Pusteblume
konnten das einen Moment lang verstehen, aber der verging schnell.
»Nur«, sagte Tara hoffnungsvoll, »daß das so nicht stimmt, denn er stirbt nicht. Er bekommt sehr starke Medikamente, und beim HodgkinSyndrom gibt es große Heilungschancen.«
Liv konnte das so nicht stehenlassen. »Die Schwellung an seinem Hals ist nicht zurückgegangen, und die Zwischenuntersuchungen haben bisher keine Reaktion auf die Behandlung gezeigt. Du bist in der Phase des Leugnens, weil du nicht erkennen willst, wie schlimm die Dinge wirklich stehen.«
»In ein, zwei Tagen könnte das alles vorbei sein«, sagte Katherine frohgemut. »Die letzten Tage waren hart für ihn, kein Wunder, daß er ein bißchen komisch im Kopf ist.«
Livs Miene verfinsterte sich. »Er ist überhaupt nicht komisch im Kopf. Ich finde, er hat recht. Du solltest Thomas wirklich verlassen«, sagte sie zu Tara, und Katherine schrie sie an: »Und du – was dir fehlt, dich müßte mal einer ordentlich hernehmen!«
Die anderen Gäste im Pub drehten sich nach ihnen um. Bevor Tara und Katherine aus ihrer Erstarrung erwachten und Liv zurechtstutzen konnten, war die aus dem Pub gestampft.
»Was hat sie nur?« rief Tara aus.
»Woher soll ich das denn wissen?« gab Katherine gereizt zurück.
Sie saßen in grollendem Schweigen. Tara rauchte, und Katherine spielte mit Taras Autoschlüsseln.
»Kannst du damit verdammt noch mal aufhören?« fauchte Tara und schlug Katherines Hand weg. »Du machst mich noch ganz verrückt.«
Katherines Miene versteinerte, aber sie ließ die Schlüssel in Ruhe.
»Wir sollten wieder ins Krankenhaus gehen«, sagte Tara schließlich.
»Jetzt noch nicht.«
»Gut, ich will auch nicht wieder hin. Falls sie alle wieder damit anfangen.«
»Die können mich mal«, schnaubte Katherine.
»Vielleicht solltest du Thomas verlassen, und ich schlafe mit Joe Roth.«
Sie lachten nervös und waren halbwegs wieder versöhnt.
»Oder glaubst du…« Tara brach ab. Sie mußte die richtigen Worte finden. »Glaubst du, daß Fintan uns darum bittet, weil er verbittert ist? Weil er krank ist und wir nicht? Glaubst du, es könnte eine Art Rache sein? Daß unser Leben auch zerstört werden muß?«
Das ging Katherine zu weit. »Ich glaube, daß es einfach eine verrückte Idee von ihm ist«, erwiderte sie heftig. »Das hier ist alles zuviel für ihn, und er ist ein bißchen übergeschnappt.«
»Das möchte ich hoffen«, sagte Tara drohend, »denn wenn er nicht damit aufhört, komme ich ihn nicht mehr besuchen.«
»Wie kannst du so etwas Schreckliches sagen?« fragte Katherine, die genau den gleichen Gedanken hatte.
»Für dich ist es ja leicht«, verteidigte Tara sich. »Du hast doch eine schöne Aufgabe bekommen. Du sollst mit einem attraktiven Mann schlafen, während ich den Mann, den ich liebe, verlassen soll.«
»Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte Katherine gereizt. »Ich bin wie gelähmt, wenn ich nur dran denke.«
»Ja, genau!«
»Es stimmt! Du weißt genau, daß ich es nicht könnte.«
»Was nicht könntest? Einen netten Mann anmachen, der sowieso schon scharf auf dich ist? Aber ich soll aus einer zwei Jahre langen Beziehung aussteigen und mit einunddreißig noch mal von vorn anfangen. Das ist lähmend. Und außerdem, warum willst du dich denn nicht an diesen Joe ranmachen?«
Bevor Katherine sagen konnte, daß sie diese Frage nicht beantworten werde, stieß Tara den Rauch ihrer Zigarette unerwartet heftig aus. Plötzlich wußte sie, was sie zu sagen hatte. »Ich will mal ganz offen sein mit dir, Katherine«, hörte sie sich sagen und sah Katherine mit wildem Blick an. »Ich wollte es eigentlich nicht, aber es muß mal ausgesprochen werden. Fintan hat recht, was dich angeht. Du solltest dich wirklich mehr einlassen, auf das Leben und auch auf einen Mann.« Sie konnte sich nicht mehr bremsen. All ihre aufgestauten Gefühle brachen aus ihr heraus, als sie aufgewühlt weitersprach. »Wie du lebst, ist doch lächerlich, mit deinen Unterhosen und deiner Beherrschung und deiner sauberen Wohnung und deiner Liebhaberlosigkeit. Fintan ist kein bißchen übergeschnappt, er hat völlig recht, was dich angeht! Er mag dich, und er will, daß du glücklich bist!«
Katherines Gesicht verfinsterte sich zusehends, während Tara immer heftiger und immer lauter wurde. »Das, was damals in Limerick passiert ist, das kannst du doch nicht ewig als Ausrede benutzen, was immer es war, und ich habe keine Ahnung, und dabei bin ich deine beste Freundin.«
Endlich
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