Pusteblume
unverzüglich besser. Fintan konnte sie immer aufheitern, und sie spürte, daß die graue Wolke, die seit dem Morgen über ihr gehangen hatte, nicht mehr ganz so schwer auf ihr lastete.
»Liv habe ich auch angerufen«, fuhr Katherine fort, »aber Lars ist in der Stadt. Er kam unangemeldet.«
Lars war der verheiratete Schwede, mit dem Liv ein Verhältnis hatte. Er kam alle zwei Monate nach London und ließ immer so viel Zeit zwischen seinen Besuchen verstreichen, daß Liv vor Sehnsucht nach ihm verrückt wurde, aber nicht genug, als daß sie ihn vergessen konnte. Da er immer nur für wenige Tage in der Stadt war, verbrachten sie die meiste Zeit im Bett.
Das Läuten kündigte die beiden Männer an. Katherine drückte auf den Summer und wartete an der Wohnungstür, daß sie hochkommen würden. In einem unglaublich teuer aussehenden pistaziengrünen Schaffellmantel polterte Fintan die Treppen herauf. Er war ganz aufgelöst. »Ihr müßt kommen, schnell«, befahl er und wollte nicht reinkommen. »Kommt doch! Ich bin draußen von dem Überkerl der Überkerle fast über den Haufen gerannt worden. Wie ein Wikinger kam er dahergeschritten. Sandro ist unten und behält ihn im Auge.« Er griff nach Katherines Hand und wollte sie zur Treppe ziehen. »Er war enorm groß«, berichtete er, »und stattlich, und er hatte – ich weiß, ihr werdet es mir kaum glauben – wunderbare rote Haare. Rote Haare, ich bitte euch! Aber er war ein toller Kerl … Was ist los mit dir, Katherine? Du siehst aus wie ein Hund, der eine Wespe verschluckt hat.«
»Nichts ist los.«
»Komm runter und sieh ihn dir an, bevor er verschwindet!«
»Aber es regnet.«
»Ganz wie du willst, du Trauerkloß. Und du, Tara?«
»Heute nicht, Josephine«, sagte Tara. So sehr sie Fintan liebte, sie konnte sich nicht überwinden, in die Kälte hinauszugehen, um irgendeinem Typen mit roten Haaren hinterherzustarren. »Beruhige dich. Komm rein und zeig uns deinen klasse Mantel.«
»Ich weiß ja nicht, was mit euch beiden trüben Tassen los ist«, beklagte Fintan sich. Aber er wußte, daß der Wikinger inzwischen sicherlich verschwunden war, und ließ einen gellenden Pfiff auf zwei Fingern los. Im nächsten Moment hörte man Schritte, und Sandro erschien.
»Der Liebesgott entkommt«, sagte er atemlos, »wir müssen uns beeilen!«
»Vergiß es, Sand«, sagte Fintan, »sie haben kein Interesse.«
Sandro starrte ihn entgeistert an, und Fintan murmelte: »Ich weiß.«
Dann verdrehte Sandro die Augen, und Fintan murmelte wieder: »Ich weiß.«
Dann sagte Sandro: »Frauen!«, worauf Fintan murmelte: »Ich weiß!«
Katherine schalt sie: »Jetzt kommt aber mal rein, ihr zwei«, und sie schraken zusammen und traten, wie ihnen geheißen, in die Wohnung.
»Wieso lauft ihr wildfremden Männern auf der Straße nach, wo ihr doch so gut wie verheiratet seid?« fragte Tara sie, nachdem sie sich auf dem Sofa niedergelassen hatten. Fintan hatte seinen grünen Mantel noch nicht ausgezogen.
»Was ist daran auszusetzen, wenn wir gucken?« grinste Sandro.
»Wir haben ihn ja nicht gekidnappt.«
»Aber nur, weil wir unser großes Netz zu Hause gelassen haben«, sagte Fintan und bohrte Sandro den Ellbogen in die Seite. Beide lachten schmutzig und lehnten sich aneinander.
»Diese Tunten«, seufzte Tara. »Ihr habt es so gut. Seid ihr nie eifersüchtig oder verunsichert?«
»Nein.« Sie sahen sich an und zuckten die Achseln.
»Wieso nicht?« fragte Tara.
»Warum soll man sich draußen einen Hamburger holen, wenn man zu Hause Steak bekommt?« sagte Fintan in einem Singsang.
»Ist das nicht süß?« sagte Tara mit zittriger Stimme und Tränen in den Augen. Ein romantisches Gefühl huschte durch den Raum. Bis es zu Katherine kam, die es böse ansah, so daß es eilig die Flucht ergriff.
»Außer«, unterbrach Sandro beschämt das Schweigen, »manchmal ist auch ein Hamburger was Schönes.«
»Es schadet ja nichts, sich einen anzusehen«, sagte Fintan bedächtig.
»Wenn Thomas ein Netz über eine gutaussehende Frau werfen wollte, würde ich ihm die Eier abschneiden«, gestand Tara. »Ich weiß, daß ihr ihn alle haßt, aber –«
»Wir hassen ihn gar nicht«, unterbrach Katherine sie.
»Ich schon«, sagte Fintan unverblümt.
»Ich auch«, sagte Sandro, »und Liv auch.«
»Und ich auch«, gab Katherine zu. »Stimmt, Tara, du hast recht. Wir hassen ihn alle. Erzähl weiter.«
Tara sah ausdruckslos zu, als die drei sich vor Lachen bogen.
»Ich mache nur Witze.« Katherine
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