Quantum
sonst: Wein, Schokolade und Kryptografie. Aber« – ich hebe den
Zeigefinger – »man kann Gevulot stehlen . Das System
ist so komplex, dass es nicht perfekt sein kann, und manchmal kann man ganze
Kaskaden von Gevulot-Ästen öffnen, wenn man eine Person dazu bringt, im rechten
Moment die richtige Information preiszugeben. Soziale Manipulation, wenn du so
willst.«
»Bei dir läuft es immer wieder auf einen Diebstahl hinaus, nicht
wahr?«
»Was soll ich sagen? Es ist eine Manie.« Ich runzle die Stirn. »Wir
wissen sogar, wo wir anfangen müssen: Ich hatte hier eine Lebensgefährtin. Aber
wir brauchen die richtigen Tools zum Knacken von Gevulot. Vielleicht noch mehr:
Mit diesem lächerlichen Spielzeug von einem Gevulot-Sinn, den man uns
zugewiesen hat, könnte man auch versuchen, im Dunkeln mit einem Ziegelstein ein
Schloss aufzubrechen. Deshalb ist es wohl an der Zeit, dass du Verbindung zu
deinem Auftraggeber aufnimmst, damit er uns mit ein paar Gogol-Piraten
zusammenbringt.«
»Wie kommst du darauf, dass …«
»Nun komm schon. Dein Auftraggeber ist vom Sobornost, das ist doch
glasklar. Vielleicht ein mächtiger Kopieclan, der sich bei den Gründern lieb
Kind machen will. Er/sie/es – ich weiß nicht, welches Pronomen man heutzutage
verwendet – hat sicherlich Kontaktleute unter den hiesigen Piraten, die Sobors
sind doch ihre wichtigsten Kunden.« Ich seufze. »Ich habe nie viel von ihnen
gehalten. Aber wer Schatzgräber werden will, muss bereit sein, sich die Hände
schmutzig zu machen.«
Sie verschränkt die Arme vor der Brust. »Schön«, sagt sie. »Ich
predige sicherlich tauben Ohren, dennoch muss ich dich darauf hinweisen, dass
es weder sonderlich klug noch sonderlich heilsam ist, Fragen zu stellen oder
Rückschlüsse auf unseren gemeinsamen … Wohltäter zu ziehen.« Bei dem Wort
Wohltäter schwingt leise Ironie in ihrer Stimme mit. »Jedenfalls scheint es
drei Dinge zu geben, die wir tun können. Erstens: Wir können herausfinden,
warum du dir selbst die UHR hinterlassen
wolltest. Zweitens: Wir können nach deinem alten Körper suchen. Drittens: Wir
können Verbindung zu den einzigen Leuten auf diesem Planeten aufnehmen, die
noch weniger Moral haben als du.«
Sie steht auf. »Ich werde sehen, was ich zu Punkt drei erreichen
kann. Währenddessen werden du und Perhonen sich mit
Punkt eins beschäftigen. Punkt zwei kann warten, bis wir mehr wissen. Und
säubere dich.« Sie wendet sich zum Gehen.
»Warte. Hör zu. Es tut mir leid, dass ich abgehauen bin. Es war ein
Reflex. Ich habe meine Schulden nicht vergessen. Du musst verstehen, dass das
alles ziemlich ungewohnt für mich ist.«
Mieli sieht mich an und lächelt zynisch, sagt aber nichts.
»In meinem Beruf ist es wichtig, nicht allzu sehr in der
Vergangenheit hängen zu bleiben. Wenn wir zusammenarbeiten sollen, kannst du
dich hoffentlich entsprechend darauf einstellen.« Ich lächle. »Ich entschuldige
mich nicht oft. Und ich lasse mich auch nicht oft fangen. Du kannst also von
Glück reden.«
»Weißt du«, sagt Mieli, »was wir da, wo ich herkomme, mit Dieben
machen?« Sie lächelt. »Wir füllen ihnen die Lungen mit lebenserhaltendem
Biosynth. Dann stoßen wir sie ins All. Die Augen platzen ihnen, und das Blut
kocht. Aber sie leben noch stundenlang weiter.« Sie nimmt mein Glas vom Tisch und
entfernt sich damit. » Du kannst also von Glück
reden.«
Der Zorn hat Mieli unnatürlich wach gemacht. Ihre Wut auf den
Dieb ist ein sauberes, reines Gefühl. Sie hat ihren Zorn lange eingepackt und
weggeschlossen, aber was sie jetzt empfindet, ist gut und aufrichtig. Sie geht
in ihrem Zimmer auf und ab und atmet in tiefen Zügen. Für eine Weile genießt
sie es sogar, gegen die Schwerkraft anzukämpfen. Dann trinkt sie den Rest des
Alkohols, den der Dieb zurückgelassen hat. Er bildet den perfekten Kontrapunkt
zu ihren Emotionen, seine Schärfe wird umgesetzt in Wärme. Die Schuldgefühle
folgen auf dem Fuß. Ich falle schon wieder auf ihn herein.
Dreckskerl.
Sie lässt das Glas los und flucht, als es zu Boden fällt. Der Raum
verursacht ihr Unbehagen: Er ist zu zweidimensional, und die Schwerkraft
erinnert sie an das Gefängnis. Aber wenigstens hängt ein schwacher Rosenduft in
der Luft.
An den Text mit dem Vakuum wird er noch lange
denken , sagt Perhonen . Gute
Idee.
Er soll mich ruhig für barbarisch und primitiv
halten. Auf jeden Fall schafft er es, dass ich mir so vorkomme. Mieli
atmet tief durch. Und jetzt bitte ich um etwas Ruhe
Weitere Kostenlose Bücher