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Qual (German Edition)

Qual (German Edition)

Titel: Qual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King , Richard Bachman
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weil er mit einem der Smarties aufgewachsen war, einem vorzeitig ergrauten Mafioso namens Billy O’Shea mit Froschaugen und bläulichen Lippen. Billy O’Shea nannte George wegen seiner rauen Stimme Raspy, oder manchmal auch einfach nur Rasp.
    Blaze war mit George auf zwei dieser hochkarätigen Zockerabende gewesen und konnte kaum fassen, was für ein Haufen Geld da auf dem Tisch lag. Das eine Mal hatte George fünftausend Dollar gewonnen, das andere Mal hatte er zweitausend verloren. Aufgrund der Tatsache, dass das Oakwood in der Nähe des Gerard-Anwesens lag, hatte George überhaupt erst über das Geld der Gerards und den kleinen Gerard-Erben nachgedacht.
    Der Besucherparkplatz war finster und verlassen. Geräumter Schnee glitzerte im Licht einer einzelnen Natriumdampflampe. Der Schnee lag hoch aufgetürmt an dem Maschendrahtzaun,
der den Parkplatz von den rund sechzehntausend Quadratmetern verlassener Parklandschaft auf der anderen Seite trennte.
    Blaze stieg aus dem Ford, öffnete die hintere Tür und zog seine Leiter heraus. Er handelte jetzt, und das war besser. Wenn er in Bewegung war, waren seine Zweifel vergessen.
    Er warf die Leiter über den Maschendrahtzaun. Sie landete lautlos auf einer Daunendecke aus Schnee. Er kletterte hinterher, blieb mit der Hose an einem herausragenden Stück Draht hängen und stürzte mit dem Kopf voran in den Schnee, der knapp einen Meter tief war. Es war fantastisch, berauschend. Einen Moment lang strampelte er wie wild um sich und machte beim Aufstehen unbeabsichtigt einen Schneeengel.
    Er hakte einen Arm in seine Leiter und stapfte Richtung Hauptstraße. Er wollte gegenüber dem Haus der Gerards rauskommen, und darauf konzentrierte er sich nun. Er dachte nicht an die Spuren, die er hinterließ – an das unverwechselbare Waffelprofil seiner Army-Stiefel. George hätte vielleicht daran gedacht, aber George war nicht da.
    An der Straße verharrte er kurz, schaute in beide Richtungen. Alles frei. Auf der gegenüberliegenden Seite stand eine Hecke mit Schneehaube zwischen ihm und dem dunklen Haus.
    Er lief über die Straße, beugte sich vor und zog den Kopf ein, als würde ihn das unsichtbar machen, und wuchtete die Leiter über die Hecke. Er war drauf und dran, sich durch das Gesträuch zu kämpfen, sich einfach einen Weg zu bahnen, als ein Licht – die nächste Straßenlaterne oder vielleicht auch nur Sternenschein – einen silbrigen Schimmer durch die kahlen
Äste zog. Er kniff die Augen zusammen, schaute genauer hin und spürte, wie ihm das Herz bis zum Hals schlug.
    Es war ein Draht, der an schlanken Metallpfosten befestigt war. Etwa auf drei Viertel der Gesamthöhe jedes Pfostens verlief dieser Draht durch einen Porzellanisolator. Also ein Draht, der unter Strom stand, genau wie auf der Kuhweide der Bowies. Wer damit in Berührung kam, würde wahrscheinlich so dermaßen einen gewischt bekommen, dass er sich in die Hose pinkelte, und gleichzeitig ging irgendwo der Alarm los. Der Chauffeur oder der Butler oder irgendwer würde die Cops verständigen, und das war’s dann. Schluss, aus und vorbei.
    »George?«, flüsterte er.
    Irgendwo – ein Stück die Straße hinauf? – flüsterte eine Stimme: »Spring einfach rüber.«
    Er trat einige Schritte zurück – auf der Straße kam immer noch nichts, weder in der einen noch in der anderen Richtung – und rannte auf die Hecke zu. Eine Sekunde bevor er sie erreichte, beugten sich seine Knie, und seine Beine katapultierten ihn anschließend in einem unbeholfenen, schlingernden Satz in die Höhe. Er flog durch den oberen Teil der Hecke und landete, alle viere von sich gestreckt, neben seiner Leiter im Schnee. Sein Bein, leicht zerkratzt vom Maschendrahtzaun, hinterließ Tröpfchen der seltenen Blutgruppe AB-negativ, sowohl auf dem Schnee als auch auf mehreren Ästen der Hecke.
    Blaze wuchtete sich hoch und versuchte sich zu orientieren. Das Haus lag knapp hundert Meter entfernt. Dahinter befand sich ein kleineres Gebäude. Eine Garage vielleicht oder ein Gästehaus. Vielleicht sogar die Unterkunft der Hausangestellten.
Dazwischen ein weites Schneefeld. Falls noch jemand wach war, würde er dort leicht bemerkt werden können. Blaze zuckte die Achseln. Falls das so war, dann war’s eben so. Es gab wirklich nichts, was er dagegen tun könnte.
    Er schnappte sich die Leiter und trottete auf den schützenden Schatten des Hauses zu. Als er dort ankam, kauerte er sich nieder, versuchte, wieder zu Atem zu kommen, und suchte nach

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