Qual
technolibération – die sichere ideologische Abschirmung vor allen Zweifeln über Nagasaki oder Ned Landers. Für die Anthrokosmologie – die endgültige Antwort auf alles, die mir sogar einen Vorsprung gegenüber den UT-Experten verschaffte und mich bis ins hohe Alter gegen alle rivalisierenden Religionen immunisierte.
Wäre ich dann glücklicher?
Vielleicht. Doch das Glück wurde viel zu sehr überbewertet.
Kuwales Software verkündete piepend den Erfolg. Ich ging zu ihm und übernahm die Daten, die hie geborgen hatte, über den eng gebündelten Infrarotstrahl zwischen unseren Notepads.
»Ich schätze, Sie wollen mir nicht verraten, auf welche Weise Sie diese Namensliste zusammengestellt haben«, sagte ich. »Oder wie ich Ihre Behauptungen über diese Leute verifizieren soll.«
»Genau das hat mich auch Sarah Knight gefragt.«
»Das überrascht mich nicht.«
Kuwale ging nicht auf die Frage ein; das Thema war für hie erledigt. Hie deutete mit heinem Notepad auf meinen Unterleib und gab mir die feierliche Empfehlung: »Überspielen Sie alles dorthin, sobald Sie die Gelegenheit dazu finden. Perfekte Sicherheit. Sie sind zu beneiden.«
»Klar doch. Während ein EnGeneUity-Attentäter mit Ihrem Notepad auf Stateless herumrennt, um die richtigen geographischen Koordinaten zu finden, werden die anderen viel Zeit sparen, wenn sie mich aufschlitzen.«
Kuwale lachte. »Das ist der richtige Geist. Als Journalist mögen Sie nicht viel taugen, aber wir könnten Sie immer noch zu einem Märtyrer der Revolution machen.«
Hie zeigte über das Felsplateau, das im Morgenlicht grün und silbern glänzte. »Wir sollten auf getrennten Wegen in die Stadt zurückkehren. Wenn Sie in diese Richtung laufen, werden Sie in zwanzig Minuten auf die südwestliche Straßenbahn-Linie stoßen.«
»Gut.« Ich hatte nicht genügend Energie, um mich zu streiten. Als hie sich zum Gehen wandte, sagte ich jedoch: »Bevor Sie verschwinden, hätte ich noch eine letzte Frage an Sie.«
Hie zuckte die Achseln. »Fragen kostet nichts.«
»Warum tun Sie das? Ich verstehe es immer noch nicht. Sie behaupten, daß es Ihnen im Grunde gleichgültig ist, ob Violet Mosala die Schlüsselfigur ist oder nicht. Aber selbst wenn sie ein so großartiger Mensch ist, daß ihr Tod eine globale Tragödie darstellen würde… warum fühlen Sie sich dann persönlich für sie verantwortlich? Sie weiß genau, worauf sie sich einläßt, wenn sie nach Stateless emigriert. Sie ist eine erwachsene Frau, die sich durchaus zu helfen weiß, und sie besitzt größeren politischen Einfluß, als Sie oder ich uns jemals zu träumen wagen. Sie ist nicht hilflos oder dumm – und wenn sie wüßte, was Sie tun, würde sie Sie vermutlich mit bloßen Händen strangulieren. Warum also… vertrauen Sie nicht darauf, daß sie selbst auf sich aufpaßt?«
Kuwale zögerte und senkte den Blick. Endlich schien ich einen schwachen Nerv getroffen zu haben. Hie wirkte, als suchte hie nach den richtigen Worten, die hein Herz erleichtern würden.
Das Schweigen dauerte an, doch ich wartete geduldig ab. Sarah Knight hatte die ganze Geschichte erfahren, nicht wahr? Also gibt es keinen Grund, warum ich nicht dasselbe erreichen könnte.
Kuwale blickte auf und erwiderte beiläufig: »Wie ich schon sagte: Fragen kostet nichts.«
Hie wandte sich ab und ging fort.
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18
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Ich sah mir die Daten von Kuwale an, während ich auf die Straßenbahn wartete. Achtzehn Gesichter, aber keine Namen. Die Bilder waren standardisierte SD-Porträts mit gelöschtem Hintergrund und ausgeglichener Beleuchtung, wie Verbrecherfotos der Polizei. Es waren zwölf Männer und sechs Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Ethnizität. Es schienen ungewöhnlich viele zu sein. Kuwale hatte zwar nichts davon gesagt, ob sich tatsächlich alle auf Stateless aufhielten – aber trotzdem fragte ich mich, wie er an ’ die Porträts der achtzehn verdächtigsten Attentäter gekommen war, die mit gewisser Wahrscheinlichkeit zur Insel geschickt werden sollten. Welche Informationsquelle, welche undichte Stelle, welche Art von Datenraub konnte exakt zu diesem und keinem anderen Ergebnis geführt haben?
Auf jeden Fall hatte ich nicht die Absicht, den AKs mitzuteilen, wenn ich eins dieser Gesichter in der Menge entdeckte – weniger aus Furcht, mich in Gefahr zu bringen, wenn ich radikale technolibérateurs gegen mächtige Firmeninteressen verteidigte, sondern eherwegen meines anhaltenden Verdachts, daß
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