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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Seitdem bin ich abgeschrieben. Mag ja sein, daß er besser aussieht als ich; aber er hat keine Erfahrung und sein Auftreten ist, mit Verlaub, grauenhaft.«
    Während Juliette dem alten Diener zuhörte, überlegte sie, welchen Grund er für sein Kommen haben könnte. Offenbar fühlte er sich von Fasolino schlecht behandelt und kaltgestellt. Wollte er deshalb auspacken? Dann wäre der Alte ein Geschenk des Himmels.
    »Signore Arnolfo«, unterbrach Juliette den Redefluß des alten Mannes, »wissen Sie, weshalb ich bei Fasolino war?«
    Der Diener blickte verschämt auf den schwarzgrünen Marmorboden. Dann hob er den Kopf und meinte: »Ich habe gelauscht. Verstehen Sie mich nicht falsch, Signora, aber ein guter Hausdiener muß über alles informiert sein. Früher führte ich den Terminkalender des Signore und der Signora. Was nicht schriftlich niedergelegt werden sollte, behielt ich im Kopf Heute bin ich weitgehend vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Da muß ich mich mit … nun ja, unlauteren Mitteln auf dem laufenden halten.«
    Juliette nickte verständnisvoll. »Fasolino hat mir für eine halbe Million Mark Bilder verkauft, und genau diese Bilder sind irgendwann durch Fälschungen ersetzt worden. Er muß etwas damit zu tun haben. Ich kann es ihm zwar nicht nachweisen. Aber ich bin für jeden Hinweis dankbar, der mich weiterbringt.«
    Arnolfo wiegte den Kopf hin und her, als sei er mit Juliettes Worten nicht einverstanden. »Sie müssen wissen, Signore Fasolino ist nicht der Mann von Welt, als der er nach außen erscheint. Er ist eher, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, ein armer Hund, der völlig unter dem Pantoffel seiner Frau steht. Signora Anastasia hat das gesamte Vermögen in die Ehe gebracht. Er selbst stammt aus einer alten, völlig verarmten Familie, und das läßt die Signora ihn bei jeder Gelegenheit spüren. Er hat mir oft leid getan, aber inzwischen hält sich mein Mitleid in Grenzen.«
    »Aber Fasolino ist ein millionenschwerer Kunstsammler!«
    »Zweifellos. Aber dahinter steckt Signora Anastasia. Sie entscheidet über An- und Verkäufe, obwohl sie nichts von Kunst versteht, und sie hält auch das Geld beisammen. Signore Alberto ist nur der Strohmann. Er ging sogar für seine Frau ins Gefängnis, als der Leonardo-Skandal aufgedeckt wurde. Damals wollte sie sich von ihm scheiden lassen. Aber dann haben sie einen Vertrag geschlossen: Wenn Signore Fasolino alle Schuld auf sich nähme, sollte die Ehe auf Lebenszeit fortbestehen. Der Signore unterschrieb und ging für seine Frau ins Gefängnis. In der Zwischenzeit ließ die Signora ihren Neigungen freien Lauf.«
    Das alles war ein bißchen viel auf einmal. Juliette schnappte nach Luft. »Wollen Sie damit sagen, daß Anastasia Fasolino der Kopf des … wie soll ich es nennen? Daß sie der Kopf des Unternehmens ist?«
    Carracci schwieg. Er hielt den Blick gesenkt, als wollte er nichts mehr sagen, doch irgend etwas gärte in ihm. Und Juliette ahnte, was sich hinter seiner plötzlichen Schweigsamkeit verbarg.
    Sie fragte: »Signore Arnolfo, warum erzählen Sie mir das alles so bereitwillig?«
    »Man hat mich schlecht behandelt«, erwiderte Carracci im Tonfall eines verstockten Kindes. »Man hat mir mein ohnehin bescheidenes Gehalt gekürzt mit der Begründung, ich brächte nicht mehr die Leistung, die man von mir erwarte. Ich hatte mit Signora Anastasia eine Auseinandersetzung, weil ich mich weigerte, im Januar, bei klirrender Kälte, den Wagen zu waschen, wie ich es früher getan habe. Aber mit 68 ist man nicht mehr der Jüngste; man muß mehr auf seine Gesundheit achten. Ich fürchte, früher oder später wird Signora Anastasia nach einem Grund suchen, mich hinauszuwerfen. Ich bin zwar alleinstehend, aber ich hätte nicht mal eine Wohnung. Und das bißchen Ersparte, das ich mir beiseite gelegt habe, ist zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben.«
    Juliette hatte sich nicht getäuscht. Sie hatte damit gerechnet, daß Carracci Geld wollte. Doch sie nahm es ihm nicht einmal übel. Der Mann bot Informationen und verlangte seinen Preis dafür. Juliette war bereit zu zahlen, sofern ihr die Informationen von Nutzen waren. Und nach allem, was sie bisher von dem Mann erfahren hatte, konnte Carracci ihr außerordentlich hilfreich sein.
    »Wieviel verlangen Sie, Signore Arnolfo?«
    Carracci antwortete wie aus der Pistole geschossen: »Ich dachte an zwanzig Millionen, Signora.«
    »Lire?« fragte Juliette ebenso prompt zurück, bevor ihr die Dummheit

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