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Qual (German Edition)

Qual (German Edition)

Titel: Qual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King , Richard Bachman
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Sprecher in ernstem Tonfall, »und es gibt mindestens eine neue Entwicklung in diesem tragischen Fall.«
    Blaze spitzte die Ohren.
    »Aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen war zu erfahren, dass die Post in Portland gestern Abend eine mögliche Lösegeldforderung erhalten und den Brief unverzüglich per Kurier zum Haus der Gerards zugestellt hat. Weder die örtliche Polizei noch Albert Sterling, leitender Agent des Federal Bureau of Investigation, waren bereit, diese Meldung zu kommentieren.«
    Blaze beachtete das alles nicht weiter. Die Gerards hatten seinen Brief erhalten, und das war gut. Nächstes Mal würde er sie anrufen müssen. Er hatte sowieso nicht daran gedacht, Zeitungen oder Umschläge oder irgendwas zum Kleben mitzunehmen. Telefonieren ging auch schneller.
    »Und jetzt das Wetter. Das Tiefdruckgebiet über dem Norden des Bundesstaates New York wird in östlicher Richtung weiterziehen und den Neuenglandstaaten den schwersten Schneesturm des Jahres bringen. Der nationale Wetterdienst hat allgemeine Sturmwarnungen herausgegeben, und die ersten Schneefälle könnten bereits heute Mittag einsetzen.«
    Blaze bog auf die Route 136 ab, fuhr dann zwei Meilen später auf die Stinkpine Road. Als er an dem jetzt zugefrorenen Teich vorbeikam, an dem er und Johnny die Biber beim Bau ihres Dammes beobachtet hatten, überkam ihn ein verträumtes und sehr intensives Déjà-vu-Gefühl. Dort war das verlassene Farmhaus, in das Blaze und Johnny und so ein italienisch aussehender Junge mal eingebrochen waren. In einem Schrank hatten sie einen ganzen Stapel Schuhkartons gefunden. In einem der Kartons waren schmutzige Bilder gewesen – Männer und Frauen, die alles Mögliche machten, Frauen und Frauen, sogar eines von einer Frau und einem Pferd oder Esel –, und sie hatten sie sich den ganzen Nachmittag angesehen, wobei ihre Gefühle von Erstaunen über Lust zu Ekel wechselten. Blaze konnte sich nicht mehr erinnern, wie der italienisch aussehende Junge geheißen hatte, nur dass alle ihn »Toe-Jam« nannten.
    An der Weggabelung eine Meile weiter hielt Blaze sich rechts und bog auf einen mit Schlaglöchern übersäten Weg ein, der nur nachlässig und in einem schmalen Streifen geräumt worden und danach wieder zugeweht war. Eine Viertelmeile weiter, hinter einer Kurve, die von den Jungs »Sweet Baby Turn« genannt worden war (in den Tiefen der Vergangenheit hatte Blaze einmal gewusst, warum, aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern), traf er auf eine Kette, die quer über den Weg gespannt worden war. Blaze stieg aus, ging hinüber und zog das verrostete Vorhängeschloss mit einem sanften Ruck von seinem Schließband. Er war schon einmal hier gewesen, und damals hatte er ein halbes Dutzend Mal fest reißen müssen, um den altersschwachen Schlossmechanismus zu knacken.
    Jetzt legte er die Kette auf den Boden und untersuchte den Weg dahinter. Seit dem letzten Sturm war der Schnee nicht mehr geräumt worden, aber er glaubte, der Mustang würde es schon schaffen, wenn er zuerst ein Stück zurücksetzte und ein wenig Anlauf nahm. Später konnte er zurückkommen und die Kette wieder über den Weg spannen; es wäre nicht das erste Mal. Dieser Ort zog ihn magisch an.
    Und das Beste von allem? Schnee lag in der Luft, und der Schnee würde seine Spuren verdecken.
    Er ließ sich in den Schalensitz des Mustangs fallen, schaltete in den Rückwärtsgang und setzte gut sechzig Meter zurück. Dann drückte er den Gangwähler bis ganz runter in den niedrigsten Bereich und trat das Gaspedal durch. Der Mustang machte seinem Namen alle Ehre und brauste los. Die Maschine knurrte, und die Nadel des Drehzahlmessers, den der Besitzer zusätzlich eingebaut hatte, hing voll im roten Bereich, also stieß Blaze den Schalthebel mit der Handkante in die D-Stellung, überlegte sich, er könnte ja wieder runterschalten, falls sein kleines gestohlenes Pony Probleme kriegen sollte.
    Er stieß in den Schnee. Der Mustang versuchte auszubrechen, doch Blaze steuerte gegen und brachte seine hübsche kleine Schnauze wieder herum. Er fuhr wie ein Mann in einer Erinnerung, die halb Traum ist, und verließ sich darauf, dass dieser Traum ihn vor den verborgenen Gräben links und rechts bewahrte, in denen der Mustang mit Sicherheit stecken bleiben würde. Schnee flog auf beiden Seiten des beschleunigenden Wagens in breit gefächerten, hohen Fontänen durch die Luft. Krähen erhoben sich von abgestorbenen
Krüppelkiefern und taumelten in den weißen Schaum

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