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Qual (German Edition)

Qual (German Edition)

Titel: Qual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King , Richard Bachman
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Bowling wie im Leben kämen die Strikes von ganz allein, wenn jemand Spares spielte. Er hatte einen kräftigen rechten Arm von all diesen Strikes und Spares, und wenn er jemandem eine Tracht Prügel mit dem Paddel verpasste, dann tat es ordentlich weh. Er war dafür bekannt, sich die Zunge zwischen die Zähne zu klemmen, wenn er bei einem Jungen mit besonders schlechtem Benehmen das Paddel einsetzte. Manchmal biss er so fest zu, dass es anfing zu bluten, und eine Zeit lang gab es einen Jungen im Hetton House, der ihn nicht nur der Richter, sondern manchmal auch »Graf Dracula« nannte. Aber dann schaffte es dieser Junge, und sie sahen ihn nie wieder. »Es schaffen« nannten sie es, wenn jemand in einer Familie untergebracht wurde und es dort aushielt, vielleicht sogar adoptiert wurde.
    Martin Coslaw war bei allen Jungs im Hetton House verhasst und gefürchtet, aber niemand hasste und fürchtete ihn mehr als Blaze. Blaze war sehr schlecht im Rechnen. Er hatte es geschafft, den Dreh wieder herauszubekommen, wie man
zwei Äpfel plus drei Äpfel addierte, wenn auch nur mit größter Mühe, aber ein Viertel eines Apfels plus eine Hälfte eines Apfels ging für immer über seinen Verstand. Für ihn gab es Äpfel immer nur in Bissen.
    Es war während des Unterrichts in den vier Grundrechenarten, dass Blaze mithilfe seines Freundes John Cheltzman seine erste krumme Tour abzog. John war dünn, hässlich, schlaksig und voller Hass. Der Hass zeigte sich bei ihm nur selten. Meistens hielt er ihn verborgen hinter seiner mit Klebeband geflickten Brille und dem idiotischen, flegelhaften Gackern, in das er sehr häufig ausbrach. Er war die ideale Zielscheibe für die älteren, stärkeren Jungs. Sie schubsten ihn reichlich herum. Sein Gesicht wurde oft in den Dreck gerieben (Frühjahr und Herbst) oder im Schnee gewaschen (Winter). Seine Hemden waren oft zerrissen. Nur selten schaffte er es aus der Gemeinschaftsdusche, ohne vorher mit ein paar nassen Handtüchern Schläge auf den Hintern zu bekommen. Ständig wischte er sich Dreck oder Schnee aus dem Gesicht, stopfte einen zerrissenen Hemdzipfel in die Hose oder stieß sein wieherndes Gackern aus, wenn er sich die feuerroten Arschbacken rieb, und der Hass war praktisch nie zu sehen. Auch nicht seine Intelligenz. Er war gut im Unterricht – ziemlich gut, er konnte nichts dafür –, aber alles besser als ein B war auch bei ihm eine Seltenheit. Und auch gar nicht willkommen. Im Hetton House stand ein A für Arschloch. Ganz zu schweigen von Arschtreten.
    Blaze wuchs allmählich zu seiner späteren Größe heran. Er hatte sie noch nicht erreicht, nicht mit elf oder zwölf, aber er entwickelte sich unaufhaltsam in diese Richtung. Er war schon so groß und kräftig wie einige der großen Jungs. Aber
er beteiligte sich nicht an den Schulhofschlägereien oder dem Handtuchklatschen. Eines Tages kam John Cheltzman zu ihm, als Blaze neben dem Zaun am hinteren Ende des Schulhofs stand und nichts anderes tat, als zu beobachten, wie die Krähen in den Bäumen landeten und wieder fortflogen. Er schlug Blaze ein Geschäft vor.
    »Du kriegst in diesem Halbjahr wieder den Richter in Mathe«, sagte John. »Die Bruchrechnung geht weiter.«
    »Ich hasse Bruchrechnen«, sagte Blaze.
    »Ich werde die Hausaufgaben für dich machen, wenn du verhinderst, dass sich diese Trottel weiter auf mich einschießen. Ich werde sie nicht so gut machen, dass er misstrauisch wird und du auffliegst, aber sie werden gut genug sein, dass du klarkommst.« In der Ecke stehen zu müssen war nicht so schlimm wie die Tracht Prügel, aber trotzdem schlimm genug. Man musste mit dem Gesicht zur Wand in einer Ecke von Raum 7 stehen und durfte dabei nicht auf die Uhr sehen.
    Blaze dachte über John Cheltzmans Idee nach, dann schüttelte er den Kopf. Er war dumm, aber kein Idiot. »Er wird’s merken. Ich werde drangenommen, um vorzurechnen, und dann kriegt er es raus.«
    »Du siehst dich dann einfach im Raum um, als würdest du nachdenken«, sagte John. »Ich kümmere mich um dich.«
    Und das tat John dann auch. Er schrieb die Antworten zu den Hausaufgaben auf, und Blaze schrieb sie in seiner eigenen Schrift ab, in Zahlen, die versuchten, wie die Zahlen der Palmer-Methode über der Tafel auszusehen, aber es doch nie schafften. Manchmal rief der Richter ihn auf, und dann stand Blaze auf und schaute in der Gegend herum, schaute überallhin, nur nicht zu Martin Coslaw, und das war schon
in Ordnung, denn so verhielt sich fast jeder, wenn

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