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Qual (German Edition)

Qual (German Edition)

Titel: Qual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King , Richard Bachman
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tausend Schichten Staub bedeckt. Es war nicht gestrichen. Davor stand ein Schild mit der Aufschrift BOWIE’S COLLIES. Links vom Haus befand sich ein großer Hundezwinger, in dem achtundzwanzig Collies ständig umherliefen und kläfften. Einige hatten die Räude. Sie verloren an großen Stellen das Fell, wodurch die empfindliche rosa Haut darunter für das wenige in dieser Jahreszeit noch verbliebene Ungeziefer freigelegt wurde. Rechts vom Haus lag das mit Unkraut bewachsene Weideland. Dahinter eine gigantische alte Scheune, in der die Bowies Kühe hielten. Das Haus stand auf vierzig Morgen Land. Das meiste davon wurde für Heu genutzt, aber auf ungefähr sieben Morgen befand sich ein dichter Mischwald.
    Als sie ankamen, sprang Blaze mit seiner Reisetasche in der Hand von der Ladefläche. Bowie nahm sie ihm ab. »Die werd ich für dich verstauen. Du willst jetzt Holz hacken. «
    Blaze blinzelte ihn an.
    Bowie deutete auf die Scheune. Eine Reihe mit dem Haus im Zickzack verbundener Schuppen bildete etwas, das fast an einen Vorhof erinnerte. Vor einer Schuppenwand ein Stapel Holz. Manche Ahorn, andere einfache Kiefer, und das Harz sammelte sich in Blasen auf der Rinde. Vor dem Holzstoß stand ein alter, schartiger Hackklotz mit einer darin versenkten Axt.
    »Du willst jetzt Holz hacken«, sagte Hubert Bowie wieder.
    »Oh«, sagte Blaze. Es war das erste Wort, das er zu einem von ihnen sagte.
    Die Bowies beobachteten, wie er zum Hackklotz hinüberging und die Axt herausholte. Er sah sie an, stand dann im Staub neben dem Klotz. Die Hunde rannten herum und kläfften unablässig. Die kleinsten Collies am schrillsten.
    »Und?«, fragte Bowie.
    »Sir, ich hab noch nie Holz gehackt.«
    Bowie ließ die Reisetasche in den Staub fallen. Er kam herüber und legte ein großes Stück Ahorn auf den Hackklotz. Er spuckte in eine Handfläche, klatschte in die Hände und ergriff die Axt. Blaze schaute aufmerksam zu. Bowie ließ die Klinge herabsausen. Das Stück Holz zerfiel in zwei Teile.
    »Da«, sagte er. »Jetzt sind sie ofengerecht.« Er hielt die Axt hin. »Jetzt du.«
    Blaze klemmte sie zwischen die Beine, spuckte auf eine Handfläche und schlug die Hände zusammen. Er wollte schon die Axt heben, erinnerte sich dann aber, dass er noch kein Stück Holz auf den Klotz gelegt hatte. Er holte dies nun nach, hob die Axt und ließ sie herabsausen. Sein Stück zerteilte sich in zwei beinahe mit Bowies Ofengerechten identische Stücke. Blaze war begeistert. Und im nächsten Augenblick lag er der Länge nach im Dreck, sein rechtes Ohr klingelte von dem Rückhandschlag, den Bowie ihm mit einer seiner trockenen, von Arbeit gehärteten Hände verpasst hatte.
    »Wofür war das?«, fragte Blaze und schaute auf.
    »Für nicht zu wissen, wie man Holz hackt«, sagte Bowie. »Und bevor du sagst, es ist nicht deine Schuld, Junge – meine ist es auch nicht. Und jetzt willst du Holz hacken.«
     
    Sein Zimmer war wie eine winzige, nachträgliche Idee in der zweiten Etage des weitläufigen Bauernhauses. Es gab ein Bett
und eine Kommode, sonst nichts. Es gab ein Fenster. Alles, was man durch die Scheiben erblickte, sah gewellt und verzerrt aus. Nachts war es kalt in diesem Zimmer, morgens noch kälter. Die Kälte störte Blaze nicht, aber ihn störten sehr wohl die Bowies. Die störten ihn mehr und mehr. Aus Belästigung wurde Abneigung, und aus Abneigung schließlich Hass. Der Hass wuchs langsam. Für ihn war das der einzige Weg. Der Hass wuchs in seinem eigenen Tempo, und er wuchs vollkommen, und er brachte rote Blüten hervor. Es war ein Hass der Art, wie ihn kein intelligenter Mensch jemals erlebt. Er entwickelte ein Eigenleben. Er war unverwässert von jeglicher Überlegung.
    In diesem Herbst und Winter hackte er eine Menge Holz. Bowie versuchte ihm beizubringen, wie man mit der Hand melkte, aber Blaze konnte es einfach nicht. Er hatte, was Bowie harte Hände nannte. Gleichgültig, wie behutsam auch immer er seine Finger um die Zitzen der Kühe zu legen versuchte, wurden sie doch sofort unruhig. Und dann kehrte ihre Nervosität zu ihm zurück und schloss damit den Kreis. Der Milchfluss reduzierte sich auf ein Rinnsal, hörte dann ganz auf. Dafür bekam er von Bowie niemals eine Ohrfeige oder einen Schlag auf den Hinterkopf. Er wollte keine Melkmaschinen anschaffen, er glaubte nicht an Melkmaschinen, sagte, diese Dinger laugten Kühe in ihrer besten Zeit aus, gestand aber zu, dass Melken eine Begabung war. Und weil dies so war, konnte man jemanden

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