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Qual (German Edition)

Qual (German Edition)

Titel: Qual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King , Richard Bachman
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die Heizung summen hören. Es war unheimlich.
    Er drückte die nächste Tür auf und schaute in einen Raum mit einem Schreibtisch in der Mitte und Büchern an den Wänden
– Borde über Borde voller Bücher. Auf dem Schreibtisch stand eine Schreibmaschine, und ein Stoß Papiere wurde von einem schwarzen, gläsern aussehenden Brocken beschwert. An der Wand hing ein Porträt. Blaze konnte einen Mann mit weißem Haar und missbilligender Miene erkennen, die zu sagen schien: du Dieb . Er schloss die Tür und ging weiter.
    Die nächste Tür führte in ein leeres Schlafzimmer mit einem Himmelbett. Die Tagesdecke sah so straff gespannt aus, dass man Münzen darauf hüpfen lassen könnte.
    Er ging weiter, spürte, wie ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. Meistens registrierte er das Verstreichen der Zeit nicht, jetzt aber sehr wohl. Wie lange war er schon in diesem reichen und schlafenden Haus? Fünfzehn Minuten? Zwanzig?
    Der dritte Raum war von einem weiteren schlafenden Paar belegt. Die Frau stöhnte im Schlaf, und Blaze schloss schnell wieder die Tür.
    Er ging um die Ecke. Was, wenn er nach oben gehen müsste, in den zweiten Stock? Die Vorstellung erfüllte ihn mit der gleichen panischen Angst, die er aus seinen seltenen Albträumen kannte (die normalerweise um das Hetton House oder die Bowies kreisten). Was würde er sagen, wenn das Licht jetzt, in diesem Augenblick, anginge und er erwischt würde? Was könnte er sagen? Dass er eingestiegen wäre, um das Silber zu stehlen? Es gab kein Silber im ersten Stock, das wusste selbst ein Dummkopf wie er.
    Auf der kurzen Seite des Flurs befand sich nur eine Tür. Er öffnete sie und sah ins Babyzimmer.
    Mit großen Augen stand er da und starrte einen langen Moment hinein, konnte es kaum glauben, dass er so weit gekommen
war. Es war kein Hirngespinst. Er konnte es machen. Der Gedanke weckte in ihm den Wunsch wegzulaufen.
    Das Kinderbett war fast das gleiche wie jenes, das er gekauft hatte. An den Zimmerwänden Disney-Figuren. Es gab einen Wickeltisch, ein Regal voller Cremes und Salben und eine kleine Babykommode, gestrichen in einer kräftigen Farbe. Vielleicht rot, vielleicht auch blau. Blaze konnte das im Dunkeln nicht erkennen. In dem Bettchen lag ein Baby.
    Es war seine letzte Chance abzuhauen, und das wusste er auch ganz genau. Bis jetzt könnte er vielleicht noch genauso unerkannt wieder verschwinden, wie er gekommen war. Sie würden niemals erraten, was beinahe passiert wäre. Aber er würde es wissen. Vielleicht würde er hineingehen und eine seiner großen Hände auf die winzige Stirn des Babys legen und dann gehen. Ihm kam plötzlich ein Bild von sich selbst in zwanzig Jahren in den Kopf, wie er den Namen von Joseph Gerard IV. in den Gesellschaftsspalten der Zeitung las, die George immer »Neuigkeiten über reiche Schlampen und wiehernde Pferde« nannte. Da würde das Foto eines jungen Mannes in Smokingjacke neben einem jungen Mädchen in weißem Kleid zu sehen sein. Das junge Mädchen würde einen Blumenstrauß in Händen halten. In dem begleitenden Artikel würde stehen, wo sie geheiratet hatten und wohin sie in die Flitterwochen reisen würden. Er würde dieses Bild ansehen und denken: O Kumpel. O Kumpel, du hast ja keine Ahnung.
    Aber als er dann hineinging, da wusste er, es war für immer.
    So läuft’s eben bei uns, George, dachte er.
    Das Baby schlief auf dem Bauch, hatte den Kopf auf eine Seite gedreht. Eine kleine Hand unter seiner Wange. Sein Atmen versetzte die Decken über ihm in ein sich ständig wiederholendes leichtes Auf und Ab. Sein Schädel war gerade mal mit einem Haarflaum bedeckt. Ein roter Beißring lag neben ihm auf dem Kopfkissen.
    Blaze griff nach ihm, wich dann aber zurück.
    Was, wenn es weinte?
    Im gleichen Augenblick entdeckte er etwas, das ihm das Herz bis zum Hals schlagen ließ. Es war eine kleine Gegensprechanlage. Das Gegenstück würde sich im Zimmer der Mutter oder des Babysitters befinden. Wenn das Baby weinte …
    Behutsam, ganz behutsam streckte Blaze eine Hand aus und drückte auf den Knopf zum Ein- und Ausschalten. Das rote Lämpchen darüber erlosch. Und während es erlosch, fragte er sich, ob es vielleicht einen Summton gab oder irgendwas, das losging, wenn das Babyfon ausgeschaltet wurde. Als Warnsignal.
    Achtung, Mutter. Achtung, Babysitter. Das Babyfon tut’s nicht mehr, weil ein großer dummer Kidnapper es eben ausgeschaltet hat. Es ist ein dummer Kidnapper im Haus. Kommt und seht selbst. Und vergesst nicht, die

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