Qual
zumindest geographisch.
»Andrew«, meldete sie sich, »es tut mir leid, dich zu stören, aber ich dachte, du hättest das Recht, diese Neuigkeit in Echtzeit zu erfahren.« Sie sah ungewöhnlich verbittert aus, und obwohl ich immer noch zu benommen war, um Mutmaßungen über den Grund des Anrufs anstellen zu können, schien kein Zweifel zu bestehen, daß es etwas Unangenehmes war.
»Schon gut«, erwiderte ich heiser. »Schieß los.« Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie ich aussah – mit zerknautschten Gesichtszügen und verschwiemelten Augen. Auch Lydia schien sich in einem abgedunkelten Raum zu befinden, wo ihr Gesicht nur vom Bildschirm beleuchtet wurde… vom Bild meines Gesichts. War das möglich? Mir wurde plötzlich bewußt, daß ich pochende Kopfschmerzen hatte.
»Gepanschtes DNS muß neu geschnitten werden, weil die Landers-Geschichte rausfliegen soll. Wenn du Zeit hättest, würde ich dich natürlich bitten, es selbst zu machen, aber ich gehe davon aus, daß das nicht möglich ist. Also habe ich Paul Kostas damit beauftragt. Er war früher einer unserer besten Redakteure, bevor er sich selbständig machte. Ich werde dir die Endfassung schicken, und wenn du schwerwiegende Einwände hast, bekommst du die Gelegenheit, etwas zu ändern. Aber denke daran, daß der Beitrag in weniger als zwei Wochen auf Sendung gehen soll.«
»Das geht in Ordnung«, sagte ich. »Kein… Problem.« Ich kannte Kostas und wußte, daß er die Dokumentation nicht verstümmeln würde. »Aber wieso? Gab es juristische Einwände? Erzähl mir nicht, daß Landers uns verklagt hat!«
»Nein. Wir sind von der Wirklichkeit überholt worden. Ich will gar nicht versuchen, es dir zu erklären. Ich habe dir aus dem Büro in San Francisco einen Trailer schicken lassen. Morgen früh wird es ohnehin die ganze Welt wissen, aber…« Sie war zu müde, um sich genauer zu erklären, aber ich verstand. Sie wollte nicht, daß ich wie ein gewöhnlicher Zuschauer davon erfuhr. Ein Viertel von Gepanschtes DNS und etwa drei Monate meiner Arbeit waren soeben obsolet geworden, doch Lydia bemühte sich nach Kräften, zumindest einen Rest meiner professionellen Würde zu retten. Auf diese Weise hätte ich zumindest ein paar Stunden Vorsprung gegenüber den Massen.
»Das weiß ich sehr zu schätzen«, sagte ich. »Danke.«
Wir wünschten uns gegenseitig eine gute Nacht, dann sah ich mir den ›Trailer‹ an – ein hastig zusammengestelltes Paket aus Film und Text, das andere Redaktionen auf die Nachricht vorbereiten sollte. Sie konnten dann selbst entscheiden, ob sie auf die demnächst folgende polierte Fassung warten wollten oder ob sie das Rohmaterial selbst zusammenschnitten, um eine eigene Version auszustrahlen. Das Ganze bestand hauptsächlich aus Presseerklärungen des FBI und einigem Hintergrundmaterial aus dem Archiv.
Ned Landers war vor kurzem zusammen mit seinen zwei leitenden Genetikern und drei Angestellten in Portland verhaftet worden. Das gleiche war mit neun weiteren Personen – die für eine ganz andere Firma arbeiteten – in Chapel Hill in North Carolina geschehen. Laborausrüstung, biochemische Proben und Computerdaten waren bei den Razzien vor dem Morgengrauen beschlagnahmt worden. Alle fünfzehn Personen standen unter dem Verdacht, biotechnische Sicherheitsvorschriften nach dem Bundesrecht verletzt zu haben – aber nicht im Zusammenhang mit Landers’ allgemein bekannter Forschung zur Neo-DNS und den Symbionten. Es hieß, daß die Mitarbeiter des Labors in Chapel Hill ansteckende natürliche RNS-Viren manipuliert hatten – im Geheimen und ohne Genehmigung. Und Landers hatte auf Umwegen die Rechnungen beglichen.
Der geplante Verwendungszweck war noch unbekannt. Zuvor mußten die Daten und Proben analysiert werden.
Von den Angeklagten gab es keine Stellungnahmen. Ihre Anwälte hatten ihnen geraten, sich in Schweigen zu hüllen. Es gab ein paar Außenansichten des Labors in Chapel Hill, das von der Polizei abgeriegelt worden war. Sämtliche Aufnahmen von Landers waren älteren Datums – das jüngste Bild stammte aus dem Interview, das ich mit ihm geführt hatte (das also doch nicht völlig umsonst gewesen war).
Der Mangel an Einzelheiten war bedauernswert, aber im Grunde war alles völlig klar. Landers und seine Mitarbeiter hatten das Ziel der vollkommenen Immunität gegen Viren verfolgt, die weit über die Möglichkeiten medikamentöser Therapien hinausging und sogar die Berücksichtigung imitierter Stämme überflüssig
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