Quarantäne
und der infrarotempfindlichen Zellen meiner und seiner Haut seine Identität zu überprüfen, während das entsprechende Modul unter seiner Schädeldecke die von mir übermittelten Daten nicht weniger kritisch unter die Lupe nimmt.
»Schön, dich zu sehen«, flüstert er. »Fünf Minuten länger diesen Quatsch, und ich hätte angefangen, am Teppichboden zu nagen.«
»Ab… ab… ab… auf… auf… ab… ab… auf… auf… ab.«
»Wieso das? Du hast doch Sentinel, oder?«
»Sicher. Aber das hilft nicht.« Verwundert sehe ich ihn an. Er scheint es mir erklären zu wollen, doch überlegt er es sich anders und schüttelt mitleidig den Kopf. »Du wirst schon sehen.«
»Auf… ab… ab… auf… auf… auf… ab… ab… auf… auf.«
»Du weißt, was sie da drinnen macht?«
»Nein.«
»Sie sitzt im Dunklen, starrt auf einen fluoreszierenden Schirm und gibt die Richtung an, in die Silberionen in einem Magnetfeld abgelenkt werden.«
Ich weiß dazu nichts Schlaues zu sagen, also begnüge ich mich mit einem Nicken.
»Wir sehen uns in zwölf Stunden.«
»Klar.«
Ich baue mich neben der Tür auf, doch versuche ich, so gut es geht, den Monitor im Auge zu behalten, den die drei Wissenschaftler so interessant finden. Die Histogramme ändern sich – mal dieser, mal jener Balken –, doch auf lange Sicht scheint alles beim alten zu bleiben. Die Fluktuationen gleichen sich aus. Wie raffiniert auch immer der statistische Test ist, dessen graphische Darstellung ich da sehe, er scheint zu bestätigen, daß die Silberionen von ihrem zufälligen Verhalten nicht abzuweichen gedenken.
Wenn ich mit meiner Telekinese-Theorie recht habe, dann versucht Ghung Po-kwai jetzt wohl, dieses Zufallsmuster zu beeinflussen. Sie möchte die Silberionen alle in dieselbe Richtung dirigieren und so den Gebrauch des neuen Moduls lernen. Das scheint vernünftig, es erst einmal mit den kleinstmöglichen Teilchen zu versuchen. Doch verstehe ich nicht, daß sie das Ergebnis jedesmal laut verkündet. Die Computer zeichnen doch das ganze Experiment auf, warum belästigt man da die Versuchsperson mit den ewigen Aufs und Abs?
Die hin und her zuckenden Histogramme wirken hypnotisierend auf mich, doch bin ich nicht hier, um meine Neugier zu befriedigen, so interessant das Zuschauen auch ist. Ich wende mich ab – und stelle fest, daß die Worte allein mich nicht weniger in ihren Bann ziehen.
»Ab… ab… auf… auf… auf… ab… ab… auf… auf… auf… auf… ab… auf … ab… ab… auf… ab… auf… auf… auf.«
Man kommt nicht davon los. Man beginnt, nach einem Muster zu suchen, so unbeständig es auch sein mag… War da nicht eben ein bestimmter Rhythmus?… Und je rascher sich die Andeutung eines Musters wieder verflüchtigt hat, um so mehr strengt man sich an, die verborgene Gesetzmäßigkeit endlich zu entschlüsseln.
»Auf… ab… auf… auf… ab… ab… auf… ab… auf… auf … ab… ab… auf… auf… auf … ab… auf… ab… auf… ab.«
Eigentlich hätte ich bei aktiviertem Einsatzmodul keine Schwierigkeiten haben dürfen, einen Störfaktor dieser Art zu neutralisieren. Ich kann es kaum glauben – es geht nicht. Lee hat recht, und E3 ist hier genauso überfordert wie Sentinel. Man kommt einfach nicht los davon.
»Auf… ab… auf… ab… ab… ab… ab… auf… ab… ab… ab… auf … ab… auf… auf… auf… auf… ab… ab… ab.«
Und das Schlimmste ist, daß ich, ohne es zu wollen, vor jeder neuen Durchsage erraten will, was kommen wird. Nein, schlimmer noch: Ich versuche allen Ernstes, die Richtung zu beeinflussen – die Ordnung, die es nicht gibt, zu erzwingen! Wenn ich diese unsinnige Litanei schon nicht zum Verstummen bringen kann, dann wäre die zweitbeste Lösung doch, ihr einen Sinn zugeben.
Und ich glaube sogar, daß Chung Po-kwai genauso denkt.
Jede Sitzung dauert fünfzehn Minuten, dazwischen macht man zehn Minuten Pause. Miss Chung kommt dann aus dem Versuchsraum – eine rundherum abgedichtete Sonnenbrille auf der Nase, um die Dunkeladaption nicht ganz zu verlieren – und nippt an einer Tasse Tee, dehnt und streckt sich und trommelt mit den Fingerspitzen nervös auf das erstbeste Blechgehäuse, das sich bietet. Beim ersten Mal spricht sie mit mir, nur ganz kurz, denn sie muß ihre Stimme schonen. Die emsigen Wissenschaftler ignorieren uns beide; sie studieren die aufgezeichneten Daten und machen immer neue statistische Berechnungen, die weit über meinen Horizont gehen.
Jedesmal,
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