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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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den Schoß.
    »Kommst du zu deinem Daddy?« schmeichelte Thomas ihr, und seine Augen leuchteten auf wie ein Weihnachtsbaum. »Na, meine Schöne? Bist du aber eine Schöne, was?«
    Tara sah, wie Thomas’ Hand über Beryls Rücken streichelte, sah den selbstzufriedenen Blick der Katze, die sich in Thomas’ Schoß zurechtkuschelte, und fühlte sich wie das fünfte Rad am Wagen. Sie wollte die Katze sein. Sie wollte mit einem Zehntel der Zärtlichkeit bedacht werden, die Thomas der Katze schenkte. Sie wollte, daß man ihr den Bauch kraulte, ihr einen Kratzpfosten kaufte und Kaninchenbrocken in Aspik servierte.
    Beryl blieb gerade so lange, wie ihr beliebte, dann sprang sie mit einem Ausdruck der Selbstgenügsamkeit, die Tara zu gerne besessen hätte, von Thomas’ Schoß und stolzierte aus dem Zimmer. Sofort versank Thomas wieder in seine bedrückte Stimmung.
    »Ich gehe duschen«, murmelte Tara, als die Wände des Zimmers um sie herum sie zu ersticken drohten. Das prasselnde heiße Wasser und der frische Geruch der Seife hoben ihre Laune geringfügig. Doch als Tara zurück ins Zimmer kam, nahm die trübselige Atmosphäre sie sofort wieder gefangen. »Ist was nicht in Ordnung?« fragte sie, was Thomas noch mehr zu verärgern schien. Nach einer Weile konnte sie es nicht länger ertragen. »Komm«, sagte sie mit gespielter Fröhlichkeit, »laß uns was unternehmen. Statt hier herumzusitzen wie ein paar Lahmärsche.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie verzagt; seine Feindseligkeit nahm ihr den Wind aus den Segeln. »Laß uns ausgehen! Wir leben schließlich in London. Es gibt tausend Sachen, die wir unternehmen können.«
    »Zum Beispiel?« wiederholte er.
    »Ehm…« Verzweifelt überlegte sie, was sie Interessantes vorschlagen könnte. »Laß uns in eine Kunstausstellung gehen. In die Tate Gallery! Das wär doch schön.«
    »So ein Blödsinn«, sagte er unverblümt. Und Tara mußte zugeben, daß sie erleichtert war. So übel es auch war, daß sie hier im Wohnzimmer in der Falle hockten, so wäre es doch unendlich viel schrecklicher, in einer langweiligen Kunstausstellung herumzulaufen, wo man sich durch Tausende von rüpelhaften Touristen schieben mußte und an all den entsetzlichen Leuten vorbei, die glaubten, eine Ahnung von Kunst zu haben, um schließlich eine Stunde lang im Café anzustehen und ein Stück Karottenkuchen zu essen.
    »Oder sollen wir einkaufen gehen?« schlug sie vor. »Wir könnten…«
    Verächtlich kräuselte er die Lippen. »Dein Konto ist überzogen, deine Kreditkarten sind bis zum Anschlag ausgeschöpft, und obwohl das, was ich tue, eine gesellschaftlich immens wichtige Arbeit ist, habe ich auch keine Kohle.«
    »Ich weiß«, rief sie. »Wir machen eine Spritztour.«
    »Eine Spritztour?« Thomas war dreimal durch die Führerscheinprüfung gefallen und sprach über das Autofahren, als wäre es ein von der Norm abweichendes Verhalten. »Wohin willst du denn fahren?«
    Ihr fiel nichts ein. Aus lauter Verzweiflung schlug sie vor: »Ans Meer!«
    Doch plötzlich schien ihr das tatsächlich eine wunderbare Idee. Die frische, scharfe Meeresbrise würde die dumpfe Atmosphäre, die sie umgab, fortblasen. Ein spontaner Ausflug würde ihnen richtig guttun.
    »Ans Meer? Am vierten Oktober?« Er sah sie an, als wäre sie übergeschnappt.
    »Warum nicht? Wir ziehen uns warm an.«
    »Also, meinetwegen«, erklärte er sich brummig bereit.
    Nach dem Toast-Drama am Morgen wagte Tara nicht, etwas zu Mittag zu essen, bevor sie aufbrachen. Statt dessen rauchte sie auf der Fahrt zum Meer ununterbrochen und dachte ständig ans Essen. Alles, woran sie vorbeikamen, sah so aus, als könnte man es essen. Bäume waren wie Brokkoliröschen. Heuballen erschienen ihr wie riesige Stücken Teekuchen, oder besser noch, Baklava, aus dem Honig und Sirup trieften. Als sie an einer Wiese mit Schafen vorbeikamen, ging ihr Atem schneller, weil sie an eine Tüte voller Marshmallows dachte. Der glatte Abbruch eines Kreidefelsens erinnerte sie an einen Brocken Nougat. Ihr lief das Wasser im Munde zusammen, als sie an einem feuchten, frisch gepflügten Feld vorbeifuhren. Zwei Hektar Schokoladenkuchen mit Schokoladenüberzug, dachte sie. Auch die anderen Autos auf der Straße stürzten sie in Höllenqualen, und zwar nicht nur, weil sie beim Anblick der Reifen an Lakritzkringel denken mußte. Die metallicfarbenen Autos brachten sie auf den Gedanken an Schokolade, die in Stanniolpapier und Zellophan eingewickelt war. Quality

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