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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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daß es sie gibt?« fragte ich.
    Kuwale antwortete nicht. Ich stieß hie mit der Schulter an.
    »Ich bin wach.« Hie klang wesentlich mutloser, als ich es war.
    »Dann reden Sie mit mir. Ich verliere sonst den Verstand. Wie finden Sie neue Mitglieder?«
    »Im Net gibt es Diskussionsgruppen, die sich mit verwandten Ideen beschäftigen. Exotische Kosmologien, metaphysische Informationstheorien und so weiter. Wir nehmen daran teil – ohne allzuviel zu offenbaren – und wir treten gezielt an Individuen heran, wenn sie für unsere Ideen aufgeschlossen und vertrauenswürdig erscheinen. Etwa zwei- bis dreimal pro Jahr wird von irgend jemandem die Anthrokosmologie neu erfunden. Wir versuchen niemanden davon zu überzeugen, daß es die Wahrheit ist, aber wenn jemand unabhängig zu denselben Schlußfolgerungen gelangt, lassen wir ihn, sie oder hie wissen, daß es noch weitere gibt.«
    »Und die anderen Gruppen tun dasselbe? Picken auch sie ihre Leute aus dem Net?«
    »Nein. Sie sind allesamt Abtrünnige. Alles ehemalige Mitglieder von uns.«
    »Aha.« Kein Wunder, daß sich das Zentrum so sehr verpflichtet fühlte, Mosala zu schützen. Die Anthrokosmologisten der Hauptrichtung hatten buchstäblich ihre Mörder rekrutiert.
    »Es ist traurig«, sagte Kuwale leise. »Einige von ihnen sehen sich tatsächlich als die ultimativen technolibérateurs. Sie nehmen die Wissenschaft selbst in die Hand und weigern sich, von der Theorie eines anderen überrollt zu werden – sie wollen auch etwas zu sagen haben.«
    »Ja, sehr demokratisch. Haben sie jemals daran gedacht, die Schlüsselfigur durch eine freie Abstimmung zu ermitteln, statt sämtliche Kandidaten bis auf ihren eigenen Thronanwärter umzubringen?«
    »Um freiwillig all ihre Macht aufzugeben? Das kann ich mir nicht vorstellen. Muteba Kazadi befürwortete eine ›demokratische‹ Version der Anthrokosmologie – ohne gewalttätige Mittel. Doch niemand hat sie verstanden. Und ich glaube nicht, daß er jemals eine mathematische Beweisführung hinbekommen hat.«
    Ich lachte überrascht. »Muteba Kazadi war ein AK?«
    »Natürlich.«
    »Ich glaube nicht, daß Violet Mosala das weiß.«
    »Ich glaube nicht, daß Violet Mosala irgend etwas weiß, das sie nicht wissen will.«
    »Sie sollten etwas mehr Respekt vor Ihrer Gottheit zeigen!«
    Das Schiff schwankte leicht. »Setzen wir uns in Bewegung? Oder haben wir angehalten?« Kuwale zuckte die Achseln. Der adaptive Ballast glich die Fahrt so gründlich aus, daß es nahezu unmöglich festzustellen war, was geschah. Während der ganzen Zeit, die wir uns an Bord befanden, hatte ich überhaupt keine Wellenbewegungen gespürt, ganz zu schweigen von einer subtilen Beschleunigung des Fahrzeugs.
    »Kennen Sie irgendwelche von diesen Leuten persönlich?« fragte ich.
    »Nein. Sie haben alle das Zentrum verlassen, bevor ich dazustieß.«
    »Also können Sie gar nicht richtig beurteilen, wie gemäßigt sie wirklich sind.«
    »Ich bin mir sicher, zu welcher Fraktion sie gehören. Und wenn sie uns töten wollten, wären wir längst tot.«
    »Immerhin gibt es gute und schlechte Stellen, um Leichen loszuwerden. Damit die illegalen Abfälle nirgendwo an Land gespült werden. Solche Koordinaten müßten sich von jeder halbwegs tauglichen Navigationssoftware errechnen lassen.«
    Wieder schaukelte das Schiff, dann schlug etwas gegen den Rumpf. Es gab eine hallende Resonanz, die ich unangenehm in den Zähnen spürte. Ich wartete angespannt. Der Lärm ebbte ab, und weiter geschah nichts.
    Ich wollte verzweifelt die Stille durchbrechen. »Woher stammen Sie. Ich kann Ihren Akzent immer noch nicht einordnen.«
    Kuwale lachte matt. »Sie würden weit danebenliegen, wenn Sie es könnten. Ich wurde in Malawi geboren, aber ich verließ das Land, als ich neunzehn war. Meine Eltern sind Diplomaten, Handelsvertreter. Wir haben ganz Afrika, Südamerika und die Karibik bereist.«
    »Wissen sie, daß Sie auf Stateless sind?«
    »Nein. Wir haben alle Kontakte abgebrochen. Vor fünf Jahren. Als ich migrierte.«
    Zum Asex. »Vor fünf Jahren? Wie alt waren Sie da?«
    »Sechzehn.«
    »Ist das nicht etwas jung für eine Umwandlung?« Ich hatte immer noch nicht mehr als Vermutungen, aber es war wohl etwas mehr als oberflächliche Androgynität notwendig, um eine durchschnittliche Familie auseinanderzureißen.
    »Nicht in Brasilien.«
    »Und sie haben es nicht gut aufgenommen?«
    »Sie haben es nicht verstanden«, sagte hie verbittert. »Technolibération, Asex – alles, was

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