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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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schwarzem Kaffee wehte über die Terrasse, und Brodka begann oberflächlich die Zeitungen durchzublättern. Im ›Messaggero‹ entdeckte er den Bericht über das rätselhafte Grab im Campo Santo.
    »Gibt es was Neues?« fragte Juliette unbekümmert. Dann bemerkte sie Brodkas plötzliche Veränderung. Seine eben noch fröhliche Miene war verflogen. »Was ist denn los, Brodka?«
    Der starrte kopfschüttelnd auf die Zeitung. Dann faltete er das Blatt und reichte es Juliette über den Tisch.
    Juliette erkannte die Fotos sofort. Sie blickte kurz auf; dann wandte sie sich dem Bericht zu.
    »Das gibt's doch nicht«, sagte sie leise, als sie zu Ende gelesen hatte. »Was hat das zu bedeuten?«
    Brodka sprang auf, vergrub die Hände in den Taschen und stieg nachdenklich die Steintreppe hinunter, die von der Terrasse in den Garten führte. Auf der untersten Stufe blieb er stehen, lehnte sich ans Geländer und blickte über die Weinstöcke hinweg, deren zarte Blätter im Morgenlicht funkelten.
    Zum wiederholten Male las Juliette die Überschrift: ›Das namenlose Grab im Vatikan. Wer ist C.B. der 100 Millionen Dollar für die Kirche hinterließ?‹
    »Jetzt begreife ich gar nichts mehr«, sagte Brodka in die Stille hinein. »Ist das alles nur ein Zufall: die Initialen meiner Mutter auf dem Grabstein, ihre Lebensdaten? Aber wieso haben sie die Inschrift getilgt, als ich ihnen mit meinen Fragen lästig wurde? Oder liegt wirklich ein reicher Deutscher in dem Grab? Denn daß meine Mutter der Kirche eine solche Riesensumme vermacht hat, kann ich mir nicht vorstellen. Es sei denn …« Er stockte.
    »Es sei denn … was?«
    »Es sei denn, das Geld stammt von dieser seltsamen Immobiliengesellschaft ›Pro Curia‹, mit der meine Mutter zu tun hatte. Aber wenn es Teil des Erbes war, dann müßte ich es doch wissen!«
    Nach einer Weile ratlosen Schweigens fragte Juliette: »Brodka, hast du damals im Zusammenhang mit deiner Erbschaft nicht einen ›News‹-Reporter erwähnt, der die Machenschaften dieser Immobiliengesellschaft aufgedeckt hat und über Nacht ins Ausland verschwand?«
    »Ja. Dorn hat mir die Geschichte erzählt. Lange her. Damals wußte ich noch nicht, was auf mich zukommt.«
    »Erinnerst du dich an seinen Namen?«
    »An den Namen des Reporters?«
    »Ja.«
    »Bülow oder so ähnlich. Warum fragst du?« Brodka kam an den Tisch zurück.
    Juliette reichte ihm die Zeitung. »Könnte er vielleicht Sydow geheißen haben, Andreas von Sydow?«
    Brodka betrachtete die Autorenzeile unter der Überschrift. »Verdammt, ja! So hieß der Mann.«
    Dem Impressum der Zeitung entnahm er die Telefonnummer des ›Messaggero‹, ging zum Telefon und rief an, erreichte aber nur eine freundliche Vorzimmerdame, die erklärte, Sydow würde erst gegen zehn in der Redaktion eintreffen. Brodka hinterließ seine Nummer und sagte, es handele sich um den Artikel über das Grab im Campo Santo. Er bitte um Rückruf.
    Es dauerte keine zehn Minuten, und von Sydow meldete sich am Telefon. Brodka erklärte, er könne möglicherweise zur Lösung des Falles beitragen. Ob er interessiert sei?
    Andreas von Sydow zeigte sich zunächst reserviert, doch als er erfuhr, daß Brodka persönlich in den Fall verwickelt war und daß er seinen Namen aus einem ›News‹-Bericht kenne, wuchs seine journalistische Neugier, und er fragte Brodka, ob er nicht umgehend nach Rom kommen könne – aber möglichst allein. Sydow schien mißtrauisch.
    Sie verabredeten sich für zwölf Uhr bei Nino, Via Borgognona 11, nahe der Spanischen Treppe, wo sich vorzugsweise Journalisten und Leute vom Film träfen und wo es die beste Bistecca alla Fiorentina gebe. Er, Sydow, trage Jeans und einen blauen Blazer.
    Bevor Brodka losfuhr, küßte er Juliette, doch mit den Gedanken war er längst woanders. Enttäuscht blickte sie dem Wagen hinterher, der langsam bergab fuhr und an der Biegung zur Hauptstraße verschwand.
    Seit Wochen lebten sie nun schon nebeneinander her – ohne Sex, ohne das Knistern, die prickelnde Erregung, die ihrer Beziehung jahrelang die Würze gegeben hatte. Eigentlich waren es nur noch die Umstände, die sie miteinander verbanden. Sie waren ein Team, kein Paar mehr.
    Juliette ließ sich auf den Steinstufen zur Terrasse nieder. Die Sonne schien ihr ins Gesicht.
    Sie dachte an Claudio.
    Brodka kannte den römischen Verkehr, insbesondere die Parkprobleme in der Innenstadt; deshalb stellte er sein Auto in einem der Parkhäuser um den Hauptbahnhof ab und legte den Weg zur

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