Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
Vom Netzwerk:
–, waren wir so gut wie tot. Ich konnte mich lange genug losreißen, um zu sehen, wie die anderen drei Taucher mit Kuwale rangen und versuchen, hie stillzuhalten.
    Einer der Taucher hielt mir wieder das Ding vor das Gesicht. Es war ein Regulator, der mit einem Luftschlauch verbunden war. Ich drehte mich um und konnte keinen Ausdruck des weiblichen Gesichts erkennen, obwohl Witness sofort eine weitere Zielperson identifizierte. Der Luftschlauch führte zu einem zweiten Tank auf dem Rücken der Frau. Ich hatte keine Ahnung, was dieser Tank enthalten mochte – aber falls es etwas Schädliches war, stand ich ohnehin nur wenige Minuten vor dem Ertrinken.
    Die Augen der Taucherin schienen zu sagen: Du hast die freie Wahl. Nimm es oder laß es bleiben.
    Ich blickte mich wieder um. Kuwales Arme waren hinter dem Rücken gefesselt, und er hatte aufgegeben und das unbekannte Gas angenommen. Ich war immer noch vom Giftanschlag geschwächt und hatte kaum noch Luft. Und im Augenblick gab es keine Fluchtmöglichkeit.
    Ich ließ zu, daß man auch mir die Hände fesselte, dann öffnete ich den Mund und biß kräftig auf das Atemstück. Dankbar saugte ich die Luft ein, während ich zwischen Panik und Erleichterung oszillierte. Wenn diese Leute uns töten wollten, hätten sie uns längst ein Fischmesser zwischen die Rippen stechen können – aber ich war immer noch nicht bereit, die Alternative zu akzeptieren.
    Der Ernter näherte sich, während die Taucher ihm entgegenschwammen und uns mitzerrten. Ich wollte mir die Hände vor das Gesicht halten, aber es ging nicht. Das Geflecht der durchscheinenden Tentakel der Meduse öffnete sich um uns, sie wanden sich wie die pathologischen Topologien des Prä-Raums, wie das zum Leben erwachte Vakuum.
    Dann schloß sich das Netz.

 

----
21

----
     
     
    Die Giftstoffe des Ernters waren unangenehm, aber nicht schmerzhaft. Im Grunde machten sie die Erfahrung etwas erträglicher, indem sie die Muskeln entspannten, die sich vor Ekel und Klaustrophobie verkrampft hatten, und das Gefühl dämpften, bei lebendigem Leibe gefressen zu werden. Wahrscheinlich war das Geschöpf nur eine kommerzielle Spezies und keine privat hergestellte Waffe, wie ich zuerst vermutet hatte. Mit einiger Verspätung startete ich die Aufzeichnung. Das Salzwasser brannte mir in den Augen, doch wenn ich sie schloß, wurde mir schwindlig. Ich konnte Kuwale und heine Bewacher erkennen, jedoch nur verschwommen wie durch vereistes Glas. Durch Toxine besänftigt und in einen Kokon aus durchsichtigem Gelee eingesponnen, bewegten wir uns durch das helle Wasser.
    Ich stellte mir vor, wie wir in die Luft gehievt und ohne Federlesens in einem Boot ausgeladen wurden, wie ich es kurz zuvor mit dem ausgespuckten Fang gesehen hatte. Doch statt dessen entspannte jemand den Ernter mit einem hormonellen Zauberstab, während wir noch unter Wasser waren. Dann kletterten die Taucher an Strickleitern hoch und holten uns an Bord. An Deck erkannte Witness drei weitere Gesichter. Niemand sprach mit uns, und ich war immer noch zu weggetreten, um eine intelligente Frage stellen zu können. Die Frau, die mir den Regulator angeboten hatte, band meine Füße zusammen und fesselte dann meine Hände an Kuwales, so daß wir Rücken an Rücken waren. Ein anderer Taucher nahm uns die Notepads ab, umwickelte uns mit einem Stück (nicht-lebenden) Fischnetzes, das er unter unseren Armen hindurchschlang. Dann hakte er es in die Winde ein und versenkte uns in einen leeren Frachtraum. Als sich die Luke schloß, befanden wir uns in völliger Finsternis.
    Meine biochemische Benommenheit lichtete sich ein wenig, woran der Gestank nach verwesendem Tang sicherlich nicht unschuldig war. Ich wartete darauf, daß Kuwale einen Kommentar zu unserer Lage abgab, doch nach mehreren Minuten Stille meldete ich mich zu Wort. »Sie kennen alle Gesichter dieser Leute, und diese Leute kennen alle Ihre Kommunikationscodes. Jetzt sagen Sie mir bitte, wer in diesem Geheimdienstkrieg die Nase vorn hat.«
    Hie bewegte sich unbehaglich. »Ich werde Ihnen nur soviel sagen: Ich glaube nicht, daß sie uns etwas antun werden. Sie gehören zur gemäßigten Fraktion. Sie wollen nur sicherstellen, daß wir ihnen nicht in die Quere kommen.«
    »Wobei?«
    »Beim Mordanschlag auf Mosala.«
    Der Gestank ließ mich schwindeln, nachdem sich der Riechsalz-Effekt abgenutzt und in sein Gegenteil verkehrt hatte. »Wenn die gemäßigte Fraktion Mosala töten will, frage ich mich, welche Ziele die

Weitere Kostenlose Bücher