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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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Unterbringung von Geschlechtsteilen geben, wenngleich bislang nicht einmal nachgewiesen war, dass das Subjekt oder seinesgleichen überhaupt so etwas wie Genitalien besaß.
    Sein Brustkorb weitete sich zur Form einer sehr dicken Scheibe, an der die Arme befestigt waren. Die Arbeitsarme waren schlank, gelenkig und an den Enden ausgestattet mit Vorrichtungen, die einer menschlichen Hand durchaus ähnelten – drei Finger und ein opponierbares Glied, quasi der Daumen –, wenngleich die Gelenke völlig verkehrt waren. Die stämmigen, zum Greifen der Nahrung dienenden Arme – sie reichten grade mal von den Schultern bis zum Mund – waren da schon sonderbarer, ließen sich ebenso als nach außen verlagerte Kieferzangen wie als zusätzliches Gliedmaßenpaar interpretieren. Anstelle von Händen besaßen diese sekundären Arme knochige, besteckartige Gebilde zum Schneiden und Zermahlen von pflanzlichen Materialien.
    Subjekts Kopf war eine bewegliche Kuppel mit einem Flechtwerk aus losem Fleisch an der Stelle, wo die menschliche Anatomie einen Hals aufwies. Sein Mund war ein vertikaler rosafarbener Schlitz, hinter dem sich eine lange, raue, wohl auch zum Greifen geeignete Zunge verbarg. Die Augen, von blauviolettem Knorpel eingefasst, standen fast so weit auseinander wie bei einem Vogel, waren übrigens nicht rein weiß, wie Marguerite nun bemerkte, sondern eher gelblich, wie sehr alte Klaviertasten. Eine innere Struktur des Auges war nicht zu erkennen, keine Pupille, keine Hornhaut; es mochte sich bei diesen Augen um gänzlich unorganisierte Bündel von lichtempfindlichen Zellen handeln, oder aber ihre Struktur verbarg sich unter einer partiell undurchsichtigen Oberfläche, einem dauerhaft geschlossenen Augenlid vergleichbar.
    Welchem Zweck der orangefarbene Hahnenkamm auf seinem Kopf diente, hatte bislang niemand bestimmen können. Auf der Erde waren derartige Merkmale in der Regel Lockmittel beim Paarungsverhalten, aber da sämtliche Individuen in Subjekts Volk einen Kamm besaßen, war es kaum sinnvoll, diesem eine geschlechtliche Funktion zuzuordnen.
    Das auffälligste – oder am auffälligsten sonderbare – Merkmal am Körper des Subjekts war die senkrechte Aushöhlung, die mitten über seinen Brustkorb verlief. Sie wurde gemeinhin als Atmungsöffnung interpretiert. Sie war so lang wie Marguerites Unterarm und öffnete und schloss sich in regelmäßigen Abständen wie ein nach Luft schnappender, lippenloser Mund. (In einem seiner niveauloseren Momente hatte Ray behauptet, sie sehe aus wie »eine von Krankheit zerfressene Vagina«.) Wenn sie sich öffnete, konnte Marguerite dahinter poröses, bienenwabenähnliches Gewebe erkennen, gelblich und feucht. Feine silbergraue Flimmerhaare bildeten eine fransenartige Umrandung.
    Ich bin vollkommen sicher, dachte sie, aber wenn sie ganz ehrlich war, hatte sie Angst vor dem Subjekt, Angst vor seiner offensichtlichen Massigkeit und der dieser innewohnenden animalischen Stärke. Angst sogar vor seinem leicht organischen Geruch, der süßlich intensiv und sehr unangenehm war, wie der Geruch einer Zitronenschale, die schon grün vom Schimmel ist.
    Nun denn, dachte Marguerite, was jetzt? Tun wir so, als sei dies eine reale Begegnung? Sprechen wir?
    Konnte sie sprechen? Die Furcht hatte ihr den Mund ausgetrocknet, ihre Zunge fühlte sich an wie ein Wattebausch.
    »Ich heiße Marguerite«, flüsterte sie. »Ich weiß, dass du mich nicht verstehst.«
    Vielleicht verstand es nicht einmal das Konzept von gesprochener Sprache. Für einen langen Augenblick stand sie da und starrte ihn an. Sein Schweigen sprach möglicherweise Bände. Vielleicht sprach er eine Sprache der Bewegungslosigkeit.
    Aber es war nicht vollkommen bewegungslos. Sein Atmungsschlitz weitete sich und entließ ein fast unhörbares keuchendes Geräusch. Konnte das Sprache sein? Es klang mehr nach Atembeschwerden.
    Wie gottverdammt lachhaft, dachte Marguerite, hierzusein – wo immer das war – und aus welchem Grund auch immer –, nur um wiederum mit der Unmöglichkeit jeglicher Kommunikation konfrontiert zu sein. Ich kann nicht einmal erkennen, ob es spricht oder ob es stirbt.
    Das Subjekt beendete seinen Diskurs, falls es denn einer war, indem es einen Schwall nach saurer Milch riechenden Atem ausstieß.
    Davon abgesehen, hatte es sich noch immer nicht bewegt.
    Falls dies eine Gelegenheit war, dachte Marguerite, und nicht lediglich eine Halluzination, dann war sie vertan und verschwendet. Ihre Furcht mischte sich mit

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