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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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»Das stimmt. Das gefällt mir. Sag das noch mal, das mit dem Macho-Gehabe.«
    Tara schluckte, sie war sprachlos. Eine Erkenntnis überkam sie: Wer braucht noch Feinde, wenn er einen Freund wie diesen hat?
    »Mach schon«, drängte er sie spielerisch, »sag es noch mal.«
    »Ich meine es nicht als Kompliment.« Sie hatte die Kiefer zusammengepreßt.
    »Ach nein? Es klingt aber wie eins. Ein Höhlenmensch mit rückständigem Macho-Gehabe.« Er lachte, aufrichtig amüsiert. »Aber deswegen liebst du mich.«
    Das habe ich jetzt davon.
    Jedesmal, wenn sie eine kleine Erkenntnis hatte, daß zwischen ihr und Thomas nicht alles zum Besten war, hatte sie sich alle Mühe gegeben, sie zu übertünchen. Aber alle Verschleierungsmanöver waren jetzt von der Wucht ihres Zorns weggerissen worden, so daß sie den Dingen ins Auge sehen mußte. Und was sie sah, bewirkte, daß sie nicht nur Thomas, sondern auch sich selbst verachtete. Sie hatte Schwulenhasser immer verachtet, und jetzt mußte sie erkennen, daß sie mit einem zusammenlebte. Wo waren ihre Prinzipien? Sie hatte sie auf Eis gelegt, weil ihr Bedürfnis nach einem Mann größer war.
    Ein Dominostein nach dem anderen fiel um, und Tara erkannte, daß Thomas’ Weigerung, die O’Gradys kennenzulernen, völlig unverzeihlich gewesen war. Seine Weigerung, Fintan zu besuchen, seine gemeinen Anspielungen, was Fintans Krankheit anging, sein abschätziges Desinteresse an einer gemeinsamen Zukunft mit ihr, sein dauerndes Mäkeln an ihrem Gewicht, seine verletzende Kritik an ihrem Aussehen, seine fortwährende Untergrabung ihres Selbstvertrauens, sein ständiges Anpumpen, seine Bevorzugung von Beryl. Und am schlimmsten war, was sie alles zu seiner Entschuldigung angeführt hatte.
    Sie hatte Fintan immer verteidigt, wenn Thomas anfing, über ihn herzufallen. Sich selbst hatte sie nie verteidigt, immer hatte sie sich gesagt, es sei zu ihrem Besten. Aber das war ein riesengroßer Irrtum gewesen, und jetzt schämte sie sich in Grund und Boden, und gleichzeitig war sie außer sich vor Wut.
    Sie fing an zu weinen. Tränen der Scham, des Zorns und der Trauer.
    »Warum flennst du?« fragte Thomas. »Hast du etwa deine Tage?«
    »Nein.« Sie schluchzte, als würde ihr das Herz brechen.
    »Ach, Tara, hör auf zu heulen. Soll ich dir einen Tee machen?«
    »Nein. Laß mich einfach in Frieden.«
    Erzürnt sah er sie an. Wie konnte sie nur? Wußte sie nicht, wie empfindlich er war? »In Ordnung«, sagte er beleidigt, »ganz wie du willst.«
    Er stapfte aus der Wohnung, und sie weinte und weinte und weinte. Um die verschwendeten Jahre, um das Ende der Hoffnung, wegen der Gemeinheiten Fintan gegenüber, wegen ihrer beschämenden Selbsttäuschung, wegen des glücklichen Lebens, das ihr versagt war, und des leeren Lebens, das sich vor ihr erstreckte.
    Irgendwann zwischendurch rief Katherine an, aber Tara keuchte und schluchzte und konnte kaum sprechen.
    Sie zündete sich eine Zigarette an, starrte in die Ferne und fragte sich, warum bei ihr immer alles schiefging.
Warum ich? Warum kann ich keine glückliche Beziehung haben? Warum endet es immer damit, daß ich allein bin?
    Seit langem, besonders seit Fintan krank war, war es ihr gelungen, die Augen vor den sich häufenden Einsichten zu verschließen. Aber inzwischen war soviel zusammengekommen, daß sie nicht mehr davor weglaufen konnte.
    War Thomas schon immer so gewesen? War er schlimmer geworden? Oder hatte sie es nicht gesehen? Sich geweigert, es zu sehen?
    Sie war in einem Schockzustand. Es war Zuviel für sie. Etwas in ihr versuchte sie zu schützen und ihr die Wahrheit langsam nahezubringen. Sie versuchte sich einzureden, daß es keinen Grund gab, unglücklich zu sein. Schließlich hatte er angeboten, ihr eine Tasse Tee zu machen – vielleicht war er doch nicht so übel. Aber sie konnte das, was ihr aufgegangen war, nicht mehr wegschieben, obwohl sie das wollte. Ihre Erkenntnisse waren wie eine riesige Last, die sie zum Handeln aufforderte, auch wenn das hieß, daß ihr Leben vorbei war.
    Ein paar Stunden später kam Thomas wieder und tat so, als wäre alles in Ordnung. Er wollte mit ihr ausgehen.
    »Nein«, sagte sie blaß und unversöhnlich. »Du kannst allein gehen.«
    Den ganzen Samstagabend saß sie in der Wohnung und sammelte Kraft, für den nächsten Schritt. Die riesige Kluft zwischen der Erkenntnis, daß sie Thomas verlassen mußte, und deren Ausführung war zu überbrücken.
    Den Sonntag verbrachte sie bei Fintan und sagte kein Wort

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