Pusteblume
besteht darin, dir diesen Joe Roth zu angeln.«
»Ich glaube, er hat eine andere«, protestierte Katherine.
»Du schreckst doch sonst nicht vor einer Herausforderung zurück!«
Katherine schwieg.
»Versprich mir«, bedrängte Fintan sie mit schwacher Stimme. »Versprich mir, daß du es versuchen wirst.«
»Ich überleg’s mir.«
»Ich weiß, daß ihr mich beide haßt«, sagte Fintan und grinste, »aber wenn ihr sehen könntet, was ich sehe, dann wärt ihr genauso angewidert von der Art und Weise, wie ihr euer Leben verschwendet. Ihr richtet euch mit einem erträglichen Maß an Unglücklichsein ein und glaubt, daß es irgendwann in der Zukunft einmal klick machen wird und dann ist alles vollkommen. Jetzt geht bitte, ich bin ganz erledigt. Und denkt dran: Tara, du fängst am besten gleich an, deine Sachen zu packen, und Katherine, zieh dir am Montag dein bestes Höschen an! Und vor allen Dingen«, fuhr er wie ein Fußballtrainer fort, »fangt endlich mit dem richtigen Leben an, packt das Leben an.«
Die Verabschiedung war etwas kühl. Als sie sein Zimmer verließen, kamen Neville und Geoff herein. »Tut mir leid, Mädels«, ächzte Fintan, »ich bin zu erledigt, um weiteren Besuch zu empfangen.«
Tara und Katherine sprachen weder im Aufzug noch auf dem Weg über den Hof, und als sie Harry, Didier und Will lärmend zum Eingang marschieren sahen, beladen mit Blumen, Zeitschriften und Bier – Blumen und Zeitschriften für Fintan, das Bier für sie selbst –, winkten sie ihnen nur matt zu.
Als sie in Taras Käfer vom Parkplatz fuhren, kam ihnen ein anderes Auto entgegen. Katherine winkte Javier und Butch zu, die drinnen saßen. »Ob wohl Didier versucht, Butch zu verführen?«
»Keine Ahnung.«
Dann fuhren sie schweigend zwanzig Minuten.
Schließlich fing Tara an zu sprechen. »Ist Fintan nicht zum Schreien?« Sie zwang sich zu einem Lachen. »Total übergeschnappt.«
Katherine stockte der Atem. Hatte sie sich umsonst so aufgeregt? »Meinst du, es war ein Witz?«
Tara warf Katherine einen vielsagenden Blick zu. »Na klar, was denn sonst? Wie könnte man das ernst nehmen? Es ist doch zum Schreien komisch.«
Katherine sah Tara unsicher an. Sie war sich überhaupt nicht sicher, daß Fintan sie zum Narren gehalten hatte. Aber es wäre eine solche Erleichterung, wenn das der Fall wäre…
»Zum Schreien«, sagte sie. »Er hat den Verstand verloren.«
Sie lachten schallend und waren fast selbst überzeugt.
»Allein der Gedanke…«
»Als ob…«
»Er hat sie nicht mehr alle.«
»Fintan und seine Wahnsinnsideen.«
»Und wir sind genauso«, sagte Katherine. »Ich habe ihn ernst genommen.«
»Das habe ich gemerkt«, sagte Tara. »Ich habe es gleich durchschaut.«
Dann schüttelten sie sich wieder vor Lachen, weil Fintan sich so etwas Verrücktes ausgedacht hatte.
43
L orcan lag mit einem Prachtexemplar von Heroin Chic im Bett: einer blaßblonden dreiundzwanzigjährigen Schauspielerin namens Adrienne, die ihren Beruf zur Zeit nicht ausübte und ihre Magersucht entschieden zu weit getrieben hatte. Sie war eine überzeugte Anhängerin der Lehre, daß der Geist über das Fleisch triumphiere – nur so konnte sie mit dem allgegenwärtigen Hunger zurechtkommen. Und so hatte sie sich auch Lorca n geschnappt. Sie hatte ihn verschiedene Male beim Vorsprechen getroffen, und obwohl sie wußte, daß er eine Freundin hatte, verfolgte sie ihn hartnäckig. Immer wieder visualisierte sie, daß sie mit ihm Zusammensein würde – so wie sie visualisierte, daß sie drei volle Mahlzeiten am Tag aß und dazwischen, um elf und vier, Snacks –, und schließlich würde es so eintreffen. Wenn sie ihn nur heftig genug haben wollte, würde er am Ende ihr gehören.
Und es hatte funktioniert! Was sie doch einigermaßen überraschte, denn sie hatte mit der gleichen Methode versucht, eine Rolle zu bekommen, und war immer wieder gescheitert, so daß sie schließlich als Kosmetikerin arbeiten mußte, um überleben zu können.
In postkoitaler Ruhestellung lagen sie zusammen auf Adriennes gebraucht gekauftem Futon, ihre langen Glieder ineinander verschlungen. Beide zusammen hatten nicht eine Pobacke, die den Namen verdient hätte.
Adrienne war von einem Wohlgefühl durchströmt. Da es ihr gelungen war, Lorcan abzuschleppen, konnte sie sich jetzt kaum mehr vorstellen, daß sie je daran gezweifelt hatte. Und sie hatte nicht vor, sich von ihm irgendwas gefallen zu lassen. Der Anfang sollte die Weichen dafür stellen, wie sie
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