Pyramiden
sich um ein sogenanntes ›unerklärliches Phänomen‹.«
»Oh, dann ist ja alles in Ordnung.«
Eine Zeitlang starrten die beiden Soldaten stumm auf die Steine.
»Wie eine Fata Morgana«, sagte der Tsortaner.
»Ja, irgend so eine komische Sache.«
»Ich glaube, ich habe das Krächzen einer Möwe gehört.«
»Verrückt, nicht wahr? Ich meine, hier gibt’s überhaupt keine Möwen.«
Der Tsortaner hüstelte höflich und blickte zu seinen Soldaten zurück. Dann beugte er sich ein wenig vor.
»Ich nehme an, Ihre restlichen Truppen treffen bald ein«, sagte er.
Der Epheber trat einen Schritt näher und sprach aus dem Mundwinkel, während sein Blick auf die Felsen gerichtet blieb.
»Ja«, antwortete er, »ebenso wie Ihre, nicht wahr?«
»In der Tat. Ich fürchte, wir müssen Sie massakrieren, wenn unsere Abteilungen schneller sind.«
»Ich schätze, uns ergeht es nicht anderes. Tja, Krieg ist Krieg.«
»Ein weiteres unerklärliches Phänomen«, sagte der Tsortaner. »Läßt sich nicht ändern.«
Der Epheber nickte. »Wenn man genauer darüber nachdenkt … In der Welt geht es ziemlich seltsam zu.«
»Das ist genau meine Meinung.« Der Tsortaner löste seinen Brustharnisch ein wenig und genoß den Schatten. »Wie sind die Rationen bei Ihnen?« fragte er.
»Oh, Sie wissen schon. Mehr schlecht als recht. Aber was hat’s für einen Sinn, dauernd darüber zu jammern?«
»Keinen«, bestätigte der Tsortaner und nickte kummervoll.
»Ich meine, wenn man darüber klagt, wird das Essen noch schlechter.«
»Bei uns ist es ähnlich. Äh, Sie haben nicht zufällig ein paar Feigen übrig? Ich könnte jetzt wirklich eine leckere Feige vertragen.«
»Ich bedauere.«
»Dachte ich mir.«
»Wir haben jede Menge Datteln. Wenn Sie Datteln mögen …«
»Nein, danke. Bekomme Sodbrennen davon.«
»Tut mir leid.«
Die beiden Männer schwiegen mehrere Minuten lang und hingen ihren Gedanken nach. Schließlich setzte der Epheber seinen Helm auf, und der Tsortaner rückte den Brustharnisch zurecht.
»Na schön.«
»Also gut.«
Sie strafften die Schultern, schoben das Kinn vor und marschierten fort. Kurz darauf blieben sie stehen, drehten sich um, wechselten ein verlegenes Lächeln und kehrten jeweils zu den richtigen Truppen zurück.
Viertes Buch
DAS BUCH DER 101 DINGE, DIE EIN JUNGE BEWERKSTELLIGEN KANN
Teppic hatte …… was erwartet?
Vermutlich das klatschende Pochen eines weichen Körpers, der an einem harten Felsen zerschmetterte. Und, vielleicht für wenige Sekunden, den Anblick des Alten Königreichs, das sich unter ihm ausbreitete, beziehungsweise in die Länge zog.
Der kühle, feuchte Nebel erstaunte ihn.
Die Wissenschaft weiß, daß es viel mehr als nur die klassischen vier Dimensionen gibt. Wissenschaftler vertreten die Ansicht, normalerweise bliebe dies ohne Einfluß auf die Welt, denn alle zusätzlichen Dimensionen seien sehr klein und in sich selbst gekrümmt, was im übrigen auch für die Realität gelte. Anders ausgedrückt: Entweder ist das Universum weitaus mehr voller Wunder, als wir uns vorstellen oder verstehen können – oder Wissenschaftler haben eine Menge Phantasie.
Nun, im Multiversum wimmelt es von kleinen Dimensiönchen, von Spielplätzen der Schöpfung, auf denen sich imaginäre Geschöpfe austoben können, ohne mahnende Ohrfeigen der ernsten Aktualität befürchten zu müssen. Manchmal schlüpfen solche Wesen durch Löcher in der Wirklichkeit, gelangen ins uns vertraute Hier und Jetzt und legen dort den Grundstein für Mythen und Legenden. Gelegentlich wirft man ihnen auch vor, die öffentliche Ordnung zu stören.
Du Mistvieh hatte einer Variablen einen falschen Wert zugewiesen, und daraus folgte eine Begegnung mit möglichem Fatalitätspotential.
Normalerweise irren sich Legenden recht häufig, aber in diesem Fall kamen sie der Wahrheit erstaunlich nahe. Die Sphinx lauerte tatsächlich an den Grenzen des Königreichs. Allerdings versäumte es die Legende, darauf hinzuweisen, um welche Grenze es sich handelte.
Die Sphinx ist ein unwirkliches Wesen. Sie existiert nur, weil man sie mit purer Vorstellungskraft geschaffen hat. Nun, in einem unendlichen Universum existieren alle Dinge, die man sich vorstellen kann, aber für einige von ihnen sollte es in einer anständigen, ordentlichen Raum-Zeit eigentlich keinen Platz geben, und deshalb schiebt man sie in eine Seiten-Dimension. Dies mag die chronische schlechte Laune der Sphinx erklären, obgleich hinzugefügt werden muß, daß jedes
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