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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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Stadtplänen und Verkehrskarten zugepflasterten Wand sitzend und auf das Menschengewimmel des Platz des Volkes hinunterblickend, zögerte nicht, von seiner neuen Autorität Gebrauch zu machen.
    Eine der ersten Instruktionen, die er Meiling diktiert hatte, war, den Alten Jäger in sein Büro zu zitieren. Da der Alte vorübergehend als Verkehrspolizist arbeitete, war es für Meiling kein Problem, ihn über seinen Piepser zu erreichen. Der Alte Jäger kam ins Büro, als Meiling gerade gehen wollte. Chen bat sie, zu bleiben: »Gehen Sie noch nicht, Meiling. Suchen Sie mir bitte die Bestimmungen über die Position eines Beraters unserer Abteilung heraus. Nicht nur die Aufwandsentschädigung, sondern auch die übrigen Vergünstigungen.«
    »Das ist alles im Aktenschrank. Ich werde es finden«, sagte Meiling.
    »Meine Gratulation, Oberinspektor Chen – ach nein: Direktor Chen«, sagte der Alte Jäger, während er die imposanten Büromöbel begutachtete. »Alle sagen, daß Sie hervorragende Arbeit leisten.«
    »Danke, Genosse Alter Yu. Das ist erst mein zweiter Tag hier. Als Neuling benötige ich Ihre wertvolle Hilfe.«
    »Ich werde tun, was ich kann, Direktor Chen.«
    »Sie haben doch als Verkehrspolizist gearbeitet. Da wird Ihnen gewiß auch das Problem der Verkehrsunfälle aufgefallen sein. Sie verursachen nicht nur Tote und Verletzte, sondern auch gravierende Staus.«
    »Das stimmt«, sagte der Alte Jäger und warf einen neugierigen Blick auf Meiling, die am Boden kniete und eifrig in der untersten Schublade des großen Aktenschranks kramte.
    »Ich glaube«, meinte Chen, »das liegt daran, daß immer mehr Leute herumfahren, die gar keinen Führerschein besitzen.«
    »Da haben Sie recht. Das Autofahren ist große Mode geworden, jeder will ein Lenkrad zwischen die Finger bekommen. Fahrschulunterricht ist teuer und dauert ziemlich lange, und so fahren manche eben ohne Führerschein.«
    »Ja, das ist wirklich gefährlich«, pflichtete Chen bei.
    »Genau. Diese jungen Leute – und es sind gar nicht wenige – scheinen sich für die geborenen Autolenker zu halten. Absolut unverantwortlich.«
    »Allerdings. Und deshalb möchte ich Sie um etwas bitten – um eine Art Experiment. Suchen Sie sich eine bestimmte Gegend aus, beziehen Sie dort Stellung und halten Sie nach Fahrern ohne Führerschein Ausschau. Wenn Sie einen Verdacht haben, halten Sie das Fahrzeug an und lassen sich die Papiere zeigen. Verhängen Sie bei Verstößen kein Bußgeld, sondern nehmen Sie den Fahrer in Untersuchungshaft – ohne Ansehen der Person.«
    »Gute Idee!« lobte der Alte Jäger. »Wie das Sprichwort sagt: Ein schlimmes Übel erfordert starke Arznei.«
    »Und erstatten Sie mir persönlich Bericht.«
    »Wird gemacht. Wie der Sohn, so der Vater. Wo wollen Sie mich einsetzen?«
    »Wie wäre es mit dem Bezirk Jing’an? Die Straße können Sie sich aussuchen. Mein Vorschlag wäre, mit der Hengshan Lu anzufangen.«
    »Ach, die Hengshan Lu – ja natürlich!« Der Alte Jäger zwinkerte Chen verschwörerisch zu. »Ich verstehe, Oberinspektor Chen – nein, Direktor Chen.«
    »Es ist eine wichtige Aufgabe«, sagte Chen, ohne eine Miene zu verziehen. »Nur ein erprobter Beamter wie Sie kann sie meistern. Ich möchte Sie daher zu unserm Sonderberater ernennen. Es werden ein paar Polizeibeamte abgestellt, die Ihrem Kommando unterstehen.«
    »Aber nein, Direktor Chen, Sie müssen für mich keinen Posten schaffen. Ich werde auch so mein Bestes tun.«
    »Meiling«, sagte Chen, zur Sekretärin gewandt, »wenn Sie die Bestimmungen über die Aufwandsentschädigung gefunden haben, weisen Sie Berater Yu den entsprechenden Betrag an.«
    »Ich hab sie schon«, sagte Meiling. »Ich kann sofort einen Scheck ausstellen.«
    »Sehr gut. Ich danke Ihnen.«
    »Ich möchte aber lieber ein Freiwilliger sein!« protestierte der Alte Jäger verlegen.
    »Nein. Sie werden bezahlt, und Sie bekommen auch Ihre Leute. Darauf haben Sie Anspruch. Ich möchte nur noch eines betonen: Tun Sie, was von Ihnen erwartet wird, egal, wessen Wagen es ist – mit weißem Nummernschild oder ohne.«
    »Ich habe verstanden, Genosse Direktor Chen.«
    Chen glaubte, sich gegenüber dem Alten Jäger klar genug ausgedrückt zu haben – so klar, wie es in Meilings Gegenwart möglich war.
    Der Alte Jäger sollte – zumindest für einen Tag – in den Stand versetzt werden, jeden festzunehmen, der den weißen Lexus fuhr. Wenn irgend etwas schiefging, war der Alte Jäger nichts weiter als ein

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