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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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wohne allein hier. Und ich heiße Schwitzko, wie Sie vermutlich gesehen haben. Guten Tag.«
    Sie wollte schon die Tür zuschlagen, als Brodka hastig erklärte: »Einen Moment bitte, gnädige Frau. Sie wissen so gut wie ich, daß Titus hier wohnt, wenn Sie in den Vereinigten Staaten sind. Er hat mir davon erzählt, daß Sie den größten Teil des Jahres in Florida verbringen. Wie Sie sehen, bin ich ein Freund von Titus.«
    Die Frau musterte abwechselnd Brodka und Juliette; dann meinte sie mißtrauisch: »Sie sind nicht aus Wien, oder?« Und als Brodka verneinte: »Dann sind Sie auch von keiner Behörde.«
    »Aber nein«, versuchte Brodka die alte Frau zu beruhigen.
    »Wissen Sie«, sagte die alte Dame, »Titus ist ein guter Mensch, auch wenn es vielleicht nicht den Anschein hat. Man darf einen Menschen nicht wegen seiner Veranlagung verurteilen.«
    Um das Zutrauen der Witwe zu gewinnen, nickte Brodka eifrig. »Ganz meine Meinung. Sie wissen nicht zufällig, wo Titus sich aufhält?«
    »Tut mir leid«, erwiderte die alte Dame. »Titus hat die Wohnung überstürzt verlassen und all seine Habseligkeiten mitgenommen. Viel war's ohnehin nicht. Ein einziges Taxi hat für den Abtransport gereicht.«
    Brodka und Juliette blickten einander an.
    »Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wohin Titus sich abgesetzt haben könnte?« fragte Brodka noch einmal.
    Indigniert zog die Witwe Schwitzko ihre sorgsam nachgezogenen Augenbrauen hoch. »Schauen Sie«, sagte sie schließlich, »er wäre doch dumm, wenn er seinen Aufenthaltsort verraten würde. Deshalb ist er ja so schnell verschwunden, ohne zu sagen, welches Ziel er hat.« Sie beugte sich vor und fügte in verschwörerischem Tonfall hinzu: »Titus glaubt immer, daß man ihn verfolgt.«
    »Hat er jemals Andeutungen gemacht, wer hinter ihm her ist?«
    Die Frau machte mit den Händen eine hilflose Geste.
    Brodka und Juliette warfen sich einen verstohlenen Blick zu. Beide erkannten, daß es keinen Zweck hatte, weiter in die Frau zu dringen. Sie wußte nicht mehr, als sie gesagt hatte.
    Also verabschiedeten sie sich höflich.
    In Wien nach einem Mann wie Titus zu suchen, der sich noch dazu versteckt hielt, erschien Brodka noch schwieriger als die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Aber vielleicht gab es doch einen Weg, an Titus heranzukommen.
    Bei der Rückkehr ins Hotel machte Juliette einen ziemlich verzweifelten Eindruck. Sie hatte nicht die geringste Vorstellung, wie es weitergehen sollte. Doch ungeachtet der vielen Menschen, die am späten Vormittag die Hotelhalle bevölkerten, zog Brodka sie an sich und strich ihr übers Haar. Und während er sie anschaute, sagte er leise, aber eindringlich: »Ich gebe nicht auf, hörst du. Jetzt erst recht nicht. Ich habe da eine Idee …«
    Brodka ging zur Portiersloge und zog Juliette mit sich. Es gab einen Menschen, der ihm vielleicht helfen konnte, Titus aufzuspüren: Agostinos Schlegelmilch.
    Brodka erinnerte sich, daß Schlegelmilch – als sie gemeinsam eine Zelle im Polizeipräsidium bewohnten – freimütig seine Homosexualität bekannt und getönt hatte, er werde sich am folgenden Abend als freier Mann in irgendeinem Lokal einen Rausch ansaufen. Doch Brodka hatte den Namen des Etablissements vergessen.
    Wozu gab es Hotelportiers? Herr Erich war nicht da, aber ein hilfsbereiter Kollege.
    Der musterte Brodka mit versteinerter Miene, als er von ihm wissen wollte, wo sich in Wien die Schwulenszene treffe, nannte dann aber diskret, wobei er vorsichtig nach beiden Seiten blickte, die exotischen Namen mehrerer Lokale. Einer kam Brodka bekannt vor: der ›Rote Gimpel‹ in der Favoritenstraße.
    Juliette, die dem ganzen Wortwechsel mit Verwunderung gefolgt war, traute ihren Ohren nicht, als Brodka sie in seinen Plan einweihte und ihr eröffnete, daß sie den Abend allein verbringen müsse, weil er die Absicht habe, ein stadtbekanntes Schwulenlokal aufzusuchen.
    Der ›Rote Gimpel‹ lag im Tiefparterre eines frisch restaurierten Stadthauses aus der Zeit der Jahrhundertwende. Den seitlich gelegenen Eingang beschirmte ein roter Baldachin, und zwei Sträucher auf beiden Seiten waren mit Hunderten kleiner Lämpchen dekoriert.
    Das Innere strahlte einen verspielten Charme aus, wie ihn Schwulenlokale häufig an sich haben, und war halbkreisförmig in viele Nischen mit kleinen Tischen unterteilt, die zur Hälfte besetzt waren. Die Bar rechter Hand wurde von einem phantasievoll gestalteten roten Vogel gekrönt.
    Brodka nahm am

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