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Quarantäne

Quarantäne

Titel: Quarantäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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braucht mir jetzt kein schwarzes Kästchen in die Hand zu drücken, damit ich das kapiere.«
    Ich will ihm das Ding zurückgeben, er nimmt es nicht an. »Das hier ist etwas Besonderes, Nick. Die Wahrscheinlichkeit ist kleiner als bei allen anderen Versuchen bisher. Vergleichbar etwa dem Einbruch bei BDI. Wenn Sie das bewältigen, dann können Sie sicher sein, daß auch die unwahrscheinlichsten Eigenzustände für Sie erreichbar sind.«
    Ich drehe das Kästchen auf meiner Handfläche hin und her. Er lügt, ganz sicher, aber ich habe keine Ahnung, warum. Ich sage ungeduldig: »Nun sagen Sie schon: Wollen Sie mich mit unüberwindlichen Schwierigkeiten herausfordern, oder wollen Sie einfach beweisen, wo meine Möglichkeiten am Ende sind?«
    »Beides.« Er hebt die Schultern. Dann sagt er viel zu freundlich: »Aber wenn Sie wirklich wissen wollen, wie es funktioniert…« Ungläubig sehe ich ihn an, und er verstummt.
    Auch mit Hilfe von E5 ist es schwierig, das Gewicht eines so kleinen Gegenstands zu schätzen – aber zweifellos ist mehr darin als ein gewöhnlicher, stecknadelkopfgroßer Mikrochip und eine Batterie. Lui versucht, ganz gelassen zu scheinen, als ich das Ding spielerisch in die Luft werfe. So, wie das Kästchen rotiert, muß man von einer ziemlich gleichmäßigen Gewichtsverteilung ausgehen: Die Bauteile sind nicht an einer Stelle konzentriert, es gibt keinen freien Raum. Was für eine Art Elektronik füllt eine ganze Streichholzschachtel aus?
    Ich sage: »Was ist es? Graphit, den ich Ihnen in Diamant verwandeln soll? Blei in Gold, dafür ist es nicht schwer genug.« Ich lege die Stirn in Falten. »Vielleicht werde ich es einfach aufschneiden lassen und nachsehen.«
    Ganz ruhig sagt Lui: »Nicht nötig. Es ist ein optischer Supercomputer. Dazu gedacht, durch Probieren eine Megazahl in Faktoren aufzulösen. Würde man das systematisch versuchen, dann würde es ungefähr zehn hoch dreißig Jahre dauern. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Maschine es innerhalb von Stunden durch einen Glückstreffer schafft, ist praktisch Null. Allerdings, wenn Sie es versuchen würden… «
    Das ist wie ein Hieb ins Kreuz; es ist nicht zu fassen: Der so ernsthafte Lui Kiu-chung mit dem empfindsamen Gewissen treibt Schindluder mit meinem Talent (das von Po-kwai geliehen ist, das man Laura gestohlen hat), will es kommerziell ausbeuten… Aber meine Empörung legt sich schnell und macht widerwillig einer gewissen Bewunderung Platz. Man läßt einen Computer, der genügend Eigenzustände vorweist, verschmieren und erhält so eine Art Parallelrechner mit einer astronomischen Zahl von Prozessoren. Jeder bearbeitet dasselbe Programm, doch wendet er es auf verschiedene Daten an. Man braucht nur sicherzustellen, daß man beim Kollaps des Systems die Version auswählt, die die Nadel im mathematischen Heuhaufen gefunden hat. Und so hat man den ersten Hackerservice der Welt geschaffen, der die Riesenzahlen errechnen kann, auf denen die (bislang) de facto unbezwingbaren Codes aufgebaut sind… und kann Unmengen Geld scheffeln – zumindest, solange das Verfahren nicht allgemein bekannt ist und die Leute sich noch auf ihre Codes verlassen.
    Ich sage: »Und wie werden Sie wissen, daß ich den Computer nicht einfach dazu gebracht habe, eine falsche Lösung als richtig anzusehen? Wenn ich das mit Schlössern kann, warum nicht auch mit Computern? Was, wenn ich einen Computer mit fehlerhafter Diodensteuerung auswähle, der bei falschen Antworten sein Lichtzeichen gibt?«
    Er zuckt mit den Achseln. »Das ist natürlich nicht ganz und gar ausgeschlossen – aber ich habe vorgesorgt, um die Wahrscheinlichkeit solcher Vorkommnisse zu verringern. In jedem Fall läßt sich das Ergebnis nachprüfen – und wenn es falsch sein sollte, versuchen wir es eben noch mal.«
    Ich lache. »Na gut. Und wieviel kassieren Sie für die richtige Lösung? Wer ist Ihr Kunde? Ein Privatunternehmen oder der Staat?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Die Verhandlungen liefen über Mittelsmänner, und die haben nicht einmal ihre eigene Identität preisgegeben, ganz zu schweigen von…«
    »Na klar doch. Aber… wieviel bekommen Sie dafür?«
    »Eine Million.«
    »Das ist alles?«
    »Man ist äußerst skeptisch, verständlicherweise. Später, wenn die Methode sich bewährt hat, können wir mehr verlangen.«
    Ich grinse ihn an und lasse das Kästchen wieder durch die Luft wirbeln. »Und wie groß ist mein Anteil? Neunzig Prozent, das wäre doch angemessen,

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