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Quarantäne

Quarantäne

Titel: Quarantäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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in Ordnung.
    Auf dem Weg zur U-Bahn stelle ich fest, daß schon um diese Zeit die Straßen alles andere als leer sind. Fliegende Händler bieten Eßwaren an, vor ihren dampfenden Karren drängen sich die Kunden, die die allgegenwärtigen Essensautomaten mit ihren phantastischen Reklamehologrammen keines Blicks würdigen. Kein Wunder, solange man Hologramme noch nicht riechen kann. Ich kaufe eine Tüte Nudeln und mache mich darüber her, während ich gehe. Überaus korrekt gekleidete Banker, Geschäftsleute, Datenbroker strömen an mir vorbei – alles Leute, die bequem von zu Hause aus arbeiten könnten, ja sogar an jedem beliebigen Ort und ohne Geräte, nur mit den Modulen in ihrem Kopf. Dabei gibt es sogar Module, die dafür sorgen können, daß einem das Spaß macht. Und obwohl es mir schwerfällt, es einzugestehen: Der Anblick dieser regenschirmbewaffneten Infokraten, die von der eigenen Wichtigkeit überzeugt vorbeihasten, hat etwas Tröstliches, Beruhigendes an sich. Die Menschheit, scheint es, läßt sich so leicht nicht unterkriegen. Plötzlich wird es düster, und aufblickend sehe ich zwei wirbelnde Wolkentürme über der Straßenschlucht, die quer über den Himmel einander nachjagen. Sekunden später schon bin ich völlig naß.
    Der Technologiepark von Neu-Hongkong liegt zwanzig Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Ich steige die Treppe der U-Bahnstation hinauf und finde mich in einer menschenleeren Einöde wieder. Langgestreckte Betonklötze liegen inmitten weiter Rasenflächen von so perfektem und regelmäßigem Schnitt, daß man nicht weiß, ob sie echt oder nur Illusion sind. Nach den lichtlosen Schluchten der City, nach all der Enge muß einem das hier wie eine Verschwendung von skandalösem Ausmaß erscheinen. Viele der Laboratorien und Fabriken sind fünfzehn oder zwanzig Stockwerke hoch, doch hat man so viel Platz für Straßen und Rasenflächen gelassen, daß die Silhouetten nicht erdrückend wirken. Jede Menge blauer Himmel ist zu sehen, nachdem das Unwetter so schnell verschwunden ist, wie es gekommen war.
    Ich bleibe stehen und schüttele Culex aus dem Karton auf meine Hand. Schon haben sich vier ihrer Beinchen fest an meine Haut geklammert. Ich halte die Hand vor die Augen; eben noch lassen sich die winzigen Pünktchen der zwölf Daten-Chamäleons an den Thoraxseiten ausmachen. Ich schließe die Faust – vorsichtig, nicht zu fest –, bevor ich weitergehe. Man muß sich schon etwas anstrengen, wenn man mit so zerbrechlicher Ausrüstung im Wert von zwanzigtausend Dollar in der Hand scheinbar lässig dahinschlendern will.
    Was man nördlich der U-Bahnstation vorfindet, ist ein Labyrinth, die Folge einer ungehemmten Ausbreitung mehrerer kleinerer, älterer Technologieparks. Und waren sie innerhalb ihrer Grenzen durchaus vernünftig angelegt, so sollte wohl jeder Entwurf sich über seine Grenzen hinaus gegenüber den anderen behaupten, ungeachtet aller Konflikte. BDI lag am Ende einer Sackgasse, was leider die Möglichkeit ausschloß, wie zufällig am Haupteingang vorbeizuspazieren. Aber da das wirre Straßennetz sich alle paar Meter verzweigt, sollte ich schon weit genug an die Rückseite des Gebäudes herankommen können, ohne daß das Ziel meines Spaziergangs zwangsläufig klarwerden mußte.
    Es ist sehr still in dieser Gegend, man kann sogar die Vögel singen hören. Ein Radfahrer kommt vorbei und wundert sich, er schaut tatsächlich ein zweites Mal herüber. Verständlich, weil ich doch der einzige Fußgänger weit und breit bin. Er hat es geschafft, daß ich mich wie ein Übeltäter fühle, obwohl ich bislang noch nichts Verbotenes getan habe. Aber offensichtlich hält sich auf diesen Straßen, obwohl sie öffentlich sind, niemand auf, der nicht in einem der umliegenden Gebäude zu tun hat. Für den unwahrscheinlichen Fall, daß jemand mir behilflich sein möchte, werde ich wohl nach Kräften den verirrten Touristentrottel spielen müssen.
    Schließlich kommt etwas in Sicht, was nach BDI aussieht. Eine weißliche Beton-Schuhschachtel ragt hundert Meter voraus in der Lücke zwischen Transgenic Eco-Control und Industrial Morphogenesis Ltd. auf. Von hier aus kann ich keinerlei Firmenzeichen oder ähnliches sehen, doch genügt ein Blick auf den Stadtplan in meinem Kopf. Kein Zweifel, das ist mein Ziel.
    Ich ertappe mich bei dem Gedanken, daß die Fassade irgendwie nicht zu den Kindern paßt…, und muß laut lachen. Daß ich es mir immer wieder bestätigen muß! Ganz sicher haben sie nichts

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