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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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olivbraunen Haut. Was zum Teufel tue ich da? , denkt er. Sie
hat recht, es ist nur ein Spiel.
    Er braucht eine Weile, um in dem Haufen seine Kleider zu finden;
fast hätte er versehentlich eine falsche Hose angezogen. Pixil atmet während
der gesamten Operation ganz gleichmäßig und wacht nicht einmal auf, als er sich
auf Zehenspitzen davonschleicht.
    Bei Tageslicht gleicht das Gewölbe mit seinen Würfeln einem
Irrgarten, er weiß nicht mehr, wo sie hereingekommen sind, obwohl das Leben im
Labyrinth seinen Orientierungssinn geschärft hat. Ohne Gevulot ist Isidore wie
immer ziemlich hilflos, und so ist er sehr erleichtert, als er das Portal vor
sich sieht. Das muss es sein. Ein Silberbogen, ein
perfekter Halbkreis mit fein ziselierten Rändern. Er holt tief Atem und
schreitet hindurch. Diesmal ist der Bruch noch schärfer …
    »Noch Wein, Monsieur?«
    … und dann steht er in einem riesigen Ballsaal. Das kann nur der
Königssaal im Olympus-Palast sein. Auf hohen Säulen tanzen reich geschmückte
Gogol-Sklavinnen und vollführen mit ihren künstlichen Körpern die
unglaublichsten Verrenkungen. Ein mechanischer Diener in roter Livree reicht
ihm mit einer Hand, die wie eine Kinnlade geformt ist, ein Glas. Isidore stellt
fest, dass er die Tracht eines Mars-Aristokraten trägt, einen lebenden Umhang
über einem Wams aus dunklem Q-Gewebe und ein Schwert. Überall tummeln sich noch
prächtiger gekleidete Gestalten im Phoboslicht, das durch ein riesiges Fenster
mit Blick über den Hang des Mons Olympus fällt. Hoch, hoch über ihm gleicht die
Kuppel einem goldenen Himmel.
    Alles fühlt sich ab-so-lut wirklich an.
Sprachlos vor Staunen ergreift er das dargebotene Glas.
    »Möchten Sie tanzen?«
    Eine hochgewachsene Frau in venezianischer Maske mit einem üppigen
Körper, der von einem Netz aus Riemen und Edelsteinen mühsam zusammengehalten
wird, und auffallend rostbrauner Haut streckt ihm die Hand entgegen. Immer noch
wie benommen, lässt er sich durch die Menge auf einen freien Platz führen, wo
ein vielhändiger Gogol auf mehreren Messingflöten zugleich Weisen von
herzergreifender Schönheit spielt. Sie gleitet wie auf Zehenspitzen dahin und
lässt sich von ihm führen wie die Feder in der Hand eines Schreibers; er spürt
ihre wohlgerundete Hüfte unter seiner Hand.
    »Ich möchte meinen Gemahl eifersüchtig machen«, flüstert sie. Ihr
Atem duftet nach Wein.
    »Und wo ist Ihr Gemahl?«
    »Da oben auf dem Podest.« Sie sind mitten in einer Drehung. Isidore
blickt auf. Und da steht natürlich der Marskönig, eine weiß-goldene Gestalt,
lachend, inmitten einer Schar von Bewunderern und Höflingen. Er wendet sich der
rothäutigen Frau zu, um ihr zu sagen, er müsse nun wirklich gehen, da erstarrt
das Bild.
    »Was treibst du denn?«, fragt Pixil. Sie
hat die Arme vor der Brust verschränkt und sieht ihn an. Sie trägt die
schlichte Tagestracht des Zoku und wirkt jetzt hellwach.
    »Ich tanze«, sagt er und löst sich von der roten Frau, die zur
Statue geworden ist.
    »Dummerchen.«
    »Wo bin ich hier?«
    »In einem alten Realm-Raum. Ich glaube, Drathdor hat ihn irgendwann
zusammengebaut. Er ist ein Romantiker.« Pixil zuckt mit den Schultern. »Nicht
unbedingt mein Geschmack.« Sie macht eine Handbewegung, und hinter ihr
erscheint wieder der Halbkreis. »Ich wollte dir Frühstück machen. Der ganze
Zoku schläft noch.«
    »Ich wollte dich nicht wecken.«
    Diesmal ist der Bruch eine Erleichterung, denn er stellt für ihn und
für die Welt wieder eine gewisse Normalität her.
    »Also, wie soll ich das verstehen? Wolltest du dich nach der letzten
Nacht heimlich davonstehlen?«
    Er sagt nichts. Scham kriecht ihm über den Rücken und hinterlässt
kalte Spuren, und er weiß nicht einmal genau, warum.
    »Es ist nur diese Zaddik-Sache«, sagt er endlich. »Ich muss darüber
nachdenken. Ich werde dich qupten.« Er sieht sich um. »Wie komme ich hier
raus?«
    »Das weißt du«, sagt Pixil. »Du brauchst nur zu wollen .
Bitte qupte mich.« Sie wirft ihm eine Kusshand zu. Aber aus ihrem Blick spricht
Enttäuschung.
    Noch ein Bruch, und er steht vor der Kolonie und blinzelt ins grelle
Sonnenlicht.
    Er nimmt wieder ein Spinnentaxi und verlangt, beim Labyrinth
abgesetzt zu werden, aber diesmal bittet er den Fahrer, es langsamer angehen zu
lassen. Sein Magen rebelliert; an die uralten Genussgifte, mit denen sich die
Zoku-Vorsteher berauschten, hatten die marsianischen Körperdesigner eindeutig
nicht gedacht.
    Sein Zustand bessert sich,

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