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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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dir verspreche, gilt auch für sie.«
    Juliette streckte Titus die Hand entgegen. »Sind wir uns nicht schon irgendwo einmal begegnet?«
    Der betrachtete sie einen Augenblick wie ein Päckchen, dessen Annahme man verweigert. »Nicht daß ich wüßte.« Ohne die Hand zu ergreifen – was bei einem Mann wie Titus nicht einmal unhöflich wirkte –, wandte er sich dann fragend an Brodka: »Geht es um die alte Geschichte?«
    »Wenn du es so nennen willst.« Brodka nickte. »Nur bin ich inzwischen auf neue Spuren gestoßen, und sie führen alle in eine Richtung …«
    »Ich kann's mir schon denken«, murmelte Titus. »Die Spuren enden vor den Mauern des Vatikans.«
    »So ist es. Ich weiß, es hört sich verrückt an, denn weder ich noch meine Mutter hatten je etwas mit der Kirche zu tun. Was hat das alles zu bedeuten, Titus? Du hast als Priester im Vatikan gedient, wenn ich dich richtig verstanden habe. Du mußt wissen, was dort vor sich geht. Du hast es selbst erlebt, nicht wahr?«
    »O ja. Sogar mehr, als mir lieb sein konnte. Allein die Erinnerung hinterläßt einen ekelhaften Geschmack im Mund.« Titus griff in seine Jackentasche, zog einen Flachmann hervor und nahm einen kräftigen Schluck.
    »Du meinst, so gottesfürchtig sind die Herren nicht, die sich um den Stellvertreter Jesu auf Erden scharen?«
    Titus lachte bitter. »Gottesfürchtig? Im Vatikan wird über alles geredet, nur nicht über Gott. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche.«
    Juliette warf Titus einen erschrockenen Blick zu. Man mußte schon sehr verbittert sein, wenn man sich so ausdrückte, zumal als Expriester.
    Titus drehte die silberfarbene Taschenflasche in den Händen. Nervös rückte er näher an Brodka heran, wobei er sich furchtsam umblickte. Dann fuhr er leise fort: »Kaum jemand weiß, was sich wirklich im Vatikan abspielt. Damals, nach dem Tod des polnischen Papstes, traten die Kardinäle zum Konklave zusammen, um aus ihren Reihen einen Nachfolger zu wählen. Aber sie konnten sich nicht einigen. Sie haben zwei Monate hinter verschlossenen Türen getagt, aber keiner der Kardinäle bekam die Mehrheit der Stimmen. Schließlich waren die Fronten derart verhärtet und die Aussichten, einen neuen Papst zu finden, so gering, daß die alten Männer sich entschlossen, das Los entscheiden zu lassen. Alle erklärten sich mit der Bedingung einverstanden, der neue Papst dürfe keine eigenen Entscheidungen treffen. Man kam überein, daß sämtliche Entscheidungen von den Kardinälen nach Absprache getroffen werden sollten. Das Los fiel auf einen Mann, den kaum einer kannte.«
    »Aber es hat doch immer schon starke und schwache Päpste gegeben«, sagte Brodka.
    »Das ist richtig.« Titus nickte. »Doch in diesem Fall verhält die Sache sich anders. Denn kaum war der neue Papst gewählt, riß eine kleine, aber mächtige Abordnung von Kurienkardinälen die Macht an sich. Seither halten sie den Papst mehr oder weniger im Vatikanischen Palast eingesperrt. Er darf den Vatikan nicht verlassen und muß sämtliche Dokumente unterschreiben, die man ihm vorlegt.«
    »Man liest immer wieder, daß der Papst sehr zurückgezogen lebt«, bemerkte Brodka.
    »Ja.« Titus lachte leise. »Das kann man wohl sagen.«
    Brodka runzelte die Stirn. »Und welche Rolle spielt dieser Kardinal Smolenski dabei?« fragte er. »Ist er der … Boß?«
    »Er ist einer der Bosse. Diese Organisation ist wie ein riesiger Krake, dessen Kopf man nicht sieht. Aber seine Arme reichen bis in die letzten Winkel.«
    »Und gibt es niemanden, der etwas dagegen unternimmt?«
    »Wer es wagt, in offene Feindschaft zur Heiligen Mafia zu treten, hat sein Leben verspielt. Du erinnerst dich an das Kardinalssterben vor zwei Jahren? Damals haben binnen kurzer Zeit sechs Kardinäle aus Südamerika und Ostasien das Zeitliche gesegnet. Es hieß, sie seien alte Männer gewesen. Aber der jüngste war 56, der älteste 66. Das ist kein Alter. Dennoch wurden keine Obduktionen vorgenommen. Kardinäle sterben keines gewaltsamen Todes. Sie werden heimgeholt. Fragt sich nur, von wem.«
    Titus war jetzt nicht mehr aufzuhalten. »Die Römische Kurie verfügt über ein gewaltiges Heer von Helfershelfern. Für die Kurie sind alle Priester wie Schachfiguren, überall auf der Welt und egal, welchen geistlichen Rang sie bekleiden. 120 Kardinäle, 4.000 Bischöfe und über 400.000 Priester stehen unter der Fuchtel jener Kardinäle, die die wirkliche Macht haben.«
    »Kennst du diese Leute?« erkundigte sich Brodka

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