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Qual (German Edition)

Qual (German Edition)

Titel: Qual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King , Richard Bachman
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blutender Nase – aber immer noch trockenen Auges und mit fest zusammengepressten Lippen –, da wurde er zu einer Hetton-House-Legende.
    Mit Rechnen war er durch. Während des Oktobers und des größten Teils des Novembers ging er statt in Raum 7 in Raum 19, den Arbeitsraum. Blaze war das nur recht. Es dauerte zwei Wochen, bis er wieder einigermaßen bequem auf dem Rücken liegen konnte, und auch das war in Ordnung.
    An einem Tag Ende November wurde er noch einmal in Rektor Coslaws Büro zitiert. Vor der Tafel saßen ein Mann und eine Frau mittleren Alters. Für Blaze sahen sie trocken aus. Als wären sie wie Blätter mit dem späten Herbstwind hereingeweht worden.
    Der Richter saß hinter seinem Schreibtisch. Sein Bowlinghemd war nicht zu sehen. Es war kalt in dem Raum, weil das Fenster geöffnet worden war, um die helle, schwache Novembersonne hereinzulassen. Abgesehen davon, dass er ein Bowling-Narr war, war der Richter auch noch ein Frischluftfanatiker. Dem Pärchen schien es nichts auszumachen. Der trockene Mann trug eine graue Anzugjacke mit Schulterpolstern und eine schmale Krawatte. Die trockene Frau trug eine karierte Jacke und darunter eine weiße Bluse. Beide hatten derbe Hände, überzogen mit einem Geflecht aus hervorstehenden Adern. Seine Hände waren schwielig. Ihre waren rissig und rot.
    »Mr. und Mrs. Bowie, das ist der Junge, von dem ich gesprochen habe. Nimm deine Mütze ab, Blaisdell.«
    Blaze zog seine Red-Sox-Mütze ab.
    Mr. Bowie sah ihn kritisch an. »Er ist ein kräftiger Bursche. Erst elf, sagen Sie?«
    »Nächsten Monat zwölf. Er wird Ihnen eine gute Hilfe sein.«
    »Er hat doch nichts, oder?«, fragte Mrs. Bowie. Ihre Stimme war hoch und durchdringend. Es hörte sich komisch an, wie es aus dieser kolossalen Brust hervorkam, die unter ihrer karierten Jacke anschwoll wie eine lange Brandungswelle am Higgins Beach. »Keine Tbc oder irgendwas? «
    »Er ist untersucht worden«, sagte Coslaw. »Unsere Jungs werden alle regelmäßig untersucht. Das verlangt der Staat so.«
    »Kann er Holz hacken? Das muss ich wissen«, sagte Mr. Bowie. Er hatte ein schmales, verhärmtes Gesicht, das Gesicht eines Fernsehpredigers.
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Coslaw. »Ich bin überzeugt, dass er für schwere Arbeit gut zu gebrauchen ist. Schwere körperliche Arbeit, meine ich. Er ist schlecht im Rechnen.«
    Mrs. Bowie lächelte. Nur Lippen, keine Zähne. »Fürs Kopfrechnen bin ich zuständig.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Hubert?«
    Bowie überlegte, nickte dann. »Okee.«
    »Geh bitte hinaus, Blaisdell«, sagte der Richter. »Wir unterhalten uns später noch.«
    Und so wurde Blaze ein Mündel der Bowies, ohne je selbst auch nur ein einziges Wort gesagt zu haben.
     
    »Ich will nicht, dass du gehst«, sagte John. Er saß auf dem Bett neben dem von Blaze und schaute zu, wie Blaze seine Habseligkeiten in eine Reisetasche packte. Das meiste war, genau wie die Reisetasche, vom Hetton House zur Verfügung gestellt.
    »Tut mir leid«, sagte Blaze, aber das stimmte gar nicht, oder doch zumindest nicht ganz – er wünschte nur, Johnny könnte mitkommen.
    »Die werden anfangen, auf mich einzudreschen, sobald du die Straße runter bist. Alle werden das tun.« Johns Augen zuckten wie wild hin und her, und er quetschte an einem frischen Pickel auf seiner Nase herum.
    »Nein, werden sie nicht.«
    »Werden sie wohl, das weißt du ganz genau.«
    Blaze wusste es. Und er wusste auch, dass er nichts dagegen tun konnte. »Ich muss los. Ich bin noch minderjährig.« Er lächelte John an. »Miner, forty-niner, dreadful sorry, Clementine. «
    Gemessen an Blazes gewöhnlichen Scherzen war dies ein nahezu geistreicher Witz, doch John lächelte nicht einmal. Er streckte eine Hand aus und umklammerte Blazes Arm, gerade so, als wollte er sich seine Struktur und Beschaffenheit für immer einprägen. »Du wirst nicht mehr zurückkommen. «
    Aber genau das tat Blaze.
     
    Die Bowies holten ihn in einem alten Ford Pick-up ab, der vor Jahren in einem grotesken, von Nasen überzogenen Weiß lackiert worden war. Im Führerhaus war genug Platz für drei, aber Blaze fuhr auf der Ladefläche. Es machte ihm nichts aus. Der Anblick des in der Ferne zuerst kleiner werdenden, dann gänzlich verschwindenden HH erfüllte ihn mit Freude.
    Sie lebten in einem riesigen, baufälligen Bauernhaus in Cumberland, das auf der einen Seite an Falmouth grenzte
und auf der anderen an Yarmouth. Das Haus lag an einer unbefestigten Straße und war mit

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