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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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glaubten, er stamme aus dem Norden, aus Südtirol oder vom Gardasee. Obendrein trug von Sydow sein Haar zentimeterkurz, daß kaum jemand bemerkte, daß es eigentlich strohblond war. Seine listigen Augen verbarg er hinter einer schlichten Nickelbrille mit kreisrunden Gläsern, die ihm ein jungenhaftes Aussehen verlieh.
    Dennoch, Andreas von Sydow war ein alter Hase in dem Geschäft, knapp vierzig, und er wußte genau, was er tat, wenn er Monsignore Cibo während der Pressekonferenz eine Frage stellte. Allein durch die Fragestellung erlangte das Thema eine gewisse Öffentlichkeit, und Monsignore Cibo mußte Stellung beziehen.
    Natürlich war Cibo auf die Frage nicht vorbereitet. Er reagierte ziemlich aggressiv und tadelte den Fragesteller, von Sydow solle sich besser anderen Dingen zuwenden als den Gräbern auf irgendwelchen Friedhöfen.
    Doch da hatte der Monsignore sich im Ton vergriffen; vor allem hatte er von Sydow unterschätzt. Dieser konterte mit dem Hinweis, bei dem Campo Santo im Schatten von St. Peter handle es sich nicht um irgendeinen Friedhof, und selbst auf irgendeinem Friedhof sei es doch seltsam, wenn der Name auf einem Grabstein gleichsam über Nacht verschwinde.
    Der Monsignore bekam einen roten Kopf und weiße Flecken an seinem Doppelkinn, Zeichen allerhöchster klerikaler Erregung. Er atmete heftig und entgegnete, auf dem Campo Santo verschwänden keine Inschriften.
    Darauf hielt Andreas von Sydow zwei Fotos in die Höhe, die ein und denselben Grabstein zeigten, einmal mit den Initialen › C.B. ‹ und der Datumszeile ›13. Januar 1932 – 21. November 1998‹, und einmal ohne jede Inschrift. Dann stellte er die Frage, wer sich hinter den Buchstaben › C.B. ‹ verberge.
    Cibo zwängte seine Hand in den weißen Stehkragen, um sich Luft zu verschaffen und Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Zögerlich meinte er schließlich, bei dem namenlosen Grab handle es sich vermutlich um einen Gönner, welcher der Kirche ein Hundert-Millionen-Dollar-Erbe hinterlassen und den Wunsch geäußert habe, im Schatten von St. Peter begraben zu werden. So etwas komme ab und zu vor.
    Plötzlich wurde es laut im Pressesaal. Das Thema erweckte allgemeines Interesse, und der Rom-Korrespondent der ›Welt‹ stellte die Frage, ob der Campo Santo nicht ausschließlich Deutschen vorbehalten und seine Annahme richtig sei, daß es sich bei dem Hundert-Millionen-Erblasser um einen Deutschen handle.
    Das war zuviel für Monsignore Cibo. Schwitzend und sichtlich erregt wiederholte er auf alle nachfolgenden Fragen die stereotype Antwort: »Non mi risulta « – ist mir nicht bekannt. Der Campo Santo liege außerhalb der Zuständigkeit der Kurie.
    Die meisten Zeitungen brachten am folgenden Tag groß aufgemachte Berichte über Kardinal Shermans Tod. Nur einige Boulevardzeitungen sowie der ›Messaggero‹ maßen dem Kardinalstod weniger Bedeutung bei. Der ›Messaggero‹ stellte sogar in einer mehrspaltigen Überschrift die Frage: Das namenlose Grab im Vatikan. Wer ist C.B. der 100 Millionen Dollar für die Kirche hinterließ? und zeigte zwei Fotos des Grabsteins mit und ohne Inschrift.
    Damit kam ein Stein ins Rollen.

K APITEL 13
    Während Juliette auf der Terrasse den Frühstückstisch deckte, eilte Brodka zum Panificio an der Hauptstraße, um frisches Brot zu kaufen. Nach einer Viertelstunde kehrte er mit einem Stangenbrot und den Morgenzeitungen zurück.
    Noch stand die Sonne tief und warf lange Schatten über den Weinberg.
    »Im Urlaub könnte es nicht schöner sein!« rief Juliette gutgelaunt. »Findest du nicht auch? Manchmal wünschte ich, wir könnten den Grund unseres Hierseins einfach vergessen.«
    »Das wünschte ich mir auch«, erwiderte Brodka und nahm Juliette gegenüber an dem klobigen Holztisch Platz. »Aber leider ist das nicht möglich. Du weißt es.«
    Juliette schnaubte lautstark, und Brodka wußte, daß dies Ausdruck ihres Unwillens war. »Könnten wir uns nicht mal einen oder zwei Tage Ferien gönnen, jetzt, wo wir in Sicherheit sind?« Dabei machte sie eine ausladende Armbewegung über den dunklen See tief unter ihnen, wo ein Ruderboot pfeilförmige Wellen ins Wasser zeichnete.
    Es dauerte lange, bis Brodka sich zu einer Antwort durchrang. Schließlich erwiderte er: »Eigentlich hast du recht. Ein Tag mehr oder weniger hilft uns auch nicht weiter. Vor dem Gartentor steht das Auto. Laß uns einen Ausflug in die Albaner Berge machen. Einverstanden?«
    Juliette freute sich wie ein Kind.
    Der Duft von starkem

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