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Quarantäne

Quarantäne

Titel: Quarantäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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damit zu tun, dafür muß ich nicht ständig neue Indizien suchen. Wenn ich hier ein Risiko eingehe, dann das, daß sich womöglich bald herausgestellt hat, daß auch BDI nichts mit der Entführung zu tun hat.
    Ich übermittle das Bild, wie es sich meinen Augen bietet, dem Bildspeicher des Culex- Programms und markiere das Gebäude deutlich. Dann übertrage ich die Information auf das Insekt. Ich hebe die Hand, öffne die Faust. Sofort steigt die Stechmücke auf, kreist ein paarmal über meinem Kopf und fliegt davon.
     
    Den größten Teil des Tages verbringe ich mit dem Sichten aller Informationen, die man auf legalem Weg über Wei Pai-ling, den Eigentümer von BDI, bekommen kann. Ich blättere pflichtbewußt in fünfundzwanzig Jahrgängen der Bildschirmzeitung – er bringt es im Durchschnitt auf sechs Artikel im Jahr –, aber ich finde nichts Bemerkenswertes. Der einzige Artikel, der sich nicht ausschließlich mit seinen Geschäften befaßt, ist ein Bericht über die Eröffnung einer neuen Abteilung des Naturwissenschaftlichen Museums von Neu-Hongkong; Wei war Vorsitzender der Kommission, die die Spendengelder besorgte, weshalb man nicht umhin konnte, auch einige Platitüden aus seiner Rede zu zitieren: >Die Zukunft unserer Kinder hängt davon ab, ob wir ihren Intellekt, ihre Phantasie von frühester Jugend an anregen können…<
    Es fällt mir auf, daß Wei offenbar an keinem Unternehmen beteiligt ist, das alt genug wäre, um für Lauras Behinderung verantwortlich zu sein. Er selbst ist Anfang Fünfzig, und er scheint es immer vorgezogen zu haben, neue Unternehmen zu gründen anstatt bestehende zu übernehmen. Natürlich sagt das noch nichts über die Kunden von BDI.
    Als es später Nachmittag geworden ist, weiß ich nichts Vernünftiges mehr, mit dem ich mich ablenken könnte. Meine irrationalen Befürchtungen wegen der Kinder schleichen sich immer wieder ins Bewußtsein ein. Ich weiß sehr gut, wie ich sie endgültig verbannen kann, aber auf diese Art mag ich es nicht. Noch nicht.
    Ich schalte den Fernseher ein, dort läuft Werbung. Ich wechsle von Kanal zu Kanal, obwohl das vergebliche Mühe ist. Für die Simultanwerbung braucht es nicht einmal Absprachen zwischen konkurrierenden Sendern (was für ein Gedanke!), es genügt, daß die Fernsehstationen auf die Hundertstelsekunde genau den Werbespot einblenden, wann immer der Auftraggeber es wünscht. Eine Praxis, die sich bei allen Sendern durchgesetzt hat. Aber die Echtzeit muß ja nicht mein Leben bestimmen, ich könnte mich meinem Innenleben widmen und einiges an Daten aufarbeiten. Aber wozu die Mühe, wenn es nur darum geht, die Zeit totzuschlagen.
    Ein junger Bursche tönt: >…noch immer auf der Suche nach dem Sinn des Lebens? Axon hat die Antwort für Sie! Jetzt können Sie sich jeden Lebensinhalt kaufen, den Sie sich wünschen: Familienleben… eine glänzende Karriere… Reichtum… sexuelle Erfüllung… künstlerisches Talent… der Weg zur Erleuchtung…< Bei jedem Stichwort zaubert er einen Würfel aus seiner Hand, in dem wie in einer Puppenstube die passenden Szenen präsentiert werden. Er wirft einen Würfel in die Luft, um Platz für den nächsten zu schaffen, bis er am Ende mit allen sechsen jongliert – mühelos, versteht sich. >Seit mehr als zwanzig Jahren hilft Ihnen nun Axon, Ihre Ziele zu erreichen – jetzt können wir Ihnen helfen, ein Ziel zu finden!!<
    Ich bekomme noch die zweite Hälfte eines völlig unverständlichen surrealistischen Thrillers mit, dann schalte ich den Fernseher aus und beginne, im Zimmer auf- und abzugehen. Ich werde zunehmend nervöser. Mein Rendezvous mit Culex wird noch vier Stunden auf sich warten lassen. Soll ich ganze vier Stunden nervöser Anspannung und Langeweile auf mich nehmen? Bin ich Masochist genug, mir auf diese Weise zu beweisen, daß ich ein echter Mensch mit echten Gefühlen bin? Zum Teufel damit, das Vergnügen hatte ich schon heute morgen, und beinahe wäre ich davongelaufen wie irgendeine Memme.
    Ich aktiviere E3.
    Es gibt Tage, da spürt man die unterschwellige Botschaft deutlicher als sonst. Das Einsatzmodul macht dich zu dem Menschen, der du immer sein wolltest…du denkst schneller… besser… effektiver… nichts lenkt dich ab. Und das alles stimmt sogar, aber gerade weil E3 das analytische Denken spürbar erleichtert, weiß man um so besser (welche Ironie!), daß diese Einflüsterungen eine Nebenfunktion des Moduls sind. Jedes Neuromodul, das in die Persönlichkeitsstruktur eingreift,

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