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Quarantäne

Quarantäne

Titel: Quarantäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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unseren Anteil bei – aber woher wissen wir, daß denen da oben die INITIATIVE ebenso am Herzen liegt? Das ist die Frage, die Sie sich stellen müssen: Verdienen sie das Vertrauen, dienen sie der INITIATIVE auf die gleiche selbstlose Weise, die Ihnen und mir zur zweiten Natur geworden ist… oder verfolgen sie ganz andere, egoistische Ziele? Wie können wir sicher sein?«
    Ich schüttle den Kopf. »Sie gehören zur INITIATIVE. Unsere Loyalität gehört deshalb ihnen…«
    »Sie sind ein Teil der INITIATIVE, das ist wahr. Aber unsere Loyalität gehört der INITIATIVE als Ganzes!«
    Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Damit hat er sicher recht – sicher bezieht sich das Modul auf die INITIATIVE an sich und nicht auf irgendeine einzelne Person. Aber wozu einen Unterschied machen? Hat das irgendeinen Sinn?
    Ich rutsche auf meinem Stuhl hin und her, ich bin unsicher geworden. Lui beugt sich zu mir, das ernste, junge Gesicht glüht. Er muß mich um jeden Preis zu seiner Idee bekehren. Unsere Loyalität gehört dem Ganzen. Ich frage mich, ob er etwa ein ganzes philosophisches System um das Loyalitätsmodul konstruiert hat – ein Gedanke, der mir ganz und gar nicht behagt. Es wäre nicht das erste Mal, daß ein Geisteskranker sein Problem auf diese Weise zu lösen versucht – aber sicher das erste Mal, daß ich mit einem Geisteskranken den Krankheitsherd gemeinsam habe, bis ins letzte Neuron des verdammten Moduls. Ein tröstlicher Gedanke.
    Ich sage ganz ruhig und sachlich: »Jeder von uns muß Befehle von höherer Stelle entgegennehmen. Wir müssen unterstellen, daß das seine Richtigkeit hat. Wie sonst könnte es funktionieren? Ich weiß nicht einmal, wie die Unternehmensleitung organisiert ist – von der INITIATIVE insgesamt ganz zu schweigen. Und wenn es anders wäre, was sollte ich Ihrer Meinung nach tun? Darauf bestehen, daß jede meiner Anweisungen von ganz oben kommt? Das wäre absurd. Das würde Stillstand bedeuten, kein Rädchen würde sich mehr drehen.«
    Lui schüttelt den Kopf. »Nichts dergleichen habe ich gesagt. Anweisungen von >ganz obenganz oben<. Wei Pai-ling zum Beispiel, gehört BDI, natürlich…« Ich runzle die Stirn und gebe vor, noch nie von einem solchen Mann oder diesem B-D-I gehört zu haben, doch Lui sagt etwas ungehalten: »Ich weiß genau, wie Sie zu uns gekommen sind, sparen wir uns das also… Wei gehört BDI, aber glauben Sie nicht, daß er deshalb das Sagen hat. Zweifellos hat er einen gewissen Einfluß auf die übrigen Partner hier in Neu-Hongkong, aber mehr auch nicht. Haben Sie etwa angenommen, daß BDI Laura Andrews selbst aufgestöbert hat?«
    »Ich dachte…«
    »Es war eine Hackerorganisation in Seoul, die sie >gefunden< hat, als man sich durch einen Berg gestohlener Daten über Sicherheitsmängel in verschiedenen Einrichtungen von IS wühlte. Das war im Auftrag eines anderen Kunden, aber sie hatten eine Suchmeldung der INITIATIVE nicht vergessen, in der gutes Geld für gute Daten geboten wurde, die einem ganz bestimmten Muster entsprachen. So gaben sie die Information weiter.«
    »Muster? Was denn für Muster?«
    »Ich habe es bis heute nicht herausfinden können.«
    »Unaufgeklärte Ausbrüche etwa? Ich dachte, daß die INITIATIVE sich formiert hat, nachdem BDI über Laura gestolpert war… aber Sie sagen, daß es sie schon vorher gab – und daß man ganz bewußt nach jemandem wie sie suchte?«
    »Ja.«
    »Aber wie hatten sie vermuten können…«
    »Ich weiß es nicht – aber das gehört nicht hierher. Die Frage ist doch, wem Sie sich verpflichtet fühlen wollen! Die Gruppe um Wei ist insgesamt in der Minderheit, er mußte sogar hart kämpfen, damit man BDI die Untersuchung von Laura Andrews Gehirn überließ – obwohl von allen in Frage kommenden Labors seines am nächsten lag. Aber letztlich lag es nur an den freizügigen Bestimmungen hier, daß man ihm den Zuschlag gab. In den meisten anderen Ländern werden Techniken dieser Art von den Behörden viel stärker überwacht. Wäre ein bestimmtes Gesetz vom argentinischen Parlament nicht verabschiedet worden, nun ja… dann wären Sie und ich wohl nie >engagiert< worden.«
    Ich schüttle den Kopf. »Und was erwarten Sie jetzt von mir? Ich habe nie angenommen, daß Wei der Kopf der INITIATIVE ist. Es handelt sich doch um eine Allianz, ein Zweckbündnis verschiedener Parteien – was soll ich mir darüber den Kopf zerbrechen? Sie mögen nicht immer einer Meinung sein, aber sie können

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