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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Lässigkeit. Fünf hantierte mit der Elektronik. Neunzehn erwiderte meinen Blick und ließ sich nicht in ihrer Solidarität erschüttern.
    »Vergessen Sie’s«, sagte ich. »Ich drehe keine Snuff-Movies.« Das war eine gute Erwiderung. Wenn mir nicht im selben Augenblick Daniel Cavolini eingefallen wäre, hätte ich noch stundenlang von dieser stillen Befriedigung zehren können.
    Zwanzig stellte meine Aussage höflich richtig. »Niemand verlangt von Ihnen, Mosalas Tod zu filmen. Das wäre nicht nur unpraktisch, sondern auch geschmacklos. Wir möchten nur sicherstellen, daß Sie in der Lage sind, Ihren Zuschauern zu erklären, warum ihr Tod nötig war.«
    Ich verlor allmählich den Kontakt zur Realität. Im Frachtraum hatte ich mir die schlimmsten Folterungen vorgestellt. Ich hatte mir in allen Einzelheiten ausgemalt, was man mit mir anstellen würde, damit ich wie das Opfer eines Haiangriffs aussah.
    Doch auf das hier war ich nicht vorbereitet.
    Ich zwang mich dazu, ruhig zu antworten. »Ich bin nicht an einem Exklusiv-Interview mit den Mördern meines Themas interessiert.« Mir kam in den Sinn, daß die Hälfte der Verantwortlichen von SeeNet mir diesen Satz niemals verzeihen würden, falls sie jemals erfuhren, daß ich ihn geäußert hatte. »Warum lassen Sie keinen bezahlten Werbespot auf TechnoLalia senden? Ich bin sicher, daß Sie jede Unterstützung der Zuschauer erhalten, wenn Sie darauf hinweisen, daß es nötig war, Mosala zu töten, um die Möglichkeit des interuniversellen Reisens durch Wurmlöcher zu bewahren.«
    Zwanzig runzelte bei dieser ungerechtfertigten Verleumdung die Stirn. »Ich wußte, daß Kuwale Sie mit Lügen manipulieren würde. Hat hie Ihnen das gesagt?«
    Mir schwindelte vor Fassungslosigkeit. Ihre an Besessenheit grenzende Besorgnis um falsche Darstellungen war surreal. »Es spielt überhaupt keine Rolle, was der wahre Grund ist!« brüllte ich. Ich wollte meine Hände ausstrecken, um an ihre Vernunft zu appellieren, doch sie waren fest an den Stuhl gefesselt. »Ich weiß es nicht …«, sagte ich matt. »Vielleicht glauben Sie nur, daß Henry Buzzo mehr Stil und Autorität besitzt. Daß ihm die Rolle des lieben Gottes besser steht. Oder vielleicht meinen Sie auch nur, daß seine Gleichungen eleganter sind.« Ich hätte ihnen beinahe verraten, was Mosala mir gesagt hatte – daß Buzzos Methodik äußerst fehlerhaft war und daß ihr bevorzugter Kandidat niemals die Schlüsselfigur sein konnte. Ich hielt mich im letzten Augenblick zurück. »Es ist mir gleichgültig. Es ist und bleibt Mord.«
    »Sie irren sich. Es geschieht aus Notwehr.«
    Ich drehte mich um. Die Stimme war von der Tür zur Kabine gekommen.
    Helen Wu erwiderte meinen Blick und erklärte betrübt: »Wurmlöcher haben damit nichts zu tun. Buzzo hat damit nichts zu tun. Aber wenn wir nicht eingreifen, wird Violet bald die Macht haben, uns alle zu töten.«

 

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22

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    Nachdem Helen Wu die Kabine betreten hatte, zeichnete ich alles auf.
    Nicht für SeeNet. Für Interpol.
    »Ich habe alles versucht, um sie auf sicheren Boden zurückzubringen«, rechtfertigte sich Wu feierlich. »Ich dachte, wenn sie versteht, in welche Richtung sie sich bewegt, würde sie ihre Methoden ändern – aus konventionellen wissenschaftlichen Gründen. Zum Wohl einer Theorie mit physikalischem Inhalt – was genau das ist, was die meisten Kollegen von einer UT erwarten.« Sie hob die Hände in einer Geste der Verzweiflung. »Doch nichts kann Violet aufhalten! Das wissen Sie genauso wie ich. Sie hat jeden meiner Kritikpunkte zu ihren Gunsten verarbeitet. Ich habe alles nur noch schlimmer gemacht.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen«, sagte Zwanzig, »daß Amanda Conroy Ihnen auch nur ansatzweise ein richtiges Bild von der Vielfalt der Informationskosmologie vermitteln konnte. Was hat sie Ihnen erzählt? Sicherlich nur ein Modell – wie eine Schlüsselfigur ein vollkommenes, nahtloses Universum schafft, in dem kein beobachtbarer Effekt jemals die UT verletzt. Und ohne Aussicht, jemals durch die zugrundeliegende Metaphysik zu blicken.«
    »Das ist richtig.« Ich hatte es aufgegeben, meine Wut zu artikulieren. Die beste Strategie schien darin zu bestehen, vorerst mitzumachen, alle belastenden Aussagen zu registrieren und mich an die Hoffnung zu klammern, daß ich noch eine Chance erhielt, Mosala zu warnen.
    »Das ist nur eine Möglichkeit unter Millionen. Und sie ist ungefähr genauso simplistisch wie die frühesten kosmologischen

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