Qual
ihre Abkömmlinge
An… ich weiß nicht wen zurückgeben, denn Newton und Leibniz
Starben kinderlos.«
Ich lachte. Mosala erwiderte sachlich: »Sie haben keine Ahnung, wie es war, diese eine vernünftige Stimme zu hören, die all den Lärm übertönte. Die anti-wissenschaftliche, traditionalistische Gegenreaktion erreichte Südafrika eigentlich erst in den Vierzigern – doch als es soweit war, schienen sehr viele Menschen des öffentlichen Lebens, die zuvor völlig vernünftig argumentiert hatten, plötzlich zu kapitulieren, auf die eine oder andere Weise… bis die Wissenschaft entweder zum rechtmäßigen ›Eigentum‹ des ›Westens‹ geworden war – das Afrika ohnehin gar nicht brauchte oder wollte – oder nur noch eine Waffe der kulturellen Assimilation beziehungsweise des Genozids darstellte.«
»Sie wurde zu genau diesem Zweck benutzt.« Mosala warf mir einen bösen Blick zu. »Sicher. Die Wissenschaft wurde für jeden denkbaren Zweck mißbraucht. Das ist um so mehr ein Grund, die Macht, die sie ermöglicht, so vielen Menschen wie möglich zur Verfügung zu stellen, und zwar so schnell wie möglich, statt sie in den Händen einiger weniger zu belassen. Es ist kein Grund, sich in Phantasien zu flüchten und zu erklären, Wissen sei ein kulturelles Artefakt, nichts sei universell wahr, und nur Mystizismus und Vernebelung und Ignoranz seien unsere Rettung.« Sie hob die Hände und umfaßte damit ein imaginäres Stück Raum. »Es gibt kein maskulines oder feminines Vakuum. Es gibt keine belgische oder zairische Raumzeit. Dieses Universum zu bewohnen ist nicht das Vorrecht irgendeiner Kultur oder eine Frage des Lebensstils. Und ich muß keine Sklaverei, keinen Diebstahl und keinen Imperialismus oder Patriarchismus verzeihen oder vergessen, um eine Physikerin sein zu können – oder mich einem Thema mit den intellektuellen Werkzeugen nähern, die ich benötige. Die Wissenschaftler haben deshalb einen größeren Weitblick, weil sie auf einem riesigen Leichenhaufen stehen – und offen gesagt, ist es mir gleichgültig, welche Art von Genitalien sie hatten, welche Sprache sie benutzten oder welche Farbe ihre Haut hatte.«
Ich gab mir Mühe, nicht zu lächeln. All das war äußerst brauchbar. Ich wußte nicht, welche dieser Slogans aufrichtig gemeint waren und welche bewußte Übertreibungen darstellten – wo der telegene Zuckerguß, um den ich gebeten hatte, aufhörte und wo Mosalas wirkliche Leidenschaft begann – aber vielleicht war sie selbst sich der Grenzen gar nicht so genau bewußt.
Ich zögerte. Mein nächstes Stichwort lautete: Gerüchte über Auswanderung? Der logische Zeitpunkt für dieses Thema war jetzt, aber ein solcher Aufbau konnte problemlos während der Montage hergestellt werden. Ich wollte nicht riskieren, das Interview zu verpatzen, bevor ich etwas mehr Material im Kasten hatte.
Also begab ich mich wieder auf festeren Boden. »Ich weiß, daß Sie keine Details über Ihre UT enthüllen wollen, bevor Sie am achtzehnten den Vortrag halten, aber vielleicht könnten Sie versuchen, Ihre Theorie grob zu umreißen, auf der Basis dessen, was Sie bereits veröffentlicht haben.«
Mosala entspannte sich sichtlich. »Natürlich. Der Hauptgrund, warum ich Ihnen nicht alle Details nennen kann, liegt jedoch darin, daß ich sie selbst gar nicht kenne.« Sie setzte zu einer längeren Erklärung an. »Ich habe den vollständigen mathematischen Rahmen gewählt. Alle benutzten Gleichungen stehen fest. Doch für die spezifischen Resultate bin ich auf die Berechnungen eines Supercomputers angewiesen, der in diesem Augenblick noch immer daran arbeitet. Die Berechnungen müßten allerdings einige Tage vor dem achtzehnten abgeschlossen sein – falls keine unvorhergesehenen Katastrophen eintreten.«
»Gut. Dann erzählen Sie mir von diesem Rahmen.«
»Dieser Teil ist denkbar einfach. Im Gegensatz zu Henry Buzzo und Yasuko Nishide suche ich nicht nach einem Weg, ›unseren‹ Urknall weniger ›zufällig‹ erscheinen zu lassen. Sowohl Buzzo als auch Nishide vertreten die Ansicht, daß sich eine unendliche Anzahl von Universen aus dem Prä-Raum gebildet haben müssen – sie erstarrten aus dieser perfekten Symmetrie mit unterschiedlichen Mengen von physikalischen Gesetzen. Und beide verfolgen das Ziel, die Wahrscheinlichkeit eines Universums, das ›mehr oder weniger unserem gleicht‹, im Rahmen dieser unendlichen Menge einschätzen zu können. Es ist relativ einfach, eine UT zu finden, in der unser
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