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Purzelbaum

Purzelbaum

Titel: Purzelbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Stephenson
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Leute sollen demnach die Koordination machen. Die Kreativen sollen alle freigestellt werden.«
    Diese Nachricht trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube. »Wir haben doch nichts falsch gemacht. Was soll der Blödsinn?« Ich gehe zu meinem Arbeitsplatz und lasse mich in den Drehstuhl fallen. Auf meinem Bildschirm poppt eine Nachricht von Herrn Schrot auf. Er möchte mich in seinem Büro sprechen. Auf dem Weg dorthin wird mir ganz schlecht. Ich kann mir lebhaft vorstellen, was als nächstes kommen wird. Herr Schrot empfängt mich mit einer todernsten Miene. »Danke, dass sie Zeit haben Frau Sorger.« So beginnt es meistens. Der Anfang vom Ende. »Wie sie vielleicht schon gehört haben, hat der Vorstand heute in der Früh einen Beschluss gefasst, nachdem wir die Marketingaktivitäten zum größten Teil auslagern werden. Daher werden einige Posten im Stammhaus nicht mehr benötigt. Dazu zählen unter anderem sie Frau Sorger.« Er atmet tief durch und ich versuche einen dicken Kloß in meinem Hals hinunter zu schlucken. Mein Mund ist trocken und ich bringe keinen Laut heraus. »Offensichtlich waren die Damen und Herren der oberen Etagen über unseren Fehlschlag zutiefst verärgert, denn die Entscheidung kam auch für mich mehr als überraschend.« Ich fühle mich, als ob mir jemand den Teppich unter den Beinen weggezogen hätte, und ich ohne die Möglichkeit zu stoppen immer weiter fallen würde. »Was heißt das für mich?« Noch nie war ich in der Situation, dass ich einen Job verlor, dass ich gekündigt wurde. »Sie werden per sofort freigestellt. Der restliche Urlaub muss von ihnen zuerst verbraucht werden, dann läuft noch die vierwöchige Kündigungsfrist. Sie erhalten ihr Gehalt also noch für knapp drei Monate. Sollten Sie ein Angebot bei einem anderen Unternehmen haben, können sie das gerne ab sofort annehmen. Die Smartcom wird ihnen keine Steine in den Weg legen.« Herr Schrot geht um den Schreibtisch herum, kommt auf mich zu und streckt mir seine Hand entgegen. »Es tut mir wirklich leid, dass unsere Zusammenarbeit auf diese Art und Weise enden muss. Ich wünsche ihnen wirklich alles Gute auf ihrem beruflichen Weg, denn ich denke, dass sie eine der fähigsten Mitarbeiterinnen hier waren.« Mit betretenem Gesicht schüttle ich seine Hand. »Ihnen auch alles Gute.« Mehr bringe ich nicht raus. Ich verlasse das Büro und gehe direkt zur Damentoilette. Dort sperre ich mich in einer Kabine ein und lasse meinen Gefühlen freien Lauf. Tränen bahnen sich den Weg über mein Gesicht und ich heule mir den Frust von der Seele. Ich habe keinen Job mehr, und wenn ich nicht schnell einen vergleichbaren finde, dann ist meine tolle Wohnung auch Geschichte, aber am schlimmsten ist, dass ich mich in einen Typen verliebte, der offensichtlich kein Interesse an mir hat, und mich wie eine heiße Kartoffel fallen ließ.
    Das ist alles zu viel für mich. Ich nehme mich zusammen, spüle mein Gesicht mit kaltem Wasser und gehe hinaus zu meinen Kollegen, von denen heute noch einige ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Nach einer kleinen Verabschiedungsrunde packe ich ein paar persönliche Dinge von meinem Schreibtisch in meine Handtasche, und verlasse das Smartcom Gebäude. Mit dem Roller fahre ich nachhause. Vor der Haustüre überlege ich kurz, und entscheide mich, dass heute der richtige Tag ist um den Kummer in Alkohol zu ertränken.
    Nur wenige Minuten später bin ich im Cord und bestelle mir an der Bar einen Zombie. Dieser Cocktail passt perfekt zu meiner Stimmung. Sandro, der Barkeeper, stellt mir den Drink hin und fragt mich was los sei. Ich würde so niedergeschlagen aussehen. Ich erzähle ihm die ganze Geschichte. Dabei fange ich an dem Abend im Cord an, an dem wir beschlossen hatten Caros Junggesellinnenabschied zu feiern. Es ist eine lange Geschichte, darum bestelle ich zwischendurch drei Mal nach. Meinen antialkoholischen Barkeeper lade ich auf ein Ginger Ale ein. Sandro fühlt mit mir mit, er ist wie so viele Frauenversteher ein Männerliebhaber.
    »Warum sind eigentlich alle netten Männer schwul?« Möglichweise bin ich durch die Cocktails schon ein bisschen daneben. Ein besonderer Zungenschlag ist zumindest unüberhörbar. Bevor Sandro mir eine, von mir akzeptierte, Erklärung liefern kann bestelle ich meinen fünften Zombie.
    Mittlerweile müsste ich selbst schon wie ein Zombie aussehen, zumindest fühle ich mich so. Ich stütze meine Ellbogen auf der Bar auf und lege mein Gesicht in die Hände. »He Sando. Binnich

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