Pusteblume
wir erst mal zu Katherine.«
»Hast du heute deine Vitamintabletten genommen?«
»Ach, das habe ich ganz vergessen. Ich nehme sie jetzt.«
»Fintan, du darfst sie nicht immer vergessen. Es ist wichtig, daß du sie nimmst.« Sandro klang verärgert.
»‘Tschuldigung, Mum.«
13
A m Abend mochte Tara nicht ausgehen. Sie wollte Thomas nicht allein lassen, solange die Stimmung so angespannt und merkwürdig war. Es war fast wie ein Eingeständnis ihres Scheiterns. Doch als sie die Tür hinter sich zugemacht hatte und im Auto saß, hätte sie vor Erleichterung fast geschrien. Endlich raus aus der Wohnung! Weg von der bedrückenden Atmosphäre aus Anspannung und Angst.
»Ist alles in Ordnung?« fragte Katherine, als Tara bei ihr eintraf.
Tara nickte und zündete sich eine Zigarette an. »Entschuldige bitte wegen des Notrufs im Morgengrauen. Ich hatte meine Zustände nach dem Abend davor. Die Welt sieht dann immer so … düster aus. Ich sollte nicht soviel Gin trinken.«
»Mach dir nichts draus«, sagte Katherine. Sie merkte, daß Tara nicht mit der Sprache herauswollte.
»O nein«, rief Tara und hielt ihre Zigarette hoch. Auf dem Filter waren Lippenstiftspuren. »Mein neuer, kußfester Lippenstift – jetzt färbt er ja doch ab! Die Verkäuferin hat gesagt, man braucht Terpentin, um ihn wegzubekommen.«
»Typisch«, war Katherines knappe Bemerkung.
»Warum belügen sie mich immer?« fragte Tara traurig. »Warum werde ich immer enttäuscht?«
»Komm, ich hol dir was zu trinken«, tröstete Katherine sie. »Bier oder Wein?«
»Bier. Ich fange an, Thomas einen Pullover zu stricken.«
Für einen winzigen Moment war Katherine völlig verdutzt. Aber sie fing sich sofort wieder und sagte: »Gute Idee!«
»In der Schule war ich ganz gut in Handarbeiten, weißt du noch?« sagte Tara. »Erinnerst du dich an den schönen rosa Schal, den ich für Fluffy, unsere Katze, gestrickt habe?«
»Ja, schon«, antwortete Katherine gedehnt. »Und du meinst, es macht nichts, daß das sechsundzwanzig Jahre her ist und du damals erst fünf warst?«
»Ach, mit dem Stricken ist es wie mit dem Fahrradfahren«, erklärte Tara. »Obwohl«, sagte sie und inhalierte den Rauch ihrer Zigarette bis in die Fußspitzen, »weißt du noch, wie Fluffy an dem Schal so lange gezerrt hat, bis sie ihn ab hatte? Sie hat keinen Moment Ruhe gegeben, bis er ab war.«
»Katzen sind so«, sagte Katherine mit einem ermunternden Lächeln.
»Du hast recht, so sind sie«, stimmte Tara ihr bitter zu. »Undankbare Viecher. Hunde dagegen, die sind ganz anders, die sind anhänglich und treu. Aber eine Katze fällt dir ohne weiteres in den Rücken, sie schnappt dir deinen letzten Sahnebonbon weg und hintergeht dich, einfach nur zum Spaß. Sie würde ihre eigene Großmutter verkaufen, wenn sie davon etwas hätte, und deinen Namen in den Schmutz ziehen –«
»Vielleicht mochte Fluffy kein Rosa«, fiel Katherine ihr ins Wort.
Tara sah Katherine an, als wüßte sie nicht, wer sie war.
»Vielleicht«, murmelte sie. Sie sah sich um, als wäre ihr die Umgebung fremd. »Ach, Katherine, was ist nur mit mir los?«
Vielleicht hat es was mit deinem schrecklichen Freund zu tun, dachte Katherine, sagte es aber nicht.
»Es könnten die Hormone sein«, mutmaßte Tara. »Eigentlich ein bißchen früh, aber es würde erklären, warum ich mich heute so blöd gefühlt habe. Hat nur noch gefehlt, daß ich die Treppe runtergefallen wäre und ein ganzes Monatsgehalt für einen hübschen gelben Korkenzieher ausgegeben hätte, dann wären alle Symptome versammelt gewesen. Die prämenstruellen Spannungen werden schlimmer, je älter man wird, findest du nicht?«
Katherine pflichtete ihr bei und erklärte: »Nur daß es jetzt ›prämenstruelles Syndrom‹ heißt.«
»Früher wußte ich ja gar nicht, wie gut es mir ging«, sagte Tara versonnen. »Damals habe ich jeden Monat zehn Tage lang zwanzig Kilo Süßigkeiten in mich hineingestopft und angefangen zu weinen, sobald mich einer nur nach der Zeit fragte, aber jetzt hat sich das zu einer richtigen Psychose ausgewachsen! Hoffentlich fangen die Wechseljahre bald an.«
»Nimm es nicht so schwer«, sagte Katherine verständnisvoll. »Und denk dran, ich habe ein Zimmer frei, wenn du mal eine Bleibe brauchst…«
Tara fühlte sich wieder mies. Wo sie doch gerade angefangen hatte, sich besser zu fühlen. Aber was soll man machen?
»Ich habe Fintan angerufen«, sagte Katherine dann, »er kommt mit dem Pony vorbei.
Tara fühlte sich
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