Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
überhaupt nicht wahrgenommen zu haben. »Sie haben vermutlich eine falsche Vorstellung von Kardinal Smolenski«, meinte er. »Unter einem Kardinal der Kurie stellt man sich einen vergeistigten, würdigen alten Herrn vor …«
    »Meine Mutter schrieb, Smolenski sei der leibhaftige Teufel«, fiel Brodka ihm ins Wort.
    »Was wissen Sie über Smolenski?«
    »Leider nicht genug. Was wissen Sie? «
    Es war ein behutsames Abtasten zwischen den beiden Männern. Sie kannten sich zu wenig, um dem anderen blind zu vertrauen. Doch beide hatten erkannt, daß sie hinter ein und derselben Geschichte her waren.
    Vorsichtig kam Sydow zur Sache. »Ich beobachte diesen Smolenski seit langem, ohne ihm irgendeine Schweinerei nachweisen zu können. Ich kann also nicht beweisen, was ich Ihnen jetzt anvertraue, und ich könnte es Ihnen nicht verübeln, wenn Sie mich für einen Spinner halten, aber Smolenski ist der Kopf einer Organisation, die unter dem Deckmantel des Vatikans die schmutzigsten Geschäfte betreibt, die man sich vorstellen kann.«
    Brodka lächelte vielsagend, und das wiederum machte Sydow unsicher.
    »Da sagen Sie mir nichts Neues«, meinte Brodka.
    »Wie … Sie wußten davon?«
    »Ich habe Smolenskis Teufeleien am eigenen Leib erfahren. In München hat man auf mich geschossen. In Wien hat man versucht, mir einen Mord in die Schuhe zu schieben, und mich ins Irrenhaus gesperrt. Und man hat dafür gesorgt, daß meine Lebensgefährtin als Kunsthehlerin dasteht. Ich kann mich nicht beklagen, daß mir von diesen Leuten zu wenig Beachtung geschenkt worden wäre.«
    »Sind Sie Smolenski jemals begegnet?«
    »Nein, nie. Der Mann verfügt über genug Leute, die für ihn arbeiten. Ein Kardinalstaatssekretär macht sich doch nicht die Finger schmutzig! Haben Sie Angst vor Smolenski?«
    »Angst?« Sydow grinste selbstsicher. »Dann hätte ich wohl den falschen Beruf gewählt. Aber das brauche ich Ihnen nicht zu erklären.«
    »Ich frage deshalb, weil Dorn behauptet hat, Sie seien verschwunden, nachdem in ›News‹ der Bericht über die Machenschaften der Immobiliengesellschaft ›Pro Curia‹ erschienen war.«
    »Unsinn.« Sydow winkte ab. »Mein Verschwinden hatte einen anderen Grund. Weibergeschichten, Sie verstehen. Wissen Sie übrigens, wer hinter ›Pro Curia‹ steckt?«
    »Ich ahne es … Smolenski.«
    »Richtig. Seine Leute luchsen alleinstehenden Frauen ihren Besitz ab. Dafür versprechen sie ihnen den vollkommenen Ablaß ihrer Sünden und die Aussicht auf ewige Glückseligkeit. Allein der Name der Gesellschaft ist purer Zynismus: ›Pro Curia‹ – für die Kurie. Falls Ihre Mutter der Kurie tatsächlich ein Millionenvermögen hinterlassen hat, würde das vielleicht erklären, warum sie auf dem Campo Santo bestattet wurde.«
    »Aber sie hat der Kurie nichts vererbt. Im Gegenteil. ›Pro Curia‹ hat ihr in München ein Haus in bester Lage zum symbolischen Preis von einer Mark verkauft. Ich habe sämtliche Unterlagen eingesehen. Ich bin der rechtmäßige Erbe.«
    »Das verstehe ich nicht.« Andreas von Sydow ließ den Blick durch das Lokal schweifen. Man sah, daß er Schwierigkeiten hatte, dies alles einzuordnen. »Die Leute von ›Pro Curia‹ sind keine Wohltäter, sondern Ausbeuter.« Nach längerem Nachdenken fügte er hinzu: »Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, deshalb verzeihen Sie die Frage, aber halten Sie es für möglich, daß Ihre Mutter für Smolenskis Leute gearbeitet hat?«
    »Ehrlich gesagt, habe ich mir diese Frage auch schon gestellt. Meine Mutter muß irgend etwas mit Smolenski zu tun gehabt haben. Sonst hätte sie sich in dem Brief nicht so negativ über ihn geäußert. Aber was und wie – ich habe keine Ahnung. Wie gesagt, hatte ich ein sehr distanziertes Verhältnis zu meiner Mutter. Eigentlich habe ich sie erst richtig kennengelernt, als sie tot war, so verrückt es sich anhört. Zu Lebzeiten habe ich sie für eine gutmütige, schöngeistige Frau gehalten, die ein zurückgezogenes Dasein führte und mit ihren Erinnerungen lebte. Nach ihrem Tod mußte ich meine Meinung allerdings ändern. Sie war so wohlhabend, daß ich es mir heute erlauben könnte, meinen Beruf an den Nagel zu hängen. Ihr gehörte nicht nur das Mietshaus, in dem sie wohnte; ich habe auch Aktien und andere Wertpapiere bei ihr gefunden. Wahrscheinlich hatte sie deshalb eine Waffe in der Wohnung. Ich mußte damals lachen, als ich mir meine Mutter mit einer Pistole in der Hand vorstellte. Inzwischen ist mir das Lachen

Weitere Kostenlose Bücher