen zugefallen. Was kam als Nächstes? Sarrakhan persönlich auf einem weißen Drachen? Steifbeinig stieg sie die Stufen hinunter. Das Bündel war ganz schön schwer.
»Die grauen Monstren dort«, Santinos Schwertspitze strich über Rupertins Kehle, »die gehorchen nur dir?«
»Ganz recht,« ein Grinsen straffte die Pockennarben, »und ohne meine Pferdchen kommt ihr nicht über die Brücke. Seit hier die Hölle losgebrochen ist, kommt ihr ohne die nirgendwo mehr hin.«
»Tja, da haben wir ein Problem.« Der Magier nahm das Schwert herunter und schob es in die Scheide. »Aber du hast auch eins. Hast den Wagen mit deinen
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