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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Ladebereich um. »Ich könnte hinübergehen und Hilfe holen.« Trotz allem, was ich durchgemacht hatte – zweifellos dank eines Fremden, der mir im Vorbeigehen etwas verabreicht hatte –, weigerte sich ein Teil von mir nach wie vor, an unsichtbare Waffen zu glauben. Oder vielleicht hatte ich mir gerade eingebildet, irgendein Prinzip der zweifachen Gefahr würde bedeuten, daß die molekulare Welt keine Macht mehr über mich hatte, kein Recht, mich ein zweites Mal zu attackieren. Unser angeblicher Angreifer entfernte sich seelenruhig. Es war praktisch unmöglich, sich bedroht zu fühlen.
    Kuwale beobachte mich besorgt. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Gut. Außer daß Sie mir den Arm brechen werden. Es ist total verrückt.« Meine Haut begann zu jucken. Kuwale stöhnte auf, als hätten sich gerade seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet. »Sie laufen blau an. Kommen Sie!«
    Mein Gesicht wurde taub, und meine Arme und Beine wurden immer schwerer. »Um zu ertrinken? Das halte ich für keine gute Idee.« Meine Worte klangen schleppend. Meine Zunge hatte beinahe jedes Gefühl verloren.
    »Ich halte Sie über Wasser.«
    »Nein. Kommen Sie heraus und holen Sie Hilfe.«
    »Dazu bleibt keine Zeit.« Hie rief um Hilfe. Hein Schrei kam mir sehr schwach vor – entweder versagte mein Gehör, oder hie hatte soviel von dem Gift eingeatmet, daß heine Stimme darunter litt. Ich versuchte, den Kopf zu drehen, um zu sehen, ob jemand im Hafen uns gehört hatte, aber es gelang mir nicht.
    Kuwale schimpfte über meine Dickköpfigkeit, erhob sich ein Stück aus dem Wasser und zerrte mich über die Kante.
    Ich versank. Ich war gelähmt und taub und wußte nicht mehr, ob wir noch eine Verbindung hatten. Ohne die Luftblasen wäre das Wasser völlig durchsichtig gewesen. Es war, als würde man durch einen Kristall mit Einschlüssen fallen. Ich hoffte verzweifelt, daß ich nicht einzuatmen versuchte, da ich es vermutlich gar nicht bemerkte, wenn ich es tat.
    Luftblasen trieben in widersprüchlichem Durcheinander vor meinem Gesicht und gaben mir keinen Hinweis auf meine räumliche Orientierung. Ich versuchte mich nach der größten Helligkeit zu richten, aber die entsprechenden Hinweise waren kaum zu deuten. Das einzige, was ich hörte, war das Klopfen meines Herzens. Es schlug sehr langsam, als würde das Toxin es daran hindern, vor Aufregung zu rasen. Ich hatte ein seltsames Déjà-vu-Gefühl, denn ohne Hautempfindungen fühlte ich mich nicht nasser als auf dem trockenen Land, als ich das Bild von der Kamera des Tunneltauchers betrachtet hatte. Ich spürte meinen Körper nur auf recht indirekte Weise.
    Plötzlich verschwammen die Luftblasen und wurden schneller. Das Chaos lichtete sich, und plötzlich kam mein Gesicht an die Luft, worauf ich nur noch blauen Himmel sah.
    Kuwale schrie mir ins Ohr. »Alles in Ordnung? Ich habe Sie jetzt fest im Griff. Versuchen Sie sich zu entspannen.« Hie klang sehr fern. Ich brachte nur ein verärgertes Grunzen heraus. »Nur noch ein paar Minuten, dann müßten wir in Sicherheit sein. Meine Lungen haben etwas abbekommen, aber ich glaube, das geht vorbei.« Ich starrte in den unergründlichen Himmel hinauf und erlebte das Gegenteil des Ertrinkens.
    Kuwale spritzte mir Wasser ins Gesicht. Es ging mir bereits besser, denn zumindest konnte ich jetzt registrieren, daß ich einiges davon schluckte. Ich hustete wütend. Meine Zähne klapperten, denn das Wasser war kälter, als ich erwartet hatte. »Ihre Freunde sind ein jämmerlicher Haufen. Ein Amateureinbrecher, der sich vom zweiten Sicherheitsalarm überraschen läßt.
    Cholerabakterien, die sich durch ein Melatoninpflaster irritieren lassen. Toxine, die sich mit Meerwasser abspülen lassen. Violet Mosala hat überhaupt nichts zu befürchten.«
    Jemand packte meinen Fuß und zerrte mich nach unten.
    Ich zählte fünf Gestalten in voller Taucherausrüstung. Alle waren von den Fußknöcheln bis zu den Handgelenken in Polymer gekleidet und trugen zusätzlich Handschuhe und Kapuzen. Keine entblößte Haut. Wieso? Zwei Taucher hielten mich fest, doch ich war zu schwach, um mich wehren zu können. Sie wollten mir irgendein metallisches Gerät ins Gesicht stoßen, doch ich wehrte es ab.
    Der Ernter zeichnete sich in schimmernder Ferne ab. Er war im sonnendurchfluteten Wasser kaum zu erkennen, und ich erlebte meinen ersten richtigen Schock. Wenn man die Tentakel vergiftet hatte – wozu man nur die natürlichen Gene der manipulierten Spezies wiederherstellen mußte

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