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Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Quadriga: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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zwischen
Zigarettenstummeln, Ziegelsplittern, Schotter, Unkraut und Kronenkorken liegen.
Das Titelbild war gut sichtbar. Es zeigte Ranieri, wie er einem Reporter mit der
Faust ins Gesicht schlug.

Vierzehn
     
    Ranieri saß in einem Vaporetto der
Linie 52; am Heck in dem engen, nicht verglasten Teil des Bootes, dort, wo einem
Fahrtwind, Gischt und der Dieselgeruch des Schiffsmotors umgaben. Sein Haar war
zerrauft, seine Gedanken verwirrt. Warum hatte ihn der Vicequestore Knall auf Fall
vom Dienst suspendiert? Wegen der kleinen Streiterei gestern Abend in der Gelateria?
Lächerlich! Das konnte nicht die wahre Ursache sein. Irgendwer in der Questura hatte
da gegen ihn intrigiert. Und als er so nachdachte, wurde ihm bewusst, dass er eigentlich
keine Freunde hatte. Seit Vizequestore Mastrantonio Lupino gefeuert hatte, war er
allein auf weiter Flur. Keine Freunde, viele Feinde. Seine Lust zu spotten, seine
Einzelgänge bei Ermittlungen und natürlich auch seine Erfolge hatten ihn nicht unbedingt
in den Reihen seiner Kolleginnen und Kollegen beliebt gemacht. Jetzt hatten sie
ihm ein Bein gestellt. Er mochte sie alle nicht. Und plötzlich war er froh, dass
er diese Gesichter eine Zeit lang nicht mehr sehen musste. Ohrfeigen könnte er sie:
Signora Orsetto, die fette Sekretärin, die wie eine Kröte im Vorzimmer Mastrantonios
saß und diesem tausend giftige Ratschläge gab. Oder seine Kollegin Silvana Viti,
die ihm seinen Instinkt und seine Intuition neidete und die den Vicequestore mit
ihren langen Beinen, die sie gern in unverschämten Minis zur Schau stellte, verwirrte.
Oder seinen Assistenten Enrico Botterolli, der ganz verrückt danach war, endlich
einmal zwischen diesen verdammt langen Beinen landen zu dürfen. »Puttanella [14] «, knurrte Ranieri, als ihm ein
paar Tropfen Gischt ins Gesicht spritzten. Tadelnd sah ihn eine ältere neben ihm
sitzende Frau an. Er murmelte ein beschämtes »Scusi« und ballte dabei die Faust.
Am liebsten würde er Silvana ihren wohlgeformten Hintern versohlen. Und er erinnerte
sich, wie sich dieser Hintern vor einer Stunde aufreizend gedreht und gewendet hatte:
im Büro des Vicequestore, als der Spezialermittler aus dem Innenministerium in Rom
mit den ›Venedig-Ripper‹-Ermittlungen betraut worden war. Ein junger, strubbelig
pomadisierter Schnösel in Armani. Der hatte Silvanas Hintern zum Rotieren gebracht.
Aufgeregt war sie mit ihren Stilettos auf und ab stolziert. Und Mastrantonio, der
alte Trottel, war auch ganz hin und weg gewesen. Ausnahmsweise hatte er Ranieri
nicht angebrüllt, sondern nur gedankenverloren vor sich hin gebrabbelt, dass er
vorläufig vom Dienst suspendiert sei, Waffe und Ausweis abgeben und sich zur Verfügung
halten solle. Dies sei nur zu seinem Besten. Bis man die unappetitliche Affäre vergessen
hatte. Was für eine unappetitliche Affäre? Nur weil er ein paar Skandaljournalisten
öffentlich die Meinung gesagt hatte? Lächerlich! Jetzt leitete der Armani-Schnösel
den Fall. Strubbelköpfig, mandeläugig und sanft. Das würde ein Fiasko werden. Ranieri
lachte bitter. Wieder sah ihn die ältere Dame zweifelnd an. Dann schüttelte sie
missbilligend den Kopf, stand auf und verschwand ins Innere des Vaporettos. Ranieri
wäre am liebsten aufgesprungen und hätte ihr nachgeschrien: »Ich bin nicht verrückt!
Ich bin nur vom Dienst suspendiert!«
    Er beherrschte
sich aber und blieb ruhig sitzen. Die Augen geschlossen, atmete er tief durch.
    Später,
als er die Augen wieder öffnete, sah er in der Ferne San Giorgio Maggiore und dahinter
Santa Maria della Salute. Ein Sonnenstrahl durchbrach die Regenwolken und tauchte
die ferne Stadt in eine kitschig gelbe Lichtaura, die einem Heiligenschein glich.
Ranieri musste lachen. Venedig mit Heiligenschein. Ein Witz.
    Rumpelnd
legte das Vaporetto am Lido an. Ranieri schreckte aus seinen Gedanken hoch und stieg
aus. Zielstrebig steuerte er auf die Gran Viale Santa Maria Elisabetta zu, die Richtung
Meer führte. Er hatte Sehnsucht nach endloser Weite, nach grauen wogenden Wassermassen
und salziger Meeresluft. Er würde den Tag heute am Lido verbringen. Und abends dann
wie nach einem normalen Arbeitstag nach Hause kommen. Seiner Frau würde er vorläufig
nichts erzählen, da sie sich ständig Sorgen über tausend Kleinigkeiten machte. Zuvor
wollte er sich jedoch noch einen Caffè corretto gönnen. Deshalb kehrte er in ein
Caffè ein, dessen Besitzer er ganz gut kannte. Er wurde herzlich begrüßt. Der heiße,
alkoholhaltige Kaffee

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