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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
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versuchte, nicht an die Tiere zu denken, die in der Finsternis um sich
herumhuschten, weinte sie um Lucian St. James. Er hätte ein so viel besserer
Mensch sein können, wenn sein eifersüchtiger, hinterhältiger Charakter nicht
gewesen wäre. Er war so jung gestorben, und wenn er am Leben geblieben wäre,
hätte er seine Irrtümer vielleicht irgendwann einmal bereuen können.
    Annie war schon eine beträchtliches
Stück weit gekommen, als sie ein Tunnelstück erreichte, das teilweise eingestürzt
war. Das Atmen fiel ihr schwer, es war entsetzlich heiß, und sie begann
allmählich zu fürchten, daß ihre Chancen, Erfolg zu haben, nur sehr gering
waren. In Ermangelung einer besseren Idee räumte sie den Gang so gut wie
möglich und kroch weiter.
    An einigen Stellen lagen die uralten
Mauern aus gestampfter Erde so dicht nebeneinander, daß sie Angst hatte, dazwischen
steckenzubleiben. Mit ihrer lebhaften Phantasie fiel es ihr nicht schwer, sich
vorzustellen, wie ihre Knochen vielleicht ein Jahrhundert später ausgegraben
werden würden ...
    Der Gedanke an ihre Mutter, die
einmal in einem ähnlichen Tunnel aus dem Sultanspalast in Riz entkommen war,
gab Annie die Kraft, ihren beschwerlichen Weg fortzusetzen. Charlotte Trevarren
hatte ihr Abenteuer überlebt, und bei ihrer Tochter würde es nicht anders sein.
    Es war immerhin so etwas wie eine
Familientradition.
    Eine lange Zeit war schon
verstrichen, als Annie mit dem Kopf an etwas Hartes, Solides stieß. Nach einem
unterdrückten Fluch hob sie beide Hände und drückte mit aller Kraft gegen das,
was sie für eine Tür hielt, während sie gleichzeitig ein Stoßgebet zum Himmel
schickte, keinen Trupp Rebellen auf der anderen Seite vorzufinden.
    Etwas Riesiges stürzte in den
Tunnel, und soviel Staub wirbelte um Annie herum auf, daß sie einen Moment
geblendet war. Sie kroch hustend auf das Licht zu, das aus einem hohen Fenster
fiel, und stellte fest, daß sie sich in einem leeren Keller befand. Der
schwere Schrank, den sie umgestürzt hatte, lag zertrümmert vor ihr.
    Sie wartete, schon halb darauf
gefaßt, daß ein feindlicher Posten hereinstürmen und sie gefangennehmen würde,
aber niemand kam. Annie ging zur Tür und preßte horchend das Ohr dagegen,
lauschte auf Stimmen oder Schritte, aber wieder war nicht das geringste zu
vernehmen. Obwohl sie nicht sicher sein konnte, in welchem unterirdischen Teil
der Burg sie sich befand, hoffte sie, in der Nähe der Verliese angelangt zu
sein.
    Es war offensichtlich, als Annie
versuchte, die Außentür zu öffnen, daß diese Kammer seit vielen Jahren nicht
benutzt wurde. Endlich, als sie schon glaubte, ihre gesamte Kraft verbraucht
zu haben, kreischten die Scharniere, und die Tür gab nach.
    Der Gang war dunkel, da er keine
Fenster hatte, und Annie hätte jetzt gern eine Kerze gehabt oder wenigstens ein
Streichholz. Sie ertastete sich ihren Weg an der Wand entlang und zuckte
zusammen, als sich ein Spinnennetz wie ein seidener Umhang um ihre Schultern legte.
Endlich gab es wieder ein schwaches Licht, und sie erkannte, wo sie war. Sie
und Lucian waren hier vorbeigekommen, als sie das Gewölbe erforschten, da war
sie völlig sicher, und die Verliese mußten ganz in der Nähe sein.
    Resolut, aber mit größter Vorsicht
ging Annie weiter. Inzwischen hatte sie ihre Mütze verloren, und ihr Haar fiel
ihr in einem wirren Durcheinander bis auf die Taille. Sie konnte sich nicht
entsinnen, wann sie jemals dringender ein Bad benötigt hätte, wahrscheinlich
nicht einmal während ihrer unrühmlichen Laufbahn als Wildfang.
    Das Geräusch von Stimmen ließ sie
innehalten und den Atem anhalten. Sie hätte auch ihren Herzschlag angehalten,
wenn das möglich gewesen wäre.
    »Wozu sich die Mühe machen, ihn
aufzuhängen?« fragte ein Mann. »Bei seinem Fieber merkt er ohnehin nicht, was
mit ihm geschieht.«
    Annie unterdrückte einen Schrei der
Panik und hielt sich in den Schatten.
    »Es ist eine Frage der Prinzipien«,
antwortete eine andere Männerstimme. »Jemand muß für die Verbrechen der St.
James büßen.«
    »Nun ja«, kam die Antwort, »dann
werden wir sehen, ob er lange genug lebt, um das Schafott zu besteigen.«
    Annie drückte sich flach mit dem
Rücken an die Wand und wartete. Die Männer redeten weiter, die Schatten vertieften
sich, und noch immer war kein Ende des Wartens abzusehen.
    Als die Wachtposten endlich
davonschlenderten, um etwas zu essen, hätte Annie nicht sagen können, wieviel
Zeit vergangen war. Sobald sie jedoch

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