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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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nicht, aber es hörte sich professionell an.
    Schlegelmilch lockerte seine rote Krawatte und schüttelte ungläubig den Kopf. »Es scheint, ich habe dich wirklich unterschätzt, Brodka. Gut. Was willst du von Titus?«
    »Ein paar Informationen, nichts weiter. Titus hat mir einige Dinge angedeutet, und ich habe den Verdacht, daß er über die Strukturen der Organisation Bescheid weiß, die hinter mir her ist. Du kannst dich da völlig raushalten. Du mußt mir nur Kontakt zu ihm verschaffen. Er muß mit mir reden.«
    »Und wenn er nicht will?«
    Brodka hob die rechte Schulter. »Du hast großen Einfluß auf Titus. Also sorge dafür, daß er redet. Schon in deinem eigenen Interesse …«
    Agostinos preßte die Lider zusammen, als bereitete ihm die ganze Sache Kopfschmerzen. Schließlich erwiderte er: »Gut. Ich werd's versuchen. Aber glaub nicht, daß ich dir sonst in irgendeiner Weise weiterhelfen werde. Diese Leute, mit denen du es da zu tun hast, sind gefährlich, Brodka. Sie verbergen sich unter dem Mantel von Frömmigkeit und Nächstenliebe, aber in Wirklichkeit führt Satan bei ihnen das Regiment. Es sind Teufel, sage ich dir, Teufel.«
    Die Worte Schlegelmilchs gingen Juliette durch Mark und Bein. Sie spürte eine Gänsehaut auf ihren Unterarmen. Wenn sie Brodkas Darlegungen bisher für übertrieben oder aufgebauscht gehalten hatte, hegte sie nun keinen Zweifel mehr daran, daß er sich in Gefahr befand.
    Brodka hörte solche Worte nicht zum erstenmal; sie rührten ihn wenig. Er hatte den Plan gefaßt, der Sache auf den Grund zu gehen, und nichts und niemand sollte ihn davon abbringen. Aber er brauchte Titus' Hilfe.
    »Morgen früh erwarte ich Titus' Anruf im Grand Hotel«, sagte er. »Dann werden wir uns im Laufe des Tages treffen. Wo und wann, das überlasse ich ihm.«
    Schlegelmilch nickte. »Also gut. Ich werde tun, was ich kann.«
    Auf der Taxifahrt zum Hotel war Juliette ungewöhnlich schweigsam. Aber es imponierte ihr, wie Brodka die ganze Sache angepackt hatte, vor allem die Idee mit dem angeblich bei einem Anwalt hinterlegten Brief. Und nicht einmal Brodkas Geständnis, er habe die Geschichte nur erfunden, damit Schlegelmilch nicht auf dumme Gedanken komme, tat Juliettes Bewunderung Abbruch.
    Am nächsten Morgen – Brodka und Juliette schliefen noch –, summte kurz nach sieben das Telefon. Schlaftrunken angelte Brodka nach dem Hörer und ließ ein mürrisches »Hallo?« vernehmen.
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung nannte keinen Namen, doch Brodka erkannte sofort, daß es Titus war. »In drei Stunden, Punkt zehn Uhr im Stephansdom, letzte Bankreihe.«
    Noch bevor Brodka antworten konnte, war die Leitung tot.
    Obwohl auf der Kärntnerstraße und dem Stephansplatz ein lauer Wind wehte, herrschte im Inneren der großen Kirche eine so frostige Kälte, daß der Atem zu weißen Wölkchen kondensierte. Juliette zog den hochgeschlagenen Kragen ihres Mantels zusammen.
    Im Dom war es noch nicht so voll wie um die Mittagszeit, wenn sich Reisegesellschaften und Bildungshungrige durch die Kirche wälzen. Nur ein Fremdenführer versuchte in wienerisch gefärbtem Englisch einer Gruppe japanischer Rentner die Schönheit des fünfhundert Jahre alten Bauwerks nahezubringen.
    Titus wartete bereits in der letzten Bankreihe und blickte gedankenverloren zum Gewölbe empor. Fast wäre Brodka an ihm vorbeigegangen, ohne ihn zu erkennen; denn Titus trug eine dunkelblonde Perücke mit langem, nach hinten gekämmtem Haar.
    Brodka und Juliette setzten sich rechts und links neben Titus auf die Kirchenbank. Er roch nach Alkohol.
    Mit einem Kopfnicken deutete Titus einen Gruß an; dann sagte er, an Brodka gewandt: »Entschuldige die Maskerade, aber ohne diese Perücke wage ich mich nicht aus dem Haus. So erkennt mich wenigstens keiner.« Dann fragte er unvermittelt: »Was willst du?«
    Brodka hüstelte. Er wußte nicht, wie er beginnen sollte. Doch nachdem er behutsam nach allen Seiten gespäht und niemanden bemerkt hatte, der ihr Gespräch belauschen könnte, sagte er mit gedämpfter Stimme: »Titus, du bist der einzige, der mir weiterhelfen kann. Und du brauchst keine Angst zu haben, daß ich auch nur ein Wort darüber verliere, von wem ich meine Informationen habe.«
    »Und Agostinos? Er sagt, daß du ihn erpreßt.«
    »Es war die einzige Möglichkeit, an dich heranzukommen. Ich würde Agostinos nie verraten. Ehrenwort.«
    »Und wer ist sie?« Titus wies mit den Kopf auf Juliette.
    »Das ist meine Lebensgefährtin. Was ich

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