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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Wir sind gekommen, um dich aus der Pyramide zu befreien.«
    »Was sind das für Leute?« fragte der Schatten verdrießlich. »Meine Taschen und Schmuckkästchen sind völlig leer, junger Mann«, wandte er sich an Gern. »Ich habe kein Geld hier drin, und die Waffe kannst du ruhig weglegen. Damit jagst du mir keine Angst ein.«
    »Es sind Bedienstete, Oma«, sagte Teppicymon.
    »Können sie sich irgendwie identifizieren?« erwiderte die Mumie.
    »Ich identifiziere sie, Oma. Wir sind hier, um dich herauszulassen.«
    »Ich habe stundenlang geklopft«, sagte die verstorbene Königin und trat ins Sonnenlicht. Sie sah genauso aus wie der Pharao; ihre Binden waren nur grauer und staubiger. »Schließlich erschöpfte mich das Klopfen so sehr, daß ich beschloß, ein wenig auszuruhen. Niemand kümmert sich um einen, wenn man tot ist. Wohin gehen wir?«
    »Um die anderen zu befreien«, sagte Teppicymon.
    »Verdammt gute Idee.« Die alte Königin folgte ihm.
    »Dies ist also die Unterwelt«, murmelte sie. »Ich habe sie mir etwas besser vorgestellt.« Sie stieß Gern in die Rippen. »Bist du ebenfalls tot, junger Mann?«
    »Nein, Ma’am«, entgegnete Gern mit der zittrigen Stimme eines Akrobaten, der gerade auf einem Drahtseil die Schlucht des Wahnsinns überquert.
    »Es ist nicht der Mühe wert zu sterben. Glaub mir. Ich weiß Bescheid.«
    »Ja, Ma’am.«
    Teppicymon schlurfte übers uralte Pflaster und näherte sich der zweiten Pyramide.
    »Ah, die kenne ich«, sagte Oma Pooney. »Sie stand hier schon zu meinen Lebzeiten. Pharao Ashk-ur-men-tep. Drittes Reich. Was willst du mit dem Hammer anstellen, junger Mann?«
    »Bitte, Ma’am, ich muß die Tür aufhämmern, Ma’am«, sagte Gern.
    »Du brauchst nicht anzuklopfen. Er ist bestimmt da.«
    »Mein Assistent meint, er müsse die Siegel aufbrechen, Ma’am«, erklärte Dil hastig und lächelte möglichst freundlich.
    »Wer bist du?« fragte die Mumie.
    »Ich heiße Dil, o Königin. Und ich bin der Oberste Einbalsamierer.«
    »Ah, ein Einbalsamierer. Das trifft sich gut. Ich glaube, einige meiner Nähte sollten erneuert werden.«
    »Es wäre mir eine Ehre und ein Privileg, o Königin«, versicherte Dil.
    »Ja, da hast du völlig recht«, bestätigte Oma Pooney und drehte sich knarrend zu Gern um. »So schwing nun den Hammer, Jüngling!« befahl sie.
    Gern nickte, holte tief Luft und schwang den Hammer. Das Ding raste dicht an Dils Nase vorbei, surrte wie ein Rebhuhn und zerschmetterte die Siegel.
    Als sich die Staubwolke lichtete, kam etwas zum Vorschein, dessen Kleidung nicht gerade der neuesten Mode entsprach. Die Binden waren braun und vermodert, und Dil stellt mit fachmännischer Sorge fest, daß sie sich an den Ellenbogen lösten. Die Stimme klang so, als ertöne sie aus einem besonders tiefen und von mehreren Erdrutschen heimgesuchten Grab.
    »Ich bin erwachet«, sagte die Gestalt. »Und da waret kein Licht. Ist dühs die Unterwelt?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete die Königin.
    »Dühs ist alles?«
    »Leider ja. Lohnt den Tod nicht, oder?«
    Der alte Pharao nickte ganz langsam, als fürchte er, den Kopf zu verlieren.
    »Es müsset etwas unternommen werden«, verkündete er.
    Er beobachtete die Große Pyramide und hob ein armartiges Etwas.
    »Wer schlafet dort?« fragte er.
    »Eigentlich ist es meine Pyramide«, sagte Teppicymon und trat rasch vor. »Ich glaube, wir haben uns noch nicht kennengelernt, ich meine, man hat es bisher versäumt, mich offiziell aufzubahren. Die Pyramide ist ein Geschenk meines Sohnes. Obwohl ich überhaupt nichts von Pyramiden halte.«
    »Es isset ein schrecklich Ding«, stellte der alte Pharao fest. »Ich habe den Bau gespüret. Selbst im Schlafe des Todes. Jene Pyramide dort drübigen ist groß genug, um die ganze Welt zu umschließen.«
    »Ich wollte im Meer begraben, ich meine, im Meer bestattet werden«, sagte Teppicymon. »Habe ich schon darauf hingewiesen, daß ich Pyramiden verabscheue?«
    »Ja«, erwiderte Ashk-ur-men-tep. »Aber du irrst dich.«
    »Entschuldige, aber ich bin ganz sicher«, widersprach Teppicymon höflich. »Ich hasse Pyramiden.«
    »Nein, du verspürest nur eine gelindige Abneigung«, sagte der alte Pharao. »Erst wenn du tausend Jahre in einer gelegen hast, kannest du begreifen, was Haß bedeutet.«
    Teppicymon schauderte.
    »Das Meer«, murmelte er. »Es ist viel besser. Man löst sich einfach auf.«
    Sie gingen – beziehungsweise schlurften – zur nächsten Pyramide. Gern übernahm die Spitze, und sein

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