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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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Augen zu schließen und ein bisschen verlorenen Schlaf nachzuholen, nachdem er sich ab Mitternacht mit alten Downloads wachgehalten hatte, um schließlich Punkt 3:30 Uhr zu seiner sinnlosen Expedition aufzubrechen. Aber wenn man ihm beim Schlafen erwischte, würde er für den Rest seines Lebens auf Frühpatrouille gehen. Außerdem hatte sein Körper den Frühstückskaffee inzwischen so weit verarbeitet, dass er den dringenden Wunsch verspürte, seinen Namen in den Schnee zu pissen.
    Gerade kletterte er aus dem Fahrzeug in den eisigen Morgen, da lösten die tief hängenden Wolken sich auf, und er sah etwas jenseits des Tores, das sich bewegte. Da draußen im Niemandsland, da war etwas. Etwas Großes. Er vermutete zunächst, dass es sich um eines der selbstlenkenden Lieferfahrzeuge handelte, das weitere Vorräte brachte, aber als der Wind sich erneut drehte, konnte er noch mehr dieser undeutlichen Umrisse erkennen. Gewaltige Apparate, gleich hinter dem Zaun.
    Er stakste ein paar Meter durch den Schnee – nur um etwas genauer sehen zu können, wie er sich sagte. Er hatte sich dem Haupttor so weit genähert, wie es ihm angeraten schien, als dieses ohne Vorwarnung aufzugehen begann. Wieder beruhigte der Wind sich zwischenzeitlich, und es entstand ein Moment fast übernatürlicher Stille, und da erkannte er in den Fahrzeugen dort draußen Powell-Panzer und gepanzerte Mannschaftswagen. Dutzende, die vor dem Tor Aufstellung genommen hatten.
    Er drehte sich um und machte ein paar unbeholfene Schritte zurück zu seinem Honda, doch bevor er ihn erreichen konnte, war er schon von einem halben Dutzend Soldaten in tarnweißen Schutzanzügen und Aerosolmasken umringt. Soldaten, die Spezialsichtbrillen und Schallimpulsgewehre trugen.
    Herb Dunn hatte gedient. Er wusste, wie es läuft.
    Er hob die Hände und versuchte möglichst harmlos auszusehen.
    »Ich arbeite hier nur«, sagte er.

 
Einunddreißig
     
     
    Von einer Verwirrung ergriffen, die ihr Entsetzen noch überstieg, zwang sich Marguerite, sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Sie ignorierte den sandigen Boden unter ihren Händen und Knien, ignorierte die Empfindung, sich in trockener Hitze zu befinden, schloss vor allem die Augen und ignorierte die Anwesenheit des Subjekts. Atme richtig ein, sagte sie sich. Atmen war wichtig. Atmen war wichtig, weil … weil …
    Weil, wenn sie sich wirklich auf UMa47/E befände, dann könnte sie gar nicht atmen.
    Die Atmosphäre von UMa47/E war weniger sauerstoffhaltig als die der Erde und der Luftdruck viel zu niedrig. Vom Druckunterschied würden ihre Trommelfelle platzen, wäre sie von Blind Lake hierhergereist. Aber es war Furcht, nicht Sauerstoffmangel, was sie nach Luft schnappen ließ, und ihre Ohren fühlten sich ganz normal an.
    Und deshalb, dachte sie – immer noch auf Knien, die Augen fest geschlossen –, deshalb, deshalb, bin ich in Wirklichkeit gar nicht hier. Deshalb bin ich nicht unmittelbar in Gefahr.
    (Wenn ich aber nicht hier bin, warum fühle ich dann den Sand unter meinen Fingerspitzen, warum spüre ich die Brise auf meiner Haut?)
    In dem Sommer, als Marguerite elf wurde, hatte sie mit ihren Eltern Ferien in Alaska gemacht. Zu Marguerites großer Bestürzung hatte ihr Vater für die ganze Familie einen Flug in einer winzigen einmotorigen Maschine über den Nationalpark Glacier Bay gebucht. Das Flugzeug war in den Winden über dem Gebirge geschaukelt und gehüpft, und Marguerite hatte solche Angst gehabt, dass ihr schlecht wurde und sie nicht einmal daran denken konnte, aus dem Fenster zu blicken.
    Dann hatte ihr Vater einen Arm um sie gelegt und ihr in feierlichstem Amtston zugesprochen: »Alles in Ordnung, Margie. Du bist vollkommen sicher.« Öl auf die Wogen. Es hatte sie beruhigt. Jetzt fielen ihr diese Worte wieder ein.
    Du bist vollkommen sicher.
    (Aber das stimmt nicht. Ich bin hilflos, ich weiß nicht, wo ich bin, ich weiß nicht, was hier passiert, und ich weiß nicht, wie ich wieder nach Hause komme …)
    Vollkommen sicher. Die vollkommene Lüge.
    Sie öffnete die Augen und zwang sich aufzustehen.
     
    Das Subjekt stand reglos da, etwa zwei Meter von ihr entfernt. Marguerite wusste aus Erfahrung, dass es, wenn es sich nicht bewegte, vermutlich eine ganze Weile in diesem Zustand verharren würde. (Chris’ Kommentar fiel ihr ein – kein großer Partyplanet – und sie musste einen ganz unpassenden Drang zu kichern unterdrücken.) Diese undurchdringlichen weißen Augen starrten sie an, oder jedenfalls

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