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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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dem Hof hängen, wie ein menschliches
Pendel fast.
    Rafael stockte der Atem vor
Entsetzen. Sein eigener Halt gab nach; er spürte, daß die uralten Steine unter
den Sohlen seiner Stiefel langsam, aber unaufhaltsam nachgaben. Erschreckende
Bilder huschten an seinem inneren Auge vorbei: Er sah das Seil reißen, das
Mädchen in die Tiefe stürzen und auf dem harten Pflaster des Hofs aufschlagen
...
    Danach wurden die Bilder noch
konfuser: Er stand wieder im Palast in Morovia, seine geliebte Georgiana an
seiner Seite, um die lange Schlange von Gästen zu begrüßen, und durchlebte die
Ereignisse jener Nacht vor achtzehn Monaten auf schmerzliche Weise von neuem.
Sein Vater, der letzte Prinz von Bavia, war damals erst einige Wochen tot
gewesen und Rafael nach zwölf Jahren Exil in England eben erst ins Land
zurückgekehrt ...
    Der Fremde näherte sich Rafael, dem
neuen und noch unbekannten Herrscher, und zog, bevor ihn jemand daran hindern
konnte, eine Pistole aus der Tasche seines Fracks, die er auf die Brust des
Prinzen richtete.
    Georgiana mußte gesehen haben, was
geschah, denn sie trat genau im falschen Augenblick dazwischen und fing die
Kugel, die für ihren Mann bestimmt gewesen war, mit ihrem Körper auf.
    Rafael glaubte, den Schuß wieder zu
hören, und schloß für einen Moment die Augen, um die schrecklichen Bilder zu
verdrängen. Dann, als er sich wieder in der Gewalt hatte, schaute er gerade
noch rechtzeitig zum Fenster auf, um mitanzusehen, wie Barrett Annie
hineinzog.
    Eine solch überwältigende
Erleichterung erfaßte Rafael, daß seine Knie nachgaben und er erneut über die
Vorteile eines raschen Tods nachdachte. Falls es ein Leben nach dem Tode gab,
würde er vielleicht Georgiana wiedersehen und Barretts Vater ... Noch mehr
Mauerwerk bröckelte ab und stürzte in die Tiefe; Rafael preßte sich mit aller
Kraft an die Wand und grub die Finger tief in die Mauerritzen.
    »Sie ist jetzt sicher, Sir«, rief
Barrett über das Prasseln des Regens und den aufkommenden Sturm. »Aufgepaßt -
hier kommt das Seil!«
    Es entrollte sich wieder vor ihm,
und Rafael ergriff es mit beiden Händen und klammerte sich mit einer
Verzweiflung daran, die seine vorherigen Todesphantasien Lügen strafte. Das
letzte Stück Wehrgang brach unter ihm zusammen, als er das Seil um seine Taille
knotete, und der rauhe Hanf riß seine Hände auf, als er mit dem Seil in die
Tiefe glitt.
    Geblendet vom Regen, prallte er hart
gegen die Burgmauer und konzentrierte seine gesamte Energie, sein ganzes Sein
darauf, sich festzuhalten. Barrett zog ihn hinauf, entnervend langsam, während
Rafael am Seil baumelte und sich die Hände wundscheuerte, um nicht den Griff zu
lockern.
    Dann, endlich, spürte er Hände, ein
halbes Dutzend, die ihn an Armen, Handgelenken und am Stoff seines Rocks
ergriffen. Sie zogen ihn hinein - Barrett, einer seiner Leutnants, und Lucian,
Rafaels jüngerer Halbbruder.
    Eine ganze Weile blieb Rafael auf
der Brüstung hocken, bis auf die Haut durchnäßt und wund, mit blutenden Händen
und klopfendem Herzen und einem Atem, der wie Feuer in seinen Lungen brannte.
    Barrett jedoch zog ihn ganz
unzeremoniell auf die Beine. »Alles in Ordnung?« fragte er mit aufrichtiger
Besorgnis, denn die Zuneigung, die sie verband, war alt und ging sehr tief.
    Rafael stieß ein ersticktes Lachen
aus und schwankte. Als er sprach, klang es heiser wie ein Fauchen.
    »Wo ist sie?«
    Annie hatte auf der obersten Stufe der
Wendeltreppe des Turms gewartet, zitternd vor Kälte und vor Schock, und den
Himmel angefleht, Rafael zu retten. Sollte sie ihn etwa all diese Jahre geliebt
haben, wenn auch bisher nur aus der Ferne, um letztendlich der Anlaß seines
Todes zu sein?
    Beim Klang seiner Stimme jedoch, die
tief und bedrohlich wie ein sommerliches Gewitter klang, versteiften sie und
ihre Freundin Phaedra sich erschrocken.
    Die Prinzessin ergriff Annies Hand.
»Schnell!« zischte sie und zog ihre Freundin die ausgetretenen Stufen zum Gang
hinunter. »Falls Rafael uns jetzt erwischt, ist nicht auszudenken, wozu er
fähig ist!«
    Annie malte sich einige der
Möglichkeiten aus, und das brachte die Kraft in ihre Knie zurück; ungehindert
von langen Röcken wie ihre Freundin Phaedra, stürzte sie an ihr vorbei über
den Gang. In ihrer Aufregung stolperte sie jedoch über einen Teppichrand und
stürzte.
    Bevor sie sich wieder erheben
konnte, fühlte sie sich von zwei harten Männerhänden hochgezogen und schaute
auf in das wütende Gesicht des

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