Pusteblume
waren Fintan und Sandro ein Paar – eine Verbindung, die im Himmel geschmiedet war.
Sie waren verrückt nacheinander. Sandro war überglücklich, weil er sich wieder verliebt hatte, und Fintan hatte seinen lang ersehnten Richtigen gefunden.
»Ich verstehe jetzt, was man meint mit der ›besseren Hälfte‹«, bekannte er. »Sandro ist meine bessere Hälfte.«
Beide waren verletzt worden – Fintan, weil man ihn zusammengeschlagen hatte, Sandro, weil sein vorheriger Freund gestorben war –, und so gingen sie zärtlich und behutsam miteinander um. Und gleichzeitig hatten sie enorme Vorräte an Energie, Unmengen von Freunden und großen Spaß an Geselligkeit.
Sandros Englisch wurde immer besser. Nur daß er einen leichten irischen Akzent annahm.
Sechs Monate später kauften sie zusammen eine Wohnung in Notting Hill. Sandro setzte sein ganzes Talent als Architekt ein, um Decken und Wände herauszureißen, Zwischenebenen und Durchgänge einzuziehen und Betonfußböden zu gießen, so daß die Wohnung für
Which House?
und
Elle Decoration
fotografiert wurde.
»Los, wir müssen hoch!« Fintan nahm seine Füße aus Sandros Schoß. »Wir haben Dinge zu besuchen, Freunde zu erledigen. Hast du Lust, mit zu Katherine zu kommen?«
Sandro nickte begeistert. Hier war noch ein Grund, warum Fintan und Sandro so gut zueinander paßten. Fintan kam im Dreierpack mit Tara und Katherine, nach dem Motto: Liebe mich und liebe meine Freunde. »Danach gehen wir noch in den Pub und in die Disco?« fragte Sandro.
»Klar. Deshalb sollten wir jetzt deine Sachen für Norwich richten. Morgen früh sind wir dafür zu müde.«
Fintan wurde munter, denn am folgenden Tag sollte Sandro für eine Woche nach Norwich fahren, um dort Arbeiten an einem Haus zu beaufsichtigen. »Bring mir die Hemden, die gebügelt werden müssen.«
»Du brauchst das nicht zu machen«, protestierte Sandro. »Ich kann das auch mal versuchen.«
»Nein, lieber nicht. Bei dir werden sie nicht so gut.«
»Also gut«, sagte Sandro verlegen. »Danke.« Fintan holte das Bügelbrett hervor, und Sandro gab ihm fünf Hemden.
»Was muß ich packen?« rief Sandro aus dem sandfarbenen, im japanischen Stil eingerichteten Schlafzimmer; der Koffer stand schon offen auf dem durch ein Podest erhöhten Bett.
»Fünf Paar Unterhosen, fünf Paar Socken, Zahnbürste, Taschentücher, Aufladegerät für dein Mobiltelefon – das hast du das letzte Mal vergessen…«
»Kann ich deine Jeansjacke mitnehmen?«
»Wenn es dir nichts ausmacht, daß sie zu groß ist.« Nachdem Fintan liebevoll Sandros Hemden gebügelt hatte, legte er sie zusammengefaltet in den Koffer und strich sie glatt. »Gut, das hätten wir. Jetzt sollte ich meine Mutter anrufen.«
Jeden Sonntag ohne Ausnahme rief er seine Mutter an.
Für eine irische katholische Mutter über siebzig war JaneAnn recht cool. Sie wußte, daß Fintan schwul war, und schien damit gut leben zu können. Jedoch wußte Fintan nicht, wie er seinen »Mitbewohner« bei seiner Mutter einführen könnte. Er hatte es nie geschafft, das Gespräch auf seinen Lebensgefährten zu bringen, und je mehr Zeit verging, desto schwieriger wurde es, ihn zu erwähnen. Fintan wählte die Nummer seiner Mutter und unterhielt sich ausführlich mit ihr, wobei sie die meiste Zeit erzählte. Obwohl Knockavoy eine Kleinstadt war, gab es viele dramatische Ereignisse. Drei Jungkühe waren von der unteren Weide der Clancys ausgebüchst und hatten die Büsche im Garten des Gemeindepriesters ruiniert. Und jetzt weigerte sich die Haushälterin des Priesters, mit Francie Clancy zu sprechen. Delia Casey organisierte eine Benefizveranstaltung für Ruanda. »Keine Ahnung, was das ist, eine
Benefizveranstaltung.
Meinst du, es ist so etwas wie ein Basar?« Aber die brandaktuelle Nachricht war die, daß es seit neuestem Pop-tarts im Spar-Supermarkt gab. Als Fintan auflegte, sagte er zu Sandro: »Warum fahren wir nicht zusammen über Weihnachten nach Irland?«
Sandro kicherte nervös. »Da kriege ich’s ein bißchen mit der Angst. Wenn sie mich nicht mögen? Deine Mutter und deine Brüder?«
»Sie werden dich mögen, gar keine Frage. Fünf Jahre sind eine lange Zeit, Sandro. Du warst noch nie bei meiner Familie und ich nie bei deiner. Wir sollten das nicht länger aufschieben.«
»Du hast recht. Über Neujahr könnten wir meine Familie besuchen.« Fintan wurde blaß. »Oder wir vergessen die ganze Sippe und fahren nach Lanzamotte.«
»Schon wieder?«
»Mal sehen. Jetzt gehen
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