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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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aus, um wieder in ihren Besitz zu gelangen, wenn Sie angeblich nichts damit anfangen können?«
    »Das will ich Ihnen sagen, Signora. Wir sind nach Catania geflohen, wo wir Verwandte haben. Baldassare wollte mit dem Geld ein eigenes Ristorante aufmachen. Weit weg von Rom, in Sizilien, glaubten wir uns vor Fasolino und seinen Helfern sicher.
    Wir waren gerade drei Tag in Catania, da stand Fasolino in Begleitung des Padre von Santa Agatha vor der Tür und forderte die Kassetten zurück. Er beschimpfte Onkel Arnolfo als Dieb und Erpresser und drohte, er würde dafür sorgen, daß wir in Catania kein Bein auf die Erde bekämen, sollten wir die Tonbandaufzeichnungen nicht zurückgeben.«
    »Und dieser Padre von Santa Agatha?«
    Adriana hob die Schultern und biß sich auf die Unterlippe. »Er drohte uns mit der ewigen Verdammnis. Aber das war wohl nicht der Grund seines Kommens. Ich glaube, er hat uns an Fasolino verraten. Einem Padre auf Sizilien entgeht nichts.«
    »Und wie hat Baldassare reagiert? Hat er gesagt, daß er das Material verkauft hat?«
    »Natürlich nicht. Baldassare hat so getan, als wüßte er von nichts. Er sagte, es sei nicht Onkel Arnolfos Art gewesen, irgend etwas beiseite zu schaffen. Und hätte Arnolfo es doch getan, hätte er es in seinem Nachlaß gefunden. Aber Fasolino glaubte Baldassare nicht. Er hat geflucht und gedroht, bevor er mit dem Padre verschwand. Seit diesem Tag fühlten wir uns ständig beobachtet. Es würde mich nicht wundern, wenn vor dem Eingang des Albergo unauffällig ein Mann auf und ab ginge.«
    Juliette erhob sich und spähte durch den Fenstervorhang nach draußen, konnte aber keinen Verdächtigen erkennen.
    »Ich bitte Sie, Signore«, nahm Adriana ihre Rede wieder auf, »nehmen Sie das Geld, und geben Sie uns die Kassetten zurück. Es ist für uns die einzige Möglichkeit, unseren Frieden wiederzufinden.«
    Brodka und Juliette warfen sich einen kurzen Blick zu. Es bedurfte keiner großen Worte: Jeder kannte die Antwort des anderen. Und diese Antwort lautete nein.
    »Angenommen«, holte Brodka aus, »ich hätte die Kassetten wirklich noch in meinem Besitz und würde sie Ihnen zurückgeben, was würden Sie damit anfangen, Adriana?«
    »Wir würden sie Fasolino zurückgeben. Bitte!«
    Brodka nahm den Umschlag mit dem Geld, gab ihn Adriana zurück und sagte: »Tut mir leid, ich habe die Kassetten nicht mehr. Die Aufnahmen waren so wirr, daß ich nichts damit anzufangen wußte. Ich habe sie vernichtet und in den Müll geworfen.«
    »Das ist nicht wahr, Signore!« Adriana kämpfte mit den Tränen.
    »Es ist die Wahrheit«, log Brodka. Ein bißchen tat die junge Frau ihm leid. Es war offensichtlich, daß sie Brodka nicht glaubte, und sie konnte nicht begreifen, warum der Deutsche soviel Geld ablehnte.
    Doch er hatte sie offenbar mit seinen Worten nicht völlig überzeugt. Denn als sie sich erhob und den Umschlag in ihrer Handtasche verstaute, zog sie einen Zettel mit einer Telefonnummer hervor und schob ihn über den Tisch. »Hier, unsere Nummer, falls Sie es sich doch noch anders überlegen.«
    Dann verließ sie den Frühstücksraum des Albergo. Brodka und Juliette blieben ziemlich ratlos zurück.
    Alberto Fasolino war kein sehr mutiger Mann. Das wußten alle, die ihn kannten. Vor allem wußte er es selbst. Er hatte lange mit sich gerungen, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte. Dann faßte er einen Entschluß.
    Er betrat den Vatikan von der Via di Porta Angelica her. Vorbei an der linker Hand gelegenen Kaserne der Schweizergarde ging er geradewegs auf das St.-Anna-Tor zu.
    Um in die Vatikanstadt zu gelangen, brauchte man einen Ausweis, aus dem hervorging, daß man Angestellter der Città del Vaticano war. Wer jedoch den Palast der Päpste betreten wollte, brauchte darüber hinaus eine besondere Erlaubnis, an die man sehr schwer herankam, unter normalen Umständen überhaupt nicht.
    Fasolino verfügte jedoch über einen kleinen Gegenstand, der ihm Tore und Türen öffnete. Er zog eine purpurfarbene Schlinge aus der Tasche und hielt sie den Gardisten entgegen. Die beiden Hellebardiere salutierten. Fasolino trat ein.
    Die hohe Eingangshalle mit ihren wuchtigen Säulen zu beiden Seiten der breiten Marmortreppen ließ jeden Besucher klein und bedeutungslos erscheinen. Endlose Gänge, in denen die Schritte hallten, verstärkten den Eindruck der eigenen Winzigkeit.
    Fasolino ging diesen Weg nicht zum erstenmal; deshalb hatte er keinen Blick für den Pomp und die Pracht, die

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