Quantum
und
Frieden. Ich muss mit der Pellegrini reden.
Bist du sicher, dass das gut geht?
Es ist nicht das erste Mal, weißt du nicht mehr?
Wir sind von der anderen Seite des Systems zur Venus gereist, um das Miststück
zu treffen. Da werde ich eine kleine Reise im Kopf gerade noch bewältigen.
Nur zu, mein Kind. Und dann zieht Perhonen sich zurück.
Mieli legt sich auf das Bett, schließt die Augen und stellt sich den
Tempel vor. Er liegt im Schatten des Mons Kunapipi, eines Schildvulkans, der
aus der Basaltebene aufragt. Das Gestein ist mit einer dünnen Schicht Blei und
Tellur bedeckt, Kondensat aus den Metalldämpfen, die aus den Schluchten und
Rillen aufsteigen, wenn die Temperatur siebenhundert Kelvin übersteigt.
Der Tempel ist ein steinerner Schatten, die Projektion eines
höherdimensionalen Objekts mit fremdartiger Geometrie: sie durchquert schwarze
Korridore, die sich jäh zu großen Hohlräumen weiten, welche wiederum kreuz und
quer in unmöglichen Winkeln von steinernen Brücken durchzogen sind. Aber sie
kennt dieses Labyrinth von früher und kann den Metallblütenmarkierungen ohne
Mühe folgen.
Im Zentrum befindet sich die Achse, eine kleine Singularität, die in
einem zylindrischen Schacht schwebt wie eine gefangene Sternschnuppe. Hier
wohnt die Göttin. Selbst jetzt muss Mieli daran denken, wie sie sich am Ende
ihrer Reise durch die physikalische Welt hierher fühlte, in einem dicken
Q-Anzug, geprügelt von der unerbittlichen Schwerkraft, mit vor Erschöpfung
brennenden Gliedern.
»Mieli«, sagt die Göttin, »Wie schön, dass du mich besuchst.«
Seltsamerweise sieht sie hier menschlicher aus, als wenn sie sich von sich aus
manifestiert. Die Falten in ihrem Gesicht, an ihrem Hals und in ihren
Augenwinkeln sind deutlich zu erkennen. »Mal sehen, wo du bist. Ach ja, auf dem
Mars. Natürlich. Ich habe den Mars immer geliebt. Ich glaube, wir werden diesen
Planeten irgendwo konservieren, wenn die Große Gemeinsame Aufgabe erfüllt ist.«
Sie streicht Mieli eine Locke aus der Stirn. »Weißt du, ich wünschte
wirklich, du würdest manchmal auch kommen, ohne dass du eine Bitte an mich
hast. Ich habe Zeit für alle, die mir dienen, und warum auch nicht? Ich bin
schließlich viele.«
»Ich habe einen Fehler begangen«, sagt Mieli. »Ich habe den Dieb
entkommen lassen. Ich war unaufmerksam. Es soll nicht wieder vorkommen.«
Die Pellegrini zieht die Augenbrauen hoch. »Lass mich deine
Erinnerungen sehen. Aha. Aber du hast ihn wiedergefunden? Und du hast
Fortschritte gemacht? Kind, du brauchst nicht nach jedem kleinen Fehler, nach
jedem Schlagloch auf der Straße zu mir zu laufen, um dein Gewissen zu
erleichtern. Ich vertraue dir. Du hast mir treu gedient. Was willst du denn
nun?«
»Der Dieb braucht gewisse Instrumente, um etwas zu stehlen, was man
hier Gevulot nennt. Er glaubt, auf dem Mars gäbe es Sobornost-Agenten, die
dabei helfen könnten, und die will er ansprechen.«
Die Pellegrini betrachtet nachdenklich den hellen Punkt der Achse.
»Unter normalen Umständen eine ganz einfache Bitte. Sie würden ohne Widerrede
gehorchen, wenn sie mein Siegel sähen. Aber ich darf nicht mit deiner Mission
in Verbindung gebracht werden, nicht direkt. Ich kann dir Informationen und
Kontakte verschaffen, aber verhandeln musst du selbst. Es werden Wasilews sein,
und die können Schwierigkeiten machen. Sehr hübsche Burschen, und das wissen
sie auch.«
»Verstanden.«
»Gut. Ich schicke alles, was du brauchst, an dein niedliches
Schiffchen. Ich bin mit deinen Fortschritten zufrieden: wegen einzelner
Fehlschläge brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
Mieli schluckt. Unwillkürlich kommt ihr eine Frage über die Lippen.
»Willst du mich eigentlich bestrafen?«
»Wie meinst du das? Natürlich nicht.«
»Warum muss ich den Dieb dann mit Samthandschuhen anfassen? Im Krieg
nahmen die Kriegerhirne Gefangene und holten noch die kleinsten Geheimnisse aus
ihrem Bewusstsein. Wieso ist der Dieb anders?
»Er ist nicht anders«, sagt die Pellegrini. »Aber er wird es sein.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Das brauchst du auch nicht. Vertraue mir, man hat dich für diese
Aufgabe sorgfältig ausgewählt. Führe sie aus wie bisher, und du wirst mich und
deine Freundin schon bald leibhaftig hier wiedersehen.«
Mieli ist wieder in dem rosenduftenden Raum. Langsam steht sie auf
und macht sich noch einen Drink.
Solange Mieli weg ist, beschäftigen Perhonen und ich uns mit der UHR . Genauer gesagt ist es Perhonen , die sich
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